Appell an die Politik
Die Nah&Frisch Gruppe und ihre Kaufleute unterstützen selbstverständlich alle sinnvollen Maßnahmen, die helfen, die Ziele der Single-Use-Plastic-Richtlinie der EU zu erreichen und die zu einer Verringerung und zur Vermeidung von Plastikeinwegverpackungen beitragen.
Für selbstständige Nah&Frisch Nahversorger ist die Umsetzung der geplanten Maßnahmen der Bundesministerin Leonore Gewessler (3-Punkte Plan zur Plastikreduktion) schlichtweg jedoch unmöglich. Bei einer durchschnittlichen Verkaufsfläche von 200 m2 ist in den meisten Geschäften kein Platz für die Umsetzung eines zusätzlichen Pfandsystems. Notwendige Investitionen sind den selbstständigen Kaufleuten nicht zumutbar, da die erzielbaren Gewinnmargen, auf Grund des Wettbewerbs durch Diskonter und große Supermärkte, unter Druck sind.
Hannes Wuchterl, Nah&Frisch Geschäftsführer dazu: „Da werden viele zusperren müssen. Ausnahmen für kleine Geschäfte helfen da gar nichts, im Gegenteil. Die Leute werden dort einkaufen, wo sie den Pfand auf ihre Plastikflaschen zurückbekommen. Diese Kunden sind dann weg. Verlierer sind die kleinen selbstständigen Kaufleute. Die, die selbst am wenigsten Plastik in Umlauf bringen.“
Nah&Frisch Kaufleute verstehen sich als VERsorger nicht als ENTsorger und fordern, dass die bestehenden, im ländlichen Raum funktionierenden Sammelsysteme weiter gefördert und gestärkt werden.
Hannes Wuchterl: "Ich appelliere eindringlich an Frau Bundesminister Gewessler, die geplanten Maßnahmen noch einmal gemeinsam mit Betroffenen zu überdenken. Mit diesen Regelungen befeuert eine grüne Ministerin einen Strukturwandel im ländlichen Raum, der noch mehr Kaufleute in den Ortskernen zum Zusperren zwingt und dazu führt, dass an Kreisverkehren am Ortsrand weiter und weiter zusätzlicher Boden versiegelt wird." Nah&Frisch lädt Frau Bundesminister Gewessler ein, sich selbst bei einem der über 420 Kaufleuten in einem typischen Nah&Frisch Geschäft, ein Bild zu machen.
Weitere Interessenvertretungen sehen im geplanten Plastik-Pfand echte Probleme. Zunächst die Stellungnahme der WKÖ: “Ein Einwegpfand auf Plastikflaschen, mit dem Parallelstrukturen geschaffen werden, die sowohl der Wirtschaft als auch den Konsumenten unnötigen Aufwand und Mehrkosten verursachen, wurde schon im Regierungsprogramm erfolgreich verhindert - und das aus gutem Grund”, ruft Karlheinz Kopf, Generalsekretär der WKÖ in Erinnerung. Es komme gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht in Frage, die Suche nach Lösungen aus ideologischen Gründen auf einen einzelnen Ansatz einzuschränken. “Manche Ideologen glauben, den Konsumenten sowie den Unternehmen in Gewerbe, Handel und Industrie in Österreich ein Pfand für Plastikflaschen aufzwingen zu können, das weisen wir aufs Allerschärfste zurück. Die Wirtschaft wird einem kostenintensiven Einwegpfand-System definitiv nicht zustimmen”, so Kopf. “Ja zu Müllvermeidung, Abfallsammlung und Wiederverwertung. Aber das muss neben ökologisch auch ökonomisch sowie alltagstauglich sein."
„Es besteht der nicht unberechtigte Verdacht, dass in Österreich quasi über Nacht ein Einwegpfand eingeführt werden soll“, zeigen sich Julius Kiennast, Obmann des Bundesgremiums Lebensmittelhandel in der WKÖ, Willibald Mandl, Bundesinnungsmeister des Lebensmittelgewerbes in der WKÖ sowie Siegfried Menz, Obmann der Bundessparte Industrie besorgt. „Klein- und Mittelbetriebe, aber auch Industriebetriebe würden mit einem teuren Pfandsystem über Gebühr belastet, viele sogar in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht“, halten sie fest. „Abfallvermeidung ist ein Gebot der Stunde – es gibt aber effizientere und kostenschonendere Wege dafür als ein teures Pfandsystem“, halten die Wirtschaftsvertreter fest. Das vom BMK präferierte neue System verursacht WKÖ – Berechnungen zufolge jährlich rund 60 Millionen mehr als angegeben, nämlich rund 190 Millionen Euro.
Gerade die Nahversorger-Geschäfte im ländlichen Raum stünden vor der Wahl, entweder wirtschaftlich untragbare Investitionen durchzuführen oder einen Rückgang der Kundenfrequenz in Kauf nehmen zu müssen, wenn sie von der Rücknahmeverpflichtung ausgeschlossen werden“, betont Kiennast.
Handelsverband
Tausende heimische Betriebe, insbesondere EPU und KMU, brauchen in der schwersten Krise der Nachkriegszeit Unterstützung von staatlicher Seite, um Corona einigermaßen bewältigen zu können. "Gerade jetzt wäre eine finanzielle Mehrbelastung von jährlich 10.500 Euro pro Betrieb durch die Einführung eines Einwegpfand-Systems volkswirtschaftlicher Wahnsinn. Daher lehnen wir dies geschlossen und vehement ab. Auch die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung ist sogar laut einer Greenpeace-Studie aus 2019 zurecht dagegen", erklärt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.
"Die Pfand-Diskussion darf nicht Spielball eines politischen Abtausches werden, dazu ist das Thema zu wichtig. Österreich sammelt ja bereits sehr erfolgreich in 8 Bundesländern Plastikflaschen. Ein Pfand würde, außer in Wien, kaum Verbesserung bringen, aber Unsummen kosten. Wir müssen in Wien nur jene Potenziale heben, die in anderen Bundesländern bereits erfolgreich gelebt werden", so Handelsverband-Vizepräsident Frank Hensel.
Stimmen/Maßnahmen aus der Industrie
Egger Getränke: „Wir stehen zu Mehrweg-Glas und sehen eine verbindliche Mehrwegquote als einen wichtigen Teil der Maßnahmen zur Erreichung der notwendigen Sammelquoten von Getränkeflaschen.“ So kommentiert Frank van der Heijden, Geschäftsführer für Verkauf und Marketing von Egger Getränke, die aktuelle Diskussion zur Reduktion von Plastikmüll. „Mehrweg-Glas wird vom Konsumenten gewünscht und auch deutlich vermehrt gekauft“, so Van der Heijden – und die Zahlen der Industrie bestätigen das. Sowohl die Umsatzdaten aus dem Getränkeverband als auch die von AC Nielsen zeigen eine hohe Steigerung bei der 1-Liter-Mehrweg-Glasflasche – der Absatz hat sich beinahe verdoppelt. Und das bei einem insgesamt – Corona-bedingt – rückläufigen Gesamtlimonadenmarkt. „Der Anteil an Mehrweg-Glas am Limonadenmarkt wird weiter steigen. Wenn das Angebot ausgebaut wird und Mehrweg-Glasflaschen flächendeckend erhältlich sind, werden diese auch vermehrt gekauft werden.“
„Mehrweg-Glas ist eindeutig und unbestritten eine relevante Alternative als Verpackungsform. Wenn vermehrt Getränke in Mehrweg-Glasflaschen angeboten werden, dann reduziert man damit automatisch den Ausstoß von PET-Gebinden und damit die Kosten für Sammlung, Sortierung und Recycling.“
Erlebnissennerei Zillertal
Tirols größte Sennerei in Privatbesitz, die Erlebnissennerei Zillertal in Mayrhofen, sagt dem Müll den Kampf an. Rund 30 Tonnen weniger Verpackungsmüll und über 17 Tonnen weniger Kunststoff in den nächsten drei Jahren lautet die ehrgeizige Vorgabe von Christian und Heinrich Kröll, mit der die beiden Brüder den Familienbetrieb noch umweltfreundlicher. Wichtigster Hebel, um die Mülleinsparungen zu erreichen, sind die Verpackungen des gesamten Sortiments bei Milch, Käse und Joghurt. Die komplette Produkt-Range des Zillertaler Heumilch-Pioniers wird auf nachhaltigeres Verpackungsmaterial umgestellt. Die umweltfreundlicheren Milchkartons werden jetzt zu 100 % klimaneutral hergestellt und sind wesentlich leichter, wodurch das Unternehmen auch weniger Gewicht auf die Straße bringt und die CO2-Belastung reduziert.
„Auch bei den Käseverpackungen wird es uns gelingen, bis zu 70 % Plastik einzusparen“, so Kröll. Die Etiketten bestehen zu 100 % aus recyceltem Papier. Joghurts und Sauerrahm aus der Erlebnissennerei Zillertal werden ebenfalls neu verpackt und sind dann zu 100 % recyclingfähig. Gleich über ein Viertel weniger Kunststoff werden mit den neuen, kartonummantelten Joghurtbechern erreicht.