„Das Zucker-Geschäft war ein Desaster“
Von Michaela Schellner
Der global tätigen Zucker-, Frucht- und Stärkekonzern Agrana hat kürzlich die Zahlen des Geschäftsjahres 2024/25 bekanntgegeben. CEO Stephan Büttner spricht von einer ergebnisseitig „nicht berauschenden“ Bilanz, mit der man aber „in schwierigen Jahren leben könne“. Konkret ging der Umsatz um 7,2 Prozent auf 3,514 Milliarden Euro zurück, das Ergebnis der Betriebstätigkeit (EBIT) lag mit 40,5 Millionen Euro und einem Minus von 73,2 Prozent deutlich unter dem Vorjahr.
Sorgenkind Zucker
Als Grund führt der Manager, der seit Jänner 2024 an der Agrana-Spitze steht und zuvor im Konzern Finanzvorstand sowie CEO der Division Frucht war, den Dreiklang aus sinkender Nachfrage, gestiegenen Kosten und schwacher Konjunktur an. Vor allem das Segment Zucker (- 18,8%) sei im abgelaufenen Geschäftsjahr „ein Desaster" gewesen. "Hier haben wir 100 Millionen Euro versenkt. Dieses Minus zehrt alles auf, was wir im Segment Frucht erwirtschaftet haben“, erklärt Büttner. Bei Frucht verzeichnete Agrana bedingt durch Preissteigerungen, aber auch erhöhte Verkaufsmengen bei Fruchtzubereitungen sowie einem zufriedenstellenden Geschäft mit Apfelsaftkonzentraten und bei Aromen ein Plus von 4,1 Prozent. Im Segment Stärke belief sich das Minus aufgrund der konjunkturellen Lage sowie der Hochwasserschäden in Österreich auf 11,7 Prozent.
Deutlich höhere Zucker-Importe aus der Ukraine
Dass Zuckergeschäft sei neben gesunkenem Zuckerverbrauch und gestiegenen Energiekosten insbesondere durch hohe Importmengen aus der Ukraine negativ beeinflusst worden. Lagen diese bis zum Jahr 2022 bei 20.000 Tonnen pro Jahr (diese Menge durfte zollfrei importiert werden), erhöhte sich das Volumen durch ein befristetes Aussetzen der EU-Zollsätze 2023 auf ca. 500.000 Tonnen und pendelte sich 2024 durch einen Beschluss für neue Zollkontingente bei ca. 265.000 Tonnen ein. Bis 5. Juni 2025 dürfen rund 110.000 Tonnen zollfrei importiert werden, ab 6. Juni 2025 sei das Zollkontingent allerdings wieder offen. Büttner sieht diese Entwicklung kritisch: „Bitte nicht falsch verstehen, es ist richtig und notwendig, dass wir die Ukraine wirtschaftlich unterstützen, aber in gewissen agrarischen Bereichen muss man das schon hinterfragen. Denn es kann ja nicht das Ziel von Marktöffnungen sein, dass heimische Unternehmen im Wettbewerb nicht mehr konkurrenzfähig sind.“ Besonders irritiert hätten den Manager in diesem Zusammenhang ukrainische Oligarchen, die Interesse am Kauf der stillgelegten Agrana-Zuckerfabriken in Leopoldsdorf (AT) und Hrušovany (CZ) bekundet hätten. Büttner: „Das haben wir natürlich abgelehnt.“ In Leopoldsdorf sind von der Schließung rund 130 Mitarbeiter betroffen, für die man in enger Kooperation mit dem Betriebsrat einen fairen Sozialplan ausgearbeitet habe. Büttner hofft zudem, dass durch die Ankündigung des Schienenfahrzeugherstellers Stadler, Teile des Werksgeländes pachten zu wollen, mehrere hunderte Arbeitsplätze entstehen, von denen auch bisherige Agrana-Mitarbeiter profitieren könnten. Hierzulande wird Zucker von Agrana nun nur mehr in Tulln produziert. Der aktuelle Absatzmarkt würde für das Betreiben zweier Standorte nicht mehr ausreichen, rechtfertigt Büttner die Schließung in Leopoldsdorf. Mit der Konzentration auf Tulln wolle man eine dauerhaft tragfähige Grundlage für nachhaltige, österreichische Produktion schaffen.
Neue Unternehmensstrategie spart bis zu 100 Millionen Euro
Die Basis für künftiges Wachstum des Konzerns hat man mit der Strategie „Next Level“, dem bisher größten Transformationsprojekt in der Geschichte der Agrana, gelegt. Diese ziele darauf ab, die Abhängigkeit von Marktvolatilitäten zu reduzieren und die Basisprofitabilität zu erhöhen. Im Zuge dieser wurden auch personelle Weichenstellungen auf Managementebene vorgenommen. Büttner: „Mit der geplanten Transformation unserer Gruppe in eine verschlankte strategische Holding mit den zwei Geschäftsbereichen ‚Agricultural Commodities & Specialities‘ sowie ‚Food & Beverage Solutions‘ bündeln wir Kompetenzen und optimieren Synergiepotenziale sowohl markt- als auch kostenseitig.“ Das Kosteneinsparungspotenzial wurde mit rund 80 bis 100 Millionen Euro festgelegt.
Für das Geschäftsjahr 2025/26 erwartet Agrana ein EBIT auf Vorjahresniveau und einen leichten Umsatzrückgang im Bereich zwischen einem und fünf Prozent. An Investitionen will man weiterhin festhalten. 2024/25 beliefen sich diese auf rund 114 Millionen Euro, 2025/26 werden 120 Millionen Euro angepeilt.