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Tierwohl nimmt an Fahrt auf

Tierwohl nimmt an Fahrt auf

Die jüngsten Berichte über den Umgang mit Tieren in der Fleischproduktion machen viele Konsumenten sprachlos und versetzen den Handel oftmals in Schockstarre.

In letzter Konsequenz muss man erkennen, dass man in Bezug auf Herkunft und Rückverfolgbarkeit lediglich Passagier ist. Marcel Haraszti meinte in einem Kurier-Interview, dass im Fall des Mastbetriebs wohl alle Kontrollsysteme versagt hätten. Der Rewe Österreich Chef hat nicht unrecht, wenn er Siegel anspricht, deren Aufgabe die Kontrolle der Unternehmen sind, deren Aufgabe die Fleischproduktion ist.

Selbstverständlich distanziert sich die AMA vehement vom vorliegenden Fall in der Oststeiermark. In einer Aussendung heißt es: Derzeit nehmen 560 Hendlmastbetriebe am AMA-Gütesiegel-Programm teil. Zirka 340 konventionelle Betriebe und zirka 220 Biobetriebe. Die Vor-Ort-Kontrollen im Mastgeflügelbereich finden grundsätzlich jährlich risikobasiert durch eine akkreditierte Kontrollstelle statt. Werden im Zuge der AMA-Kontrollen Verbesserungspotentiale aufgezeigt, erfolgen zusätzliche Nach- oder Überkontrollen. Zusätzlich müssen alle AMA-Gütesiegelbetriebe verpflichtend am Geflügel-Tiergesundheitsdienst teilnehmen und jeder Betrieb hat einen Betreuungstierarzt, der jede Mastpartie bzw. jeden Mastdurchgang begutachtet. 

Doch gerade für die Fleisch-Lieferkette ist das eine Katastrophe für das Image, das vor allem der Handel ausbaden muss. Wenn im Falle der Rewe Herkunft und Tierwohl besonders ins Rampenlicht gerückt werden, so sind Bilder und Berichte über besagte Geflügelmast natürlich ein Supergau. Der Konsument verliert das Vertrauen.

Dass Österreich sich nicht mit einem Heiligenschein in der Tierhaltung schmücken sollte, ist schon deshalb wichtig zu betonen, da die deutsche Tierhaltungskennzeichnung strenger ist, als die österreichische (Beispiel: in Deutschland sind Vollspaltböden bei Schweinen nicht erlaubt). Das ist auch ein Grund, warum manche deutsche Händler österreichisches Fleisch in den Regalen ablehnen oder manche Fleischverarbeiter aus Österreich deutsches Fleisch für den Export ins nördliche Nachbarland bei der Produktion verwenden müssen.

Diese groteske Situation ist hierzulande weitläufig nicht bekannt, da von seiten der Händler viel mit Tierwohl, Kennzeichnung und Herkunft positiv gearbeitet wird. Was jedoch wirklich dahinter steckt, bleibt oft im Hintergrund.

Ein Vorzeigebetrieb in Österreich ist die Firma Hütthaler, deren Zugang zum Tierwohl bis über die Grenzen hinaus bekannt ist. Es geht in Wahrheit um weit mehr als um Tiertransport, es geht um Haltung und schließlich Schlachtung. Und: nicht nur die Fleischproduktion ist betroffen, auch die Milchproduktion muss unter die Lupe genommen werden. Jede Kuh, die Milch gibt muss logischerweise wie Mutter Natur es vorgegeben hat ein Kalb geboren haben, das ihr schließlich recht schnell weggenommen wird. Leider steht dieses Thema sehr selten im Mittelpunkt der Berichterstattung, nur die Kälbertransporte ins Ausland lassen die Wogen hochgehen.

GS1 Trace und GS1 Sync

Dabei gibt es einfache und standardisierte Methoden, die Herkunft sowie Rückverfolgbarkeit transparent zu machen. Mit der Herkunft ist zwar die Haltung noch nicht überprüft, aber die Transparenz wird deutlich vereinfacht. „Mit dem Stammdatenportal GS1 Sync kann man die Herkunft eines Produktes nachweisen. Seit kurzem können auch Herkunftsinformationen, die nicht gesetzlich vorgeschrieben sind, abgebildet werden um auch den Trend zu mehr Regionalität zu unterstützen“, erklärt DI Christian Lauer von GS1 Austria. „Langsam aber stetig werden es mehr Lieferanten, die Herkunftsangaben mit dem Rückverfolgbarkeitsservice GS1 Trace chargengenau für den Konsumenten nachverfolgbar machen“. Technisch gibt es bei GS1 nahezu unendliche Möglichkeiten Informationen über ein Produkt zu sammeln, aber praktisch sieht die Situation anders aus. „Derzeit wird wieder eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung diskutiert“, so Lauer. Das Tool GS1 Trace ist vor allem im Bereich „Huhn“ ein wertvolles Werkzeug der Transparenz. „Nicht die Unternehmen, die GS1 Trace nutzen, werden mehr, aber die Artikelanzahl im Supermarkt wird größer“, so Lauer.

Herkunftskennzeichnung für Kantinenessen

In diesem Zusammenhang sorgt die jüngste Nachricht in Bezug auf Herkunft natürlich für Aufsehen: Die lange angekündigte verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei Kantinenessen kommt, sie bleibt aber vage und gilt nur für Fleisch, Eier und Milch. Sie soll Mitte 2023 in Kraft treten. Eine Verpflichtung für Gastronomen und Lebensmittelhersteller ist vorerst nicht vorgesehen, soll aber in einem weiteren Schritt umgesetzt werden.

Laut Ministerien werden etwa 3,5 Millionen Speisen täglich außer Haus konsumiert, davon entfielen 2,2 Millionen auf Speisen in Großküchen und Kantinen. Bundesweit gibt es rund 600 Kantinen und 42.000 Gastronomiebetriebe.

Gabriele Jiresch

 

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geschrieben am

22.12.2022