Vor Ort Report: Qualität beginnt am Weinstock
Leichte Brise, blauer Himmel, ein paar Wolken – das Wetter in Poysdorf und Umgebung, jenem Ort, der für die Sektgrundwein-Produktion hauptverantwortlich ist, präsentiert die Landschaft von seiner schönsten Seite.
1400 Hektar Rebfläche, einer der größten Weinorte des Landes und eine Weinhügellandschaft aus Löss- und Lehmböden, von schwer und fett bis leicht und sandig reichend: das ist die Sekt- und Weinstadt Poysdorf. Wenn ein Sekt eine rot-weiß-rote Banderole trägt, dann stammen die Trauben zu 100% aus Österreich, vornehmlich aus dem nördlichen Weinviertel. Die Winter versprechen die nötige Kälte, die Sommer sind schön warm, der Boden perfekt. Man wünscht sich kühlere Lagen, diese versprechen nämlich säurere Weine. Abkühlung kommt durch den Wind. Deshalb ist es im Laufe der Jahrzehnte wichtig, freistehende Traubenzonen zu forcieren.
„Allerdings spüren wir in den letzten Jahren auch hier, dass es im Durchschnitt wärmer wird und der Klimawandel einsetzt“, so Max Riegelhofer, einer der Hauptlieferanten für Sektgrundwein, speziell auch für das Haus Schlumberger. Die 100%ige Trauebengesundheit steht im Vordergrund, tiefere Wurzeln fördern mehr Wasser und sorgen auch dadurch für mehr Gesundheit. „Gesamt gesehen setzen wir auf die Natur und arbeiten mit ihr zusammen. Das beste Beispiel ist die Begrünung der Weinzeilen. Sie hilft gegen die diesjährige Mäuseplage“, so Riegelhofer.
In den letzten Jahren hat sich jedoch im Weinbau viel getan und man arbeitet mit den Sektproduzenten eng zusammen. „Vor etwa 30 Jahren hat der Weinbauer seine Trauben gelesen, dann haben wir uns als Sektproduzent den Grundwein ausgesucht. Das funktioniert in dieser Art heute nicht mehr. Es gibt Kontrakte mit Weinbauern und wir sprechen uns schon lange vor der Weinlese ab, wann diese stattfinden soll und vor allem auch welche Weinsorten im Trend liegen“, so Herbert Jagersberger, bei Schlumberger im Vorstand zuständig für Produktion und Einkauf. Und am wichtigsten ist, dass das Reglement der Stufenpyramide eingehalten wird.
Am 22. Oktober ist Tag des Österreichischen Sekts – ein wichtiger Tag für die Sekthersteller, denn sie bekamen in den vergangenen Jahren heftigen Gegenwind aus rechtlicher Sicht und schon viel länger aus produkttechnischem Blickwinkel: zum einen hat man 2014 die Schaumweinsteuer wieder eingeführt, ohne Prosecco oder Frizzante zu besteuern da diese aufgrund des niedrigeren Flaschendrucks zu Wein zählen. Und zum zweiten sind genau diese Getränke in der Wahrnehmung der Konsumenten stärker verankert, als man glauben mag.
Dabei hat Österreichischer Sekts soviel zu bieten: er kann sich mit den besten Sekten der Welt messen und seine Qualität ist oftmals überprüft. Um die einzelnen Qualitäten genau zu dokumentieren, hat man sich in der Branche dazu entschlossen, eine Stufenpyramide zu entwickeln. Diese „Österreichische Sektpyramide“ ist heute die Basis für viele Hersteller. Sofern Sekthersteller die Bezeichnungen „Österreichischer Sekt geschützten Ursprungs" in den Kategorien "Klassik“, „Reserve“ oder „Große Reserve“ auf den Etiketten anführen, ist die Einhaltung der jeweiligen Qualitätsparameter rechtlich verpflichtend. Ein Bundesamt für Weinbau und die Bundeskellereiinspektion prüfen die Einhaltung.
Wir haben es schon erwähnt: Klassik, Reserve und Große Reserve.
Klassik ist: Trauben aus einem Bundesland, Verarbeitung und Versektung in Österreich, mindestens 9 Monate Lagerzeit auf der Hefe, mindestens 12 Monate ab Ernte / Erstverkauf am 22.10. des Folgejahres, alle Methoden erlaubt, die zur Sekterzeugung geeignet sind, alles Stilistiken / alle Dosagen / alle „Farben“ (weiß, rosé, rot) erlaubt, Alkoholgehalt, der mit max. 12,5% Vol. am Etikett anzugeben ist, keine Lagenbezeichnung, keine nähere Herkunftsbezeichnung erlaubt, Jahrgangsbezeichnung erlaubt, Traubenverarbeitung nach dem Gesetz
Reserve ist: Ernte und Pressung in einem Bundesland, Trauben zu 100% aus einem Bundesland (als Weinbaugebiet), ausschließlich Traditionelle Flaschengärung, mindestens 24 Monate ab Ernte / Erstverkauf am 22.10. des dem Folgejahr folgenden Jahres (nach 2 Jahren), mindestens 18 Monate Reifung auf der Hefe, Ausbeutesatz 60% (Saft der Traubenmenge), Herkunftsbezeichnung Bundesland, keine Lagen-/Ortschaftsbezeichnung erlaubt, Jahrgangsbezeichnung erlaubt, ausschließlich brut und extra brut bzw. brut nature, weiß und rosé erlaubt, Handlese und Ganztraubenpressung
Große Reserve ist: Trauben aus abgegrenztem Gebiet / Gemeinde, mindestens 36 Monate ab Ernte / Erstverkauf 22.10. (nach 3 Jahren), mindestens 30 Monate auf der Hefe, ausschließlich Traditionelle Flaschengärung, Ausbeutesatz 50% (Saft der Traubenmenge), Lagenbezeichnung für angemeldete Rieden erlaubt, ausschließlich brut und extra brut/brut nature, Handlese (max. Schütthöhe 35cm), Pressung: Korbpresse oder pneumatisch, Grundweine weiß oder rosé (kein Vermischen/Verschneiden von rotem und weißem Wein). D.h. keine weißen Trauben für Rosé, Pressung im Gerichtsbezirk der Traubenherkunft / Mosttransport erlaubt, derzeit keine Eingrenzung des Alkoholgehalts nach unten oder oben, Ganztraubenpressung.
Die beliebtesten Sorten für Sekt sind: Grüner Veltliner, Chardonnay, Welschriesling und Weißburgunder. Seit neuestem auch Pinot Gris. Derzeit widmen sich in Österreich 114 Betriebe mit rund 500 Mitarbeitern der Herstellung von Sekt und Schaumwein. Weitere 3.000 Betriebe sind als Rohstofflieferanten (Trauben oder Grundweine) tätig. Zusammen erwirtschaftet die österreichische Sektbranche 55 Millionen Euro und sichert damit 1.300 Arbeitsplätze.
Weitere sehr erfreuliche Zahlen liefert eine Studie, die 2015 vom Sekthaus Schlumberger in Auftrag gegeben wurde. Demnach trinken 63 % aller Befragten lieber österreichischen Sekt als Champagner. Als Begründung wurden am häufigsten der Trend zu regionalen Produkten (50 %) sowie der bessere Geschmack (26 %) genannt. Für 71 % der Befragten ist es entweder "wichtig" oder "sehr wichtig", woher ihr Sekt kommt. Damit ist die Herkunft nach dem Geschmack (92 %) auf Platz zwei der wichtigsten Kaufkriterien, gefolgt vom Preis (62 %) und der Qualität (55 %). Äußerst positiv ist dabei das steigende Bekenntnis zu heimischen Sekterzeugnissen: Ganze 83 % der Befragten, denen Herkunft wichtig ist, bevorzugen Sekt aus Österreich, der damit Konkurrenzprodukte aus Italien (8 %) oder Frankreich (3 %) klar auf die Plätze verweist. Ein gutes Zeichen dafür, dass der Absatz von rund 22.000 Flaschen (2018) noch ausbaufähig ist.