Letzter Ausweg: Mehrweg?
In Leonore Gewesslers Ministerium ist nicht nur Klimaschutz und Umwelt angesiedelt, sondern auch Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Das lässt oftmals vermuten, dass sie genau weiß, wie technisch herausfordernd es ist, eine gesamte Branche auf „plastikfrei“ umzustellen. Denn ginge es rein um Umweltgedanken, so hätten wir in Österreich schon längst ein Pfand auf Einwegplastikflaschen. Doch wir haben: eine gute Lobby für Handel und Industrie und auch eine – wenn nicht immer sichtbare - gute Gesprächsbasis zwischen Wirtschaft und Politik.
Besonders betroffen vom Einwegpfand wären die kleinen Lebensmittelhändler, die komplett aufrüsten müssten und dafür nur in seltenen Fällen Platz haben; weiters die Tankstellen-Shops aus einem ähnlichen Grund und schließlich der Diskont, der ja aktuell auch kein Mehrweg-Gebinde zurücknimmt. Und genau hier treffen die Themen Einweg und Mehrweg aufeinander: die Diskonter Österreichs müssen auch für die neue geforderte Mehrweg-Quote aufrüsten. Diese fordert nämlich nun das Ministerium.
Worum geht es?
Eine EU-Richtlinie vorsieht, dass Getränkeflaschen aus Kunststoff bis 2025 zu mindestens 77 und bis zum Jahr 2029 zu mindestens 90 % getrennt gesammelt und recycelt werden müssen. Deshalb stellte Ministerin Gewessler den Begutachtungsentwurf der Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes vor, der 2024 in Kraft treten soll.
Leuchtturmprojekt ist hier die Mehrwegquote zu erhöhen und fix zu verankern, um den Plastikverbrauch zu minimieren. Es soll eine verpflichtende Mehrwegquote geben.
Ab 1. Jänner 2024 müssen 60 % der Bier- und Biermischgetränke-Flaschen sowie bei Mineralwasserflaschen 20 % wiederverwertbar sein. Bei Milch, Säften und anderen alkoholfreien Getränken werden 10% vorgeschrieben. Würstelstände und Bäckereien sind von der Verpflichtung ausgenommen.
„Das Mehrwegangebot wird den Einzelhandel verpflichten, damit im Regal wieder mehr Angebot an Mehrweg-Flaschen zu finden ist“, so Gewessler, die auf die Situation vor rund 30 Jahren anspielt, als Mehrweg in Österreichs Getränkeregalen noch dominierte. „Wir haben rund 450 Getänkeabfüller in Österreich und die Mehrheit von ihnen macht sich schon sehr lange Gedanken über Mehrweg-Flaschen“.
Die Ministerin spricht auch Pilotprojekte an, die im Laufen sind. Konkret will sie keines nennen, aber „es betrifft alle Teilnehmer und man wird auch die Digitalisierung nutzen“.
Ob wohl auch die APP #recyclemich damit gemeint ist, haben wir nicht herausgefunden. Daran haben sich zahlreiche Getränkehersteller beteiligt.
Das AWG sieht noch weitere Maßnahmen zur Vermeidung der Vermüllung der Natur vor. So sollen Einwegplastikprodukte wie Wegwerfbesteck, Plastikstrohhalme und Einwegbecher aus Polystyrol ab Juli verboten werden. Zudem wird der Transport von Müll ab einem Gewicht von drei Tonnen schrittweise auf die Bahn verlagert und der Import von vermischtem Industriemüll aus anderen Ländern untersagt.
Zusammengefasst heißt das:
- Rückkehr zu verbindlichem Mehrwegangebot in Supermärkten. Ab 2024 sollen überall Mehrwegflaschen erhältlich sein. Mindestens 60 % aller Bier- und Biermischgetränke, 20 % beim Mineralwasser und 10 % bei alkoholfreien Getränken und Milch.
- Strohhalme und Wegwerfbesteck werden abgeschafft. Der Abtransport des Mülls soll auf Schiene verlagert werden. Import von Industriemüll wird beendet.
- Pilotprojekte für Pfandsysteme sollen noch dieses Jahr an den Start gebracht werden.
Bericht: Gabriele Jiresch