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Fotolia EHI Retail Institute

Technik, quo vadis?

Das EHI Retail Institute in Köln nutzte die EuroCis als Gelegenheit, neue Studien über Mobile Payment, künstliche Intelligenz und IoT zu präsentieren.

Das EHI Retail Institute in Köln ist bekannt für Studien, die starke Zukunftsthemen aufs Tapet bringen. Und wenn diese noch rund um die EuroCis in Düsseldorf präsentiert werden, wird die Neugier umso mehr geweckt. Denn hier trifft sich die Technik-Branche des Handels geballt auf einem Platz.

Gleich vorweg: die Einschätzungen der Studien gelten vornehmlich für den bundesdeutschen Raum. In Österreich gehen die Uhren etwas anders, dazu haben wir den Handelsexperten und Assistenz-Professor an der WU, Institut für Handel & Marketing, Dr. Anton Salesny, befragt.

Mobile Payment

Prinzipiell steht der Handel dem mobilen Bezahlen sehr positiv gegenüber. Jede Möglichkeit, bei der Geld fließt, soll und muss genutzt werden. Der Handel kann sich NFC-basierten mobilen Bezahllösungen nicht verschließen, zumindest wenn ein NFC-fähiges Terminal zur Verfügung steht. Dieses wird von vielen Händlern bereits für kontaktlose Zahlungen eingesetzt. Für Bezahlverfahren mit optischer Identifikation wie PaybackPay, Bluecode oder WeChatPay sieht es allerdings etwas anders aus: Hier benötigt der Händler einen Bar-oder QR-Code-Scanner an der Kasse, um die Zahlung durchzuführen. Nicht jeder Händler besitzt einen QR-Code-Scanner, zurzeit sind es lediglich 30 % der Befragten – in Deutschland. Dieser ist mit zusätzlichen Investitionen verbunden und für die Abwicklung einer „normalen“ Kartenzahlung nicht notwendig. Der nicht zu unterschätzende Vorteil von Barcode-/QR-Lösungen ist allerdings die universelle, systemunabhängige Nutzungsmöglichkeit und die zusätzliche Einsatzoption im E-Commerce.

Dazu kommt die Tatsache, dass man noch nicht alle Zahlungsdienstleister erfassen kann, wenn es um Transaktionszahlungen zu Google- oder Apple Pay geht. Für eine Menge an mobilen Bezahlsystemen müssen die Voraussetzungen erst geschaffen werden. Was der Händler können muss: Debit- oder Kreditkarten akzeptieren, die in der Wallet des Smartphones vom Kunden hinterlegt wurden. Erst dann kann eine mobile Transaktion erfolgreich durchgeführt werden. 

Vor allem das Kassenpersonal spielt in allen Fällen eine Schlüsselrolle. Die Kassierkräfte müssen den Ablauf des Bezahlprozesses verstehen und im Zweifel auch den Kunden vermitteln können. Daher versorgen sie das Kassenpersonal über unterschiedliche Kanäle mit Infomaterial.

Die Punkte Datenschutz und Aufklärungsbedarf bei den Gebühren sind sehr wesentlich. Das EHI Retail Institute dazu: „Weder Handel noch Netzbetreiber sind sich über die genaue Anzahl mobiler Transaktionen oder die exakten Gebühren dafür im Klaren. Zurzeit sind lediglich kontaktbehaftete oder kontaktlose Kartentransaktionen messbar. Da beim mobilen Bezahlen mit dem Smartphone die Kundendaten aus Datenschutzgründen verschlüsselt werden, ist für eine genaue Berichterstattung eine Entschlüsselung derselben nötig. Wie sich dieser Prozess momentan gestaltet und wie er bepreist ist, konnte keiner der Händler beantworten. Wenn es um Gebühren von Apple- und Google-Pay-Transaktionen geht, erwartet der Handel, maximal mit Kosten in Höhe „normaler“ kartengestützter Zahlungsvorgänge konfrontiert zu werden – ohne speziellen Aufpreis für Mobile-Payment-Transaktionen.

Dr. Anton Salesny: „In Österreich sind mobile Payments per Smartphone noch wenig existent, da auch die wesentlichen  Player nicht am Markt verfügbar sind. Die „Bankomatkarte mobil“  etwa ist einerseits nicht für alle Kunden nutzbar (Stichwort  geschlossene Schnittstelle Apple) und andererseits ist die Installation aus Kundensicht mühsam und zumeist mit Kosten verbunden. Denn: Aus Konsumentensicht müssen Zahlungsverfahren vor allem Sicherheit, kostenlose Nutzung und einfache und bequeme Bedienung erfüllen.

Österreich und  Deutschland zählen noch immer zu den bargeldaffinsten Ländern der Welt.  

Auch für Deutschland und Österreich ist aber der Trend, von der Barzahlung zur Kartenzahlung zu erkennen. Die Karte an sich gewinnt einen immer höheren Anteil am Bezahlmix und das auch bei Kleinstbeträgen, nämlich durch NFC“. 

Salesny weiter: In Österreich wurden laut PSA  (Payment Services Austria) im April 2015 rund 6% der Bankomatkartentransaktionen mittels NFC-Technologie abgewickelt. Dieser Anteil stieg in den Folgejahren rasant an. Waren es im April 2016 rund 15% , stieg dieser bis Ende Dezember 2017 auf 43% und erreichte laut PSA bereits im Juni 2018 50%.  

Als wesentliche Vorteile aus Sicht der Benutzer sind vor allem die Schnelligkeit, die Unkompliziertheit, die Bequemlichkeit und der Entfall der PIN-Eingabe bis 25 Euro zu nennen.

Ob Österreich ein mobile Payment-Land wird, hängt von zwei wesentlichen Faktoren ab:

  1. von der Verfügbarkeit
  2. von klar kommunizierten und leicht erkennbaren Vorteilen aus Sicht der Konsumenten
     

Als Prognose kann man sagen, dass in den nächsten Jahren die NFC-Zahlungen zunehmen werden und dass laut einer Studie des Instituts für Handel & Marketing, durchgeführt von Dr. Anton Salesny, für den Lebensmittelhandel in Österreich die Kartenzahlung gerade dabei ist die Barzahlung als beliebteste Zahlungsmethode abzulösen – wobei hier am liebsten Bankomatkartenzahlung mittels NFC-Technologie.

Zur Frage der Self-Check-Out-Kassen in Österreich, meint Salesny: „Für kleine Warenkörbe bis maximal 10 Artikel sind SCO-Kassen eine gute Lösung, um vor allem Spitzenzeiten abzufedern. Ab einer Einkaufskorbgröße von über 15 Artikeln ist SCO nicht mehr die geeignete Lösung und kostet Mitarbeiterressourcen und vor allem Zeit, da sich die Fehlerquote mit der Artikelanzahl erhöht. So brauchen Kunden bei größeren Einkäufen oftmals um ein Vielfaches länger als Kassenmitarbeiter.“

Künstliche Intelligenz im Handel

Dafür muss man etwas wesentliches vorausschicken: Investment. Die IT-Budgets steigen weiter an und der Handel investiert weiterhin in neue Technologien. Dabei stehen vor allem solche Projekte im Fokus, die die IT-Infrastrukturen der Händler zukunftssicher machen. Daneben stehen aber auch die Erneuerung bzw. Optimierung der Warenwirtschaftssysteme sowie Omnichannel-Projekte weit oben auf der Prioritätenliste. Den wichtigsten Trend in der IT des Handels sehen die IT-Verantwortlichen aktuell im Einsatz künstlicher Intelligenz. Das geht aus der aktuellen Studie  „IT-Trends im Handel“ hervor, die das EHI jüngst veröffentlicht hat.

Künstliche Intelligenz (KI) wird den Handel maßgeblich verändern, darin besteht unter den Befragten breiter Konsens. So sieht die überwiegende Mehrheit (69 %) KI als wichtigsten technologischen Trend der kommenden Jahre. Laut Einschätzung von mehr als der Hälfte (53 %) der Händler wird KI vor allem im Bereich der vorausschauenden Datenanalyse (Predictive Analytics) eine tragende Rolle spielen. Besonders Textilhändler könnten von Trendvorhersagen profitieren, um z. B. das richtige Produkt, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit anbieten zu können.

Im Einsatz ist KI bereits bei einem knappen Drittel (32 %) der Händler. Bei der Einschätzung der Zukunftsrelevanz von Internet of Things-Technologien sind die Befragten noch zurückhaltend. Immerhin betrachten aber 22 % der Händler IoT als einen der wichtigsten technologischen Trends der kommenden Jahre.

Im Bereich der Gebäudetechnik der Filialen kommen intelligente und automatisierte Energiesteuerungssysteme bei fast der Hälfte (46 %) der befragten Händler zum Einsatz. Darüber hinaus sind solche Systeme bei 9 % der Händler konkret in Planung. Beim Einsatz solcher Energiesteuerungssysteme verfolgen allerdings nur wenige Händler bereits einen filialübergreifenden Ansatz. Bei den meisten Unternehmen sind zunächst nur Teillösungen in Form von Pilotprojekten in einzelnen Filialen im Einsatz. Ein Beispiel ist das Monitoring von Kühlmöbeln, das 36 % der Händler nutzen und weitere 5 % für die nächsten Jahre planen. Meist beschränkt sich das Monitoring aber vorwiegend noch auf die automatisierte Übermittlung technischer Störungen an Servicepartner. Lösungen, bei denen Filialmitarbeiter z. B. automatisch über einen drohenden Verderb von gekühlter Ware informiert werden, sind bislang nicht im Einsatz.

Smarte Regale bzw. Warenträger (Smart Shelves), d.h. mit Sensorik ausgestattete Möbel, die beispielsweise automatisierte Bestandsmeldungen abgeben und drohende Out-of-Stock-Situationen melden, werden von einem Zehntel der Händler eingesetzt. Der Einsatz beschränkt sich aber auch hier in erster Linie auf einige wenige Pilotprojekte. Zusätzlich planen 21 % den Einsatz und ein gutes Drittel (29 %) beobachtet das Thema vorerst. Für 40 % ist der Einsatz von Smart Shelves noch uninteressant.