Handelsverband schaltet BWB ein
Einen enormen Schwung nahm der e-commerce in den vergangenen Monaten ein und macht dem stationären Handel Angst und Bang. Die Hemmschwelle online einzukaufen ist nun bei nahezu jeder Zielgruppe gefallen: ob jung oder alt, reich oder arm und österreichaffin oder nicht – nahezu jeder shoppt im Internet. Und: Mittlerweile haben bereits 93% aller österreichischen Online-Shopper zumindest einmal bei Amazon eingekauft.
Das alleine würde ja nicht jenes Erdbeben erwecken, von dem nun der Handelsverband warnt. Es geht auch vielmehr darum, dass Amazon nicht nur für die Konsumenten ein Händler ist, sondern für kleine und mittelgroße Webshops ein Marktplatz. Und diese Marktplatz-Stellung soll das us-amerikanische Unternehmen ausnutzen. Der Handelsverband hat nun eine Beschwerde bei der Bundeswettbewerbsbehörde in Österreich eingebracht und gleichzeitig eine Ombudsstelle für betroffene Händler eingerichtet. Unter ombudsstelle@handelsverband.atkönnen sich alle melden – ihre Anträge werden überprüft.
Das Hauptproblem ist die Doppelrolle des Marktführers: "Amazon ist einerseits ein klassischer Online-Händler, andererseits aber auch der größte Marktplatz – sprich, andere Webshops können sich auf der Amazon Plattform listen lassen. Als führender Marktplatz kann Amazon theoretisch die Daten der gelisteten Händler einsehen, deren Preise unterbieten und langfristig das gesamte Geschäft an sich binden. All das läuft gänzlich an der österreichischen Volkswirtschaft vorbei", so Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes.
Es würde sich die weitere Frage stellen, ob nicht auch Marktplätze wie eBay nach genauer Betrachtung ähnliche Verhaltensmuster aufweisen, wie etwa Amazon.
„Uns bereiten aber nicht nur die Warenkörbe Sorgen, sondern vor allem der Umstand, dass fast alle Konsumentendaten bei einem US-Konzern liegen", erklärt Rainer Will.
Dank seines Marktplatzes verfügt Amazon nicht nur über unzählige Kundendaten, sondern auch über die Daten aller dort gelisteten Händler - und das sind fast alle heimischen Webshops. Der Konzern kann diese nutzen, um etwa das Eigensortiment bzw. Eigenmarken wie "Amazon Basics" dort zu stärken, wo andere Händler mit "Bestsellern" erfolgreich sind, und damit letztere vom Markt verdrängen.
Diese monopolartige Entwicklung hat verheerende Auswirkungen für die österreichische Volkswirtschaft, für den Handel und mittelfristig für alle 600.000 Handelsbeschäftigten. "Fast 60% aller Onlineumsätze fließen ins Ausland ab. Damit finanziert der österreichische Konsument rund 20.000 Arbeitsplätze im Ausland, was den heimischen Handel als Rückgrat der Wirtschaft, Beschäftigungsmotor und flächendeckenden Nahversorger massiv unter Druck bringt. Gerade zu Weihnachten sollten wir daher alle genau überlegen, wo wir einkaufen", appelliert Will an die Konsumenten.
Konkret sollen die Geschäftsbedingungen und Verhaltensweisen gegenüber den heimischen Händlern auf dem Amazon Marktplatz überprüft werden.
Durch die Untersuchung der BWB soll vor allem erreicht werden, dass das Kartellgericht Amazon einen Auftrag erteilt, mutmaßlich wettbewerbswidrige Klauseln und Formulierungen aus den Marktplatzverträgen zu eliminieren, um "FairCommerce" zu ermöglichen. Geldbußen bis 10% der im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Umsätze sind bei Verfahren dieser Art möglich, eine Zerschlagung nur dann, wenn keine anderen gleich wirksamen Maßnahmen zur Verfügung stehen.