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Klimaschutzministerin Leonore Gewessler

Die Würfel sind gefallen – Einwegpfand fix

Jetzt ist es fix, das Abfallwirtschaftsgesetz hat den Ministerrat passiert. Damit wird es künftig auch Einwegpfand auf Plastikflaschen und Getränkedosen sowie ein verbindliches Mehrwegangebot in Supermärkten geben.

Lange wurde diskutiert und lange gingen die Wogen in der Branche hoch. Nach Schulterschlüssen gegen das Einwegpfand und nachfolgenden Schulterschlüssen dafür – ist das neue Abfallwirtschaftsgesetz nun beschlossene Sache – am Pfand auf Einwegflaschen und Getränkedosen führt kein Weg mehr vorbei. Gültigkeit erlangt dieses ab 2025. „Am 1.1.2025 kommt in Österreich das Einwegpfand auf Plastikflaschen und Getränkedosen. Denn ich will verhindern, dass dieser Müll achtlos weggeworfen wird. Dafür braucht’s das Pfand – das bekommt man dann zurück, wenn man auch die Verpackung wieder zurückbringt. Dann können wir besser recyceln und dafür sorgen, dass aus einer Flasche wieder eine Flasche und aus einer Dose wieder eine Dose wird,“ sagt Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

Einwegpfand und Mehrwegquote

Im Sinne einer Gesamtlösung gegen die Plastikflut kehrt weiters schrittweise ab 2024 das verbindliche Mehrwegangebot zurück und zwar in allen Filialen des Lebensmittelhandels, die größer als 400 Quadratmeter sind. Schrittweise deshalb, um die Einführung gut vorzubereiten, wie es aus dem Klimaschutzministerium heißt. Ab dem Jahr 2024 muss damit zumindest in jeder dritten Filiale eines Unternehmens ein Mehrwegangebot bei Bier, Säften, Mineralwasser und Milch erhältlich sein, ab 2025 in 90 Prozent. Und mit Ende des Jahres gilt die Mehrwegquote flächendeckend.

Die Details zum Thema will Gewessler nach dem erfolgten Nationalratsbeschluss gemeinsam mit Vertretern der Wirtschaft erarbeiten. Dabei geht es dann unter anderem auch um die konkrete Höhe des Pfands.

Pfandlösungen: Gemischte Gefühle bei Handelsvertretern

In der Branche stößt die Entscheidung auf gemischte Gefühle, wenngleich sich alle Player dazu bekennen, einen Beitrag zu umweltpolitischen Maßnahmen und zur Erfüllung der EU-weiten Sammel- und Recyclingziele leisten zu wollen.

Aus dem Handelsverband heißt es, dass man die Entscheidung der Bundesregierung zur Kenntnis nehme und alles daran setze, die neuen Vorgaben bestmöglich zu realisieren. Geschäftsführer Rainer Will fordert aber Investitionsentschädigungen. „Nun ist entscheidend, dass alle Lebensmittelhändler ausreichende Entschädigungen für die erforderlichen Investitionen erhalten und Planungssicherheit besteht.“ Insbesondere die mehr als 6.700 selbstständigen Kaufleute seien durch die mit der Umsetzung einhergehenden finanziellen Mehrbelastung gefährdet.

Appell an Gewessler: Schutz der Nahversorger gewährleisten

Den Schutz der Nahversorger fordert auch die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). In einer ersten Stellungnahme betont Christian Prauchner, Obmann des Lebensmittelhandels in der WKÖ: „Um die Vielfalt der Nahversorgung in Österreich zu schützen, muss gesetzlich garantiert werden, dass insbesondere kleinere Nahversorger, die Einweggebinde zurücknehmen, für sämtliche erforderlichen Investitionen, beispielsweise in Rücknahmeautomaten und bauliche Maßnahmen, sowie für den dauerhaften Mehraufwand für die Pfandabwicklung kostenneutral entschädigt werden.“

Für ihn, ebenso wie für Nah&Frisch-Geschäftsführer Hannes Wuchterl, ist die Ausnahme kleinerer Händler mit Verkaufsflächen unter 400 Quadratmetern von der Rücknahmepflicht nicht der Weisheit letzter Schluss (retailreport.at hat berichtet). Er meldete sich dazu kürzlich wie folgt zu Wort: „Kunden werden dort einkaufen, wo sie ihre Plastikflaschen zurückgeben können. Damit wandern weitere Einkäufe von den kleinen Nahversorgern zu den großen Ketten. Das Veröden der Dorfkerne wird in Kauf genommen.“

Das gelte es laut Prauchner unbedingt zu vermeiden, der zudem die Schaffung von Rückgabemöglichkeiten außerhalb des Lebensmittelhandels fordert.

Kastner spricht von Öko-Schmäh, NGO’s äußern sich kritisch

Noch bevor die Entscheidung für ein Einwegpfand gefallen ist, meldete sich auch Christof Kastner, geschäftsführender Gesellschafter des gleichnamigen Großhändlers zu Wort. Er bezeichnete diese Maßnahme als „Öko-Schmäh“, weil damit die Plastikflasche „für Jahrezehnte im System einzementiert sei“. Zielführender wäre seiner Ansicht nach das Forcieren eines Komplettausstiegs aus Plastik, so Kastner in einer Aussendung.

Durchwachsen fällt auch die Bilanz von NGO’s aus. Greenpeace und Global 2000 sehen den Beschluss zwar grundsätzlich positiv, sprechen aber von einer Kompromisslösung, die nicht nur zahlreiche Mängel enthalte (z.B. die Ausnahme alkoholfreier Getränke bis 0,5 l aus der Mehrwegquote), sondern auch deutlich zu spät komme. „Dass das Gesetz erst 2025 greift, ist eine vergebene Chance für die Umwelt. Jetzt müssen die Händler zeigen, dass sie es mit der viel beworbenen Verpackungsreduktion ernst meinen und nicht nur Greenwashing betreiben”, sagt Greenpeace-Konsumexpertin Lisa Panhuber

ÖPG Pfandgesellschaft sieht Revolution in der Kreislaufwirtschaft

Lob hingegen gibt es seitens der ÖPG Pfandgesellschaft, die den Beschluss im Ministerrat als Meilenstein in der österreichischen Umweltpolitik bezeichnet. „Was auf den ersten Blick als notwendige systemische Lösung für Getränkeverpackungen aussieht, ist in Wahrheit eine Revolution in der österreichischen Kreislaufwirtschaft. Ein Einweg-Pfandsystem ist zugleich der Startschuss für ein modernes Recyclingkonzept für alle Verpackungen in Österreich – nur so können wir die EU-Kreislaufwirtschaftsziele konsequent erreichen und den ökologischen Ansprüchen einer modernen europäischen Gesellschaft gerecht werden“, betont ÖPG-Geschäftsführer Christian Abl.

Derzeit würden in Österreich nur rund 70 Prozent aller Einweg-Getränkeverpackungen gesammelt. In den europäischen Ländern mit einem Einweg-Pfandsystem betrage die Sammelquote hingegen durchschnittlich 91 Prozent.

Um diese auch hierzulande zu steigern, fordert Abl, das Einwegpfand-Modell nicht nur auf Automaten im Handel zu beschränken, sondern auch andere öffentliche Räume sowie Veranstaltungen miteinzubeziehen. Außerdem müsse man die Möglichkeiten der Digitalisierung stärker berücksichtigen.

ARA für mehr Rückgabemöglichkeiten und digitale Modelle

Das sieht man auch bei der ARA so, wie Vorstand Harald Hauke erklärt: „Österreich hat die Chance, seine Vorreiterrolle in der Kreislaufwirtschaft erneut unter Beweis zu stellen. Die Möglichkeiten zur Rückgabe von Getränkeverpackungen sollen deshalb nicht im Handel enden. Ein zukunftsfähiges System muss weiterdenken und den Wandel unseres Lebensstils berücksichtigen, der durch Convenience und Digitalisierung geprägt ist.“ Er spricht damit das mit Saubermacher umgesetzte digitale Anreizsystem digi-Cycle an, mit dem die Nutzer bei richtigem Recycling Prämien kassieren können. Die App erfülle auch sämtliche Anforderungen von Herstellern und Handel an ein Einwegpfand und nutze dafür die bestehende bequeme Sammelinfrastruktur. Das wiederum komme kleineren Händlern zugute, die aus vorhin genannten Gründen keine Möglichkeit hätten, ein Rücknahmesystem zu implementieren.

Für Hauke darf das Engagement in Sachen Plastikeinsparung allerdings nicht bei den Getränkeverpackungen enden. Mit dem alleinigen Fokus auf diese würde die Recyclingquote nur um 8.000 bis 10.000 Tonnen steigen. Wenn man bedenkt, dass von den rund 300.000 Kunststoffverpackungen jährlich nur etwa 75.000 Tonnen recycelt werden, der Wert aber in vier Jahren auf 150.000 Tonnen klettern soll, dann zeige sich klar, dass alle Kunststoffverpackungen mitgedacht werden müssen.

Bericht: Michaela Schellner

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geschrieben am

14.10.2021