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Fairtrade GF Hartwig Kirner

Fairtrade: Wachstum ist nicht selbstverständlich

Die Inflation brachte höherpreisige Produkte unter Druck und dennoch: die Fairtrade-Umsätze sind 2023 gut gewachsen.

Ungeachtet schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen konnten Fairtrade-Produkte in Österreich im Jahr 2023 ein geschätztes Umsatzplus von knapp 12 % erzielen. „Anhand dieser Entwicklung erkennt man die Widerstandsfähigkeit der Fairtrade Produkte“, freut sich Hartwig Kirner, Fairtrade Geschäftsführer in Österreich. Wenngleich auch immer noch Luft nach oben ist. „Der faire Handel soll zum Normalfall werden und nicht mehr die Ausnahme sein“, so Kirner. Das kann auch im Interesse des Handels und der Hersteller sein, damit Preise nicht so stark steigen.

Die Zahlen im Detail

Fairtrade-zertifizierter Kakao verzeichnete in Österreich im Jahr 2023 dank zahlreicher neuer Listungen von Handelspartnern und Schokoladeproduzenten ein Absatzplus von 13,4% auf 9.690 Tonnen.
Kaffee zeigte auch im 30. Jahr am Markt eine stabile Entwicklung mit einem leichten Plus von 0,2%.
Fairtrade-Bananen konnten ihren Marktanteil auf mittlerweile 32% steigern, die abgesetzte Menge blieb mit 34.023 Tonnen weiterhin auf hohem Niveau. Die Preisschwelle von 2 Euro/Kilo wurde nachhaltig überschritten.
Sehr erfreulich entwickelte sich der Absatz von Fairtrade-zertifizierten Rosen (plus 7,9%). Er nähert sich damit weiter dem Vorkrisen-Niveau an.

Fairtrade-Orangensaft ist um etwa 20% zurückgegangen, was allerdings stark an Verfügbarkeitsproblemen auch aufgrund von Krankheiten lag.

Fokus auf Bauern und Bäuerinnen vor Ort

Die negativen Effekte der Klimakrise auf die Ernteerträge sowie steigende Kosten durch Inflation und Lieferengpässe drücken auf die Einkommen von Kleinbauernfamilien und Arbeiter auf Plantagen in Afrika, Asien und Lateinamerika. Umso wichtiger, dass durch die gestiegene Nachfrage nach Fairtrade-Produkten in Österreich die Direkteinnahmen der Produzentenorganisationen auf knapp 80 Mio. USD (plus 9%) erhöht werden konnten. Das bedeutet mehr Einnahmen für die Bauernfamilien und mehr Fairtrade-Prämiengelder.

„Um unserem Ziel eines existenzsichernden Einkommens für alle näher zu kommen, investieren wir auch in zusätzliche Programme wie das West Africa Cocoa Programme oder das Fairtrade Living Income Learning Project. Allein im vergangenen Jahr wurden so knapp 40.000 Bauernfamilien geschult und die Einkommensdiversifizierung gefördert“, so Kirner weiter. Aktuelle Studienergebnisse zeigen, dass sich diese Maßnahmen auch positiv auf das Einkommen der Bauernfamilien auswirken und so der Teufelskreis der Armut durchbrochen werden kann.

Der Weltmarkt ist überhitzt und volatil

Die Weltmarktpreise zeigen 2023/2024 ein teilweise chaotisches Verhalten, so befindet sich der Kakaopreis derzeit auf einem Allzeithoch (2022 lag er bei 2370 Dollar/Tonne und aktuell bewegt er sich bei 11.000 Dollar/Tonne an der Börse). Bei den Bauernfamilien sind bisher trotzdem kaum finanzielle Verbesserungen angekommen. Die österreichischen Handelsketten und Produzenten gehen hier mit gutem Beispiel voran, um Fairtrade attraktiv für Konsumenten zu machen. Doch: ohne Preiserhöhungen wird es im Falle von Kakao nicht gehen, meint Kirner. Viele Bauern stehen mit dem Rücken zur Wand. Im Herbst – rund um die nächste Haupternte – wird sich zeigen, wieviel an die Bauern vom erhöhten Preis abgegeben wird.

Lieferkettengesetz ein Meilenstein

Das EU-Lieferkettengesetz und die EU-Entwaldungsverordnung werden in Zukunft alle Akteure in globalen Lieferketten maßgeblich beeinflussen. Fairtrade ist daher vielfältig gefordert: 2023 wurden die Kaffee- und Kakao-Standards im Hinblick auf die neuen gesetzlichen Sorgfaltspflichten der Unternehmen überarbeitet. „Wir unterstützen Unternehmen in Österreich schon jetzt mit Expertise und Online-Tools wie der Risk Map bei der Umsetzung der neuen gesetzlichen Anforderungen, die in den kommenden Jahren auch auf nationaler Ebene wirksam werden. Partnerorganisationen im globalen Süden werden durch strategische Technologiepartnerschaften im Fairtrade-System Satellitendaten zur Verfügung gestellt, um die Anforderungen der neuen EU-Verordnung zur Vermeidung von Entwaldung zu erfüllen“, so Kirner abschließend.

Generalversammlung: Kontinuität und neu mit Gentechmik-frei

Seit einem Jahr ist Johanna Mang die neue Vorstandsvorsitzende von Fairtrade Österreich und bleibt es auch weiterhin. Ab jetzt stärkt zudem eine neue Mitgliedsorganisation das Vereinsfundament. Neu mit dabei ist seit diesem Jahr auch die ARGE Gentechnik-frei. „Wir und Fairtrade sind ’natürliche‘ Partner für eine gerechte und Gentechnik-freie Lebensmittelproduktion. Es ist daher nur logisch, die Zusammenarbeit im Sinne dieses stark nachgefragten Qualitätsstandards auch in Zukunft weiter zu stärken“, so Florian Faber, Geschäftsführer der ARGE Gentechnik-frei.

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geschrieben am

08.05.2024