25 Jahre fair
Hätte man vor 25 Jahren in Österreich eine Umfrage zu Fairtrade gestartet, so wären die Ergebnisse beschaulich ausgegangen: kenne ich nicht, Schmuddel- und Öko-Ecke.
Aus der Schmuddelecke wurden die beliebtesten Regalplätze, die Produkte wirken alles andere als „öko“ und 9 von 10 Österreichern kennen das Logo und wofür es steht. Und es war nicht immer leicht: nimmt man alleine die Akzeptanz des Handels her oder die anfänglichen Schwierigkeiten mit der Zertifizierung bei Kakaobohnen, bis das „Cacao programme“ ins Leben gerufen wurde.
Die Akzeptanz des Siegels ist über alle Grenzen gegeben, man muss ich nur die Feier zum 25. Geburtstag ansehen. Rund 300 Personen lauschten den Vorträgen im MAK Museum für Angewandte Kunst und auch der Abendveranstaltung wohnten viele Begeisterte bei. Am Podium fanden sich Vertreter des Handels und der Industrie zusammen.
Doch eines muss man den Verantwortlichen rund um Geschäftsführer Hartwig Kirner lassen: sie werden nicht aufhören kritisch zu hinterfragen. Das zeigte auch die Auswahl der Vortragenden zu den Feierlichkeiten. Offensichtlich ist durch einen hohen Grad an Selbstkritik, aber auch Gesellschaftskritik die Weiterentwicklung vorprogrammiert.
Bertram Barth von Integral Markt-und Meinungsforschung analysierte unsere Gesellschaft im Hinblick auf moralische Einkäufe: „Die moralische Komponente ist beim Einkauf von Fairtrade nicht immer ausschlaggebend“, so Barth. „Es sind die Verantwortung, die ich sehe, aber vor allem der gehobene Geschmack, Lifestyle, Mitgefühl, Lust und Erleben und das Signalisieren von Kompetenz“. Und dazu kommt auch noch, dass die österreichische Bevölkerung leider viel ängstlicher im Vergleich u früher geworden ist und deshalb den Halt sucht - auch in den Produkten, die man einkauft.
Die einzige Gefahr sieht Barth in der Tatsache, dass Fairtrade in der Elitengesellschaft steckenbleiben könnte und die Elite zur Zeit stark unter Beschuss und Druck steht. Elitenkritik ist angesagt und deshalb wäre es fein, wenn man aus diesem Muster hinausgehen könnte. Die Mitte ist all jenen Dingen, die Eliten tun, sehr kritisch gegenüber. Doch die gute Nachricht: Ethik wird immer Platz in der Gesellschaft haben, ist sich Helmut Schüller, Fairtrade Vorstand sicher.
Dario Soto Abril, CEO von Fairtrade International sieht die Problematik eher in den Kostenstrukturen. 58% der Menschen weltweit verdienen unter der Armutsgrenze, wie sollen sie sich Fairtrade Produkte leisten. In Österreich zum Vergleich gibt man 35 Euro pro Jahr für Fairtrade-Produkte aus.
Ganz hart drückt es Filmemacher Werner Boote (The Green Lie) aus: Er fühlt sich nicht als Konsument, sondern als mündiger Bürger, der in dieser Tatsache eine Macht sieht. „Fairtrade hat es als Siegel geschafft, jetzt versuchen andere aus der Industrie auch auf das Boot aufzuspringen“, so Boote, doch diese freiwilligen Bekenntnisse der Konzerne werden nicht funktionieren, ist er sich sicher. In seinem neuen Film lässt er Raj Patel, den britisch- amerikanischen Wissenschaftler, Schriftsteller, Journalist und Aktivist zu Wort kommen. Dieser unterscheidet zwischen fairgetradeten und „Arschloch“-Produkten und löst damit eine große Diskussion im Nachfeld aus. Denn Vertreter der Industrie, aber auch des Handels wollen sich den Vorwurf der „A-Produkte“ nicht gefallen lassen, produzieren sie – wie etwa Hans Lanzinger von Pfanner – große Mengen fair. Noam Chomsky, einer der bekanntesten linken Intellektuellen greift im Film unterstützend ein: „Es gibt gute Ansätze aus der Industrie, akzeptieren sie diese – aber lehnen Sie die Propaganda ab!“. Lanzinger weiter: Damit etwas nachhaltig ist, muss man etwas produzieren, das auch wirtschaftlich erfolgreich ist“. Gesellschaftliche Veränderungen passieren eben auch langsam.
Josef Plank von Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus sieht es ähnlich: „Das Wort Nachhaltigkeit an sich reißt niemanden mehr vom Sessel, es sind die Taten, die zählen“. Und in Zukunft werden wir noch viele innere Entscheidungen beim Kauf von Lebensmittel und anderen Waren des täglichen Lebens treffen müssen, denn der geplante Ausstieg aus der fossilen Welt und die globale Digitalisierung machen das Leben nicht leichter.
Nicole Berkmann, Unternehmenssprecherin Spar Österreich: „ Wir sind als Händler in einer verzwickten Rolle, einerseits sollen wir den Kunden gefallen, aber auch Trends setzen. Die können machen Kunden auch nicht gefallen“. Der Supermarkt trifft eine gewisse Vorentscheidung für den Kunden – das wird immer so sein.
Nicht zuletzt muss man als Siegel im internationalen Geschäft aufpassen, dass es nicht das Siegel ist, das das Geschäft macht – Fairtrade bewies nun 25 Jahre das Gegenteil.
Die Sieger des Fairtrade Awards finden Sie im Anhang.