Es wird ein heißer Herbst
Im Zuge einer Pressekonferenz rund um eine Imagekampagne für den Lehrberuf im Handel und die e-Commerce-Lehre, sprach Peter Buchmüller (Obmann der Bundessparte Handel der Wirtschaftskammer) die bevorstehende Kollektivvertragsverhandlungen an: „Von seiten der Arbeitgeber-Vertretung gehen wir es sachlich an. Es wird eventuell im Rahmen der KV-Verhandlungen trotzdem zu Streiks kommen. Wir werden fair, aber hart sein, denn wir kümmern uns um unsere Mitglieder. In Bezug auf den Kollektivvertrag kann ich meine Mitgliedsbetriebe nicht überfordern, auch wenn die Regierung hohe Lohnabschlüsse fordert. Wir werden jedoch nicht 1:1 das tun, was die Regierung fordert. Zuerst sollte von seiten der Regierung die kalte Progression abgeschafft werden“, so Buchmüller. Peter Buchmüller ist nicht der einzige, der sich über die Einmischung der Regierung zu den Lohnverhandlungen wundert, es kommen zahlreiche Kommentare dagegen, wie etwa auch von Notenbankchef Ewald Nowotny. Am 30. Oktober geht es in die Verhandlungen.
Info-Kampagne zur Imageaufwertung
Der Handel ist unter seinem Wert geschlagen, wenn es um das Image geht. Daher hat die Bundessparte Handel gemeinsam mit der Agentur Spiessberger eine Ausbildungsstrategie erarbeitet: „Eine Lehre im Handel. Mitten im Leben. Karriere machen.“ Die Kampagne läuft seit 9.Oktober bis Ende November und schließlich wieder Jänner und Februar 2019. „Die Erwachsenen – also Eltern der potentiellen Lehrlinge – werden über Facebook angesprochen“, so Sonja Marchhart, bildungspolitische Referentin der Bundesparte Handel. „Die jungen Menschen erreichen wir am besten über den social media-Kanal Snapchat“. „Zu den insgesamt 32 Motiven – für jede der 16 Branchen zwei, eines für die Erwachsenen und eines für die zukünftigen Lehrlinge - gibt es ein allgemeines Kampagnensujet. Alle Motive finden auch über den Zeitraum der neuen Kampagne hinaus Verwendung, etwa in Broschüren, Flyern sowie vor Ort bei Lehrlingsmessen und anderen Berufsinformationsveranstaltungen“, so Geschäftsführerin der Bundessparte Handel, Iris Thalbauer. Synergien werden auch dadurch genutzt, dass von der Info-Seite www.lehre-im-handel.atauf die bereits bestehenden Serviceangebote und Inhalte von https://www.probierdichaus.at verlinkt wird. Insgesamt entsteht mit 24 Mio. Kontakten ein enormer Werbedruck.
Handel ist attraktiv
Peter Buchmüller legt dar, warum der Beruf des Händlers ein erstrebenswerter ist: es gibt eine gute Bezahlung: Lehrlinge erhalten eine Entschädigung von rund 590 Euro/Monat, das Brutto-Einstiegsgehalt eines Ausgelernten liegt bei 1636 Euro/Monat. Die Aufstiegschancen im Handel sind enorm, die Suche nach geeigneten Führungskräften intensiv. Dazu kommt die kollektivvertragliche Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden. „Damit haben Handelsangestellte 77,94 Stunden pro Jahr weniger im KV, als andere Branchen“, so Buchmüller. Und nicht zuletzt ist die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit im Handel sehr hoch, alleine durch die langen Öffnungszeiten ergeben sich Schichten, die für viele Angestellte anstrebenswert sind. Denn: die Arbeitszeiten im Handel sind planbar, die 11. Und 12. Stunde ist eine Überstaunde und wird auch so abgegolten. Die Flexibilisierung durch den 12-Stunden-Tag ist ein wesentlicher Vorteil. Bislang gab es von seiten der Arbeitsnehmer im Handel keine einzige Beschwerde.
Nicht zuletzt aufgrund der Bemühungen in den letzten Jahren sind alleine die Lehrlingszahlen von 2017 auf 2018 (per September) um 2,3% gestiegen.
e-Commerce Lehre goldrichtig
Die in Rekordzeit unter anderem mit Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Margarete Schramböck realisierte Lehre „e-Commerce Kauffrau/Kaufmann“ ist stark nachgefragt. Sowohl 15jährige interessieren sich für die Lehre, als auch Maturanten, die die neue Ausbildungsmethode „Matura und anschließend Lehre“ nutzen. Derzeit lernen bereits 51 junge Menschen den Beruf der E-Commerce-Kauffrau, des E-Commerce-Kaufmanns. Das übertrifft Schätzungen, die im ersten Jahr von 20 ausgingen. „Dass es mehr als doppelt so viele wie erwartet sind, zeigt die Nachfrage nach einem solchen Ausbildungsangebot und wie zeitgemäß und praxisorientiert der österreichische Handel ausbildet“, halten Peter Buchmüller und Iris Thalbauer fest.
Ziel ist es, dass alle Händler auch im Internet vertreten sind und dort gefunden werden. Damit steigt auch die Möglichkeit eines Unternehmens, diesen Lehrberuf anzubieten.
Lehrlinge werden gesucht, nicht nur im e-Commerce. Die aktuelle Situation sagt: neun große Lehrlingsausbilder bestätigen, dass sie sofort 1000 Lehrlinge einstellen könnten – doch es mangelt an Interesse der Jugendlichen an dem Job. 15.000 Lehrlinge sind zur Zeit im Handel beschäftigt.
Details zur Ausbildung
Der neue, dreijährige Lehrberuf „E-Commerce-Kauffrau/-mann ist ein fundiertes neues Ausbildungsangebot und eine ausgezeichnete Ergänzung zu den bisherigen klassischen dualen Ausbildungswegen im Einzel- und Großhandel. Die vermittelten Qualifikationen umfassen etwa den Umgang mit Shopmanagement-Systemen, die Präsentation von Waren im Online-Shop, die Verwendung unterschiedlicher Werbeformen im Display-Marketing oder die Erstellung bzw. den Versand von Newslettern unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen.
Mögliche Einsatzfelder für Absolventinnen und Absolventen des Lehrberufs sind etwa
- Webshopbetreuer/-in
- Webshopverkäufer/-in
- Webshopmanager/-in
- Webshopadministrator/-in
- E-Commerce-Manager/-in
- E-Business-Manager/-in
- Webshop Content Manager
- Webshop Sales Consultant
Zum Zweiten gibt es den neuen Ausbildungsschwerpunkt "Digitaler Verkauf" als zusätzliches Angebot für Lehrlinge (und Ausbilderbetriebe). „Mit dem innovativen Konzept im Sinne des Life Long Learning hat es sich die WKÖ-Bundessparte Handel zum Ziel gemacht, dem digitalen Wandel in der Aus- und Weiterbildung Rechnung zu tragen. Nach der Modernisierung des Lehrberufes Einzelhandelskaufmann/-frau werden nun die Einzelhandelslehrlinge für die digitalen Anforderungen gerüstet. Auch im Rahmen der Weiterbildungsschiene mit Zugang durch die duale Lehrausbildung (Akademischer Handelsmanager und MSc Handelsmanagement) sollen digitale Inhalte künftig noch stärker einbezogen werden“, so Buchmüller, Thalbauer und Marchhart.
Bildung ist für die gesamte Wirtschaftskammerorganisation Grundvoraussetzung, um den neuen Anforderungen der Arbeitswelt zu begegnen. Innovative Bildungsansätze sind notwendig, um Innovationsführerschaft zu erlangen und die Verfügbarkeit von Fachkräften nachhaltig zu sichern. Mit diesen Zielen vor Augen erarbeiten die Wirtschaftskammern Österreichs derzeit eine umfassende Bildungsstrategie, deren Ergebnisse noch in diesem Jahr präsentiert werden sollen.