Rewe Group Österreich: Stärkung des Standortes
Man hört immer wieder, dass die aktuelle Wirtschaftssituation für Unternehmen weltweit eine echte Herausforderung ist. Manche gehen schlechter und manche besser mit den Rahmenbedingungen um. Für die Rewe Group Österreich, die Tochter des deutschen Rewe-Konzerns, war das Jahr 2024 „herausfordernd, aber okay“, wie Vorstandsvorsitzender der Rewe International, Marcel Haraszti, im Bilanz-Gespräch sagt. Allerdings sind auch die Kostenentwicklungen der Inflation nachgelaufen.
Die Ergebnisse aus 2024
Die Rewe Group in Österreich mit Billa, Billa Plus, Penny und Bipa, dem Großhandel inklusive Adeg und der Touristik steigerte im Geschäftsjahr 2024 den Gesamtbruttoumsatz um + 4,8 Prozent auf 10,94 Mrd. Euro.
Im Lebensmittelhandel (Billa, Billa Plus, Penny, Großhandel inklusive Adeg) wurde ein Umsatzplus von + 3,9 Prozent erwirtschaftet, der Drogeriefachhandel (Bipa) legte um + 5,9 Prozent zu. „Die zwei wesentlichsten strategischen Schritte der letzten Jahre waren die Zusammenlegung von Billa und Merkur zu Billa und Billa Plus und die Entwicklung der Billa Kaufleute. Sie sind heute schon wirtschaftlich sehr gut unterwegs“, berichtet Haraszti. Die Adeg Kaufleute sind eine unverzichtbare starke Kraft vor allem im ländlichen Raum, während sich Billa Kaufleute auf die urbanen Zentren konzentrieren.
Vertriebsschienen in der Rewe Österreich
Billa (Billa und Billa Plus) hat sich 2024 mit einem Wachstumsplus von 3,8 Prozent in einem intensiven Wettbewerbsumfeld behauptet. Dabei ist sowohl die Eigenmarke (+6%), die Bio-Sortimente (der Sortimentsanteil bei Bio beträgt 12,3 % bei Billa und 12,8 % bei Billa Plus und bezieht sich auf Food inkl. Frische) und auch plant based gewachsen.
Die Billa Kaufleute verzeichnen ein Plus von 5%. Derzeit sind es 23 (Ende 2024), bis Ende 2025 sollen es 45 sein und bis Ende 2030 rund 200 Billa Kaufleute.
Penny Österreich steigerte den Umsatz 2024 um 3,5 Prozent. Der Markendiskonter mit einem Markenanteil von 55 Prozent ist zudem der einzige Diskonter Österreichs mit eigenem Fleischhauer. 280 Fleischhauer, davon 18 Frauen, sorgen bei Penny für handwerkliche Kompetenz und eine nachhaltige Verwertung nach dem Prinzip „nose to tail“.
Die 2024 getätigten Investitionen in das Filialnetz werden heuer deutlich intensiviert: Nachdem im Vorjahr 22 Märkte umgebaut und 9 neu eröffnet wurden, stehen 2025 neben 7 Neubauten auch die Erneuerung von 58 Märkten an. Diese Modernisierungsoffensive wird in den kommenden Jahren weiter fortgesetzt. Bis Ende 2027 soll das gesamte Filialnetz auf das neue Konzept umgestellt sein.
Bipa verzeichnete 2024 mit einem Plus von 5,9 Prozent auf über 968 Mio. Euro ein weiteres erfolgreiches Jahr. „2024 haben wir die Umsatzmilliarde knapp nicht geschafft leider“, was dem Team aber enormen Ansporn gebe, so Haraszti.
Das Rewe Großhandelsgeschäft mit der Belieferung der Adeg Kaufleute, den Tankstellenshops und Kooperationspartner konnte den Umsatz um 3,2 Prozent ausbauen. Im Jahr 2024 haben acht Neuzugänge die Marktposition nachhaltig gestärkt. Hybrid-Konzepte von Adeg Kaufleuten werden weiter ausgebaut.
Die Kooperation mit den Mineralölgesellschaften hat sich auch 2024 gut entwickelt – mittlerweile werden 632 Tankstellenshops (+24) mit den Co-Brandings Jet – „Billa Stop & Shop“, Shell – „Billa Unterwegs“, BP – „Billa Now“ und OMV „Billa Viva“ sowie „ADEG am Weg“-Tankstellen beliefert. Was passiert, wenn BP seine Standorte verkauft hat, wird sich weisen, aber die Verträge laufen vorerst ungehindert Veränderungen der Eigentümerstrukturen bei Tankstellen.
Die Reisebranche hat das Vorjahr sehr erfolgreich abgeschlossen. Der Gesamtumsatz der Touristikeinheit stieg 2024 um 39,0 Prozent auf 292,5 Mio. Euro. Verantwortlich für das beachtliche Umsatzwachstum ist einerseits die Insolvenz eines großen Mitbewerbers, andererseits der immer noch große Nachholbedarf nach den Jahren des erschwerten Reisens während der Pandemie.
In Kroatien, das von Rewe Group Österreich mitbetreut wird, gab es ein Plus von 17,2% mit 141 Standorten. Somit war Bipa Kroatien die wachstumsstärkste internationale Einheit der Rewe Group.
eCommerce im Aufwind
Zur 2024 erfolgten eCommerce-Neuausrichtung zählen die Partnerschaften mit foodora im QuickCommerce, eine Erweiterung des Click & Collect Angebots sowie eine bessere Lieferabdeckung des Billa Online Shops im Kerngebiet Ostregion. Der reine Online-Umsatz liegt „noch“ bei 114 Mio. Euro und rechnet sich wirtschaftlich noch nicht. Aber die Konsumenten verlangen die Art des Einkaufens immer mehr.
Sortimente
1,9 Mio. Kunden täglich bei Rewe Österreich und 10 Mio. Kunden pro Woche bei Billa „fordern“ ihre Sortimente. Die Mengen bei Eigenmarken, Bio und Tierwohl wachsen stetig, auch Frequenz und Warenkörbe gingen bergauf. „Billa bietet als einziger Lebensmittelhändler seit mittlerweile fünf Jahren ausschließlich Frischfleisch aus Österreich an und hat gleichzeitig bei Billa Plus das größte rein pflanzliche Sortiment des Landes mit mehr als 7.000 Produkten“, unterstreicht Marcel Haraszti. Tierwohl macht mittlerweile 52% Anteil am Fleischumsatz aus. Auch die Marke VegaVita ist um 46% gewachsen.
2800 regionale Lieferanten produzieren 94.000 österreichische Produkte für Rewe Österreich. Das bedeutet eine hohe Wertschöpfung, die man sogar beziffern kann: im Jahr 2024 haben heimische Produzenten mit Billa und Penny 2,7 Milliarden Euro erwirtschaftet.
Auch beim Thema Eigenmarken investiert man: 32,9% macht Billa mit der Eigenmarke – um 0,6% ist der Eigenmarkenanteil gewachsen. Das Umsatzwachstum der Eigenmarke beträgt 6% (inflationsbereinigt 4%). 45% ist der Eigenmarkenanteil bei Penny, was „bedeutet, dass Penny der Diskonter mit dem höchsten Markenanteil ist“, so Haraszti. Ja! Natürlich hat seine größten Fans im Bereich Milch (30%), Brot (42%) Gebäck (60%) oder Rindfleisch (28%).
Nicht zuletzt wird auch das gastronomische Angebot mit Convenience immer stärker, was man auch an der Weiterentwicklung des Formates Billa to go merkt. „Wir sind der größte Fast Food Händler Österreichs“, bemerkt Haraszti schmunzelnd.
Aktionsanteile sind hoch
Auch bei Rewe Österreich sind die Aktionen stark ausgeprägt, da ist man im Lebensmittelhandel nicht einsam. Der Aktionsanteil liegt bei 38,5% bei Billa und bei 43% bei Billa Plus. Dieses Level will man halten, damit es auch für den Händler ökonomisch bleibt.
Investitionen
Der Erfolg der Rewe Group ist eng mit den Investitionen in den Wirtschaftsstandort Österreich verbunden. Im Jahr 2024 hat die Rewe Group über 400 Millionen Euro in die Modernisierung von Filialen und in nachhaltige Maßnahmen investiert. In den kommenden drei Jahren wird eine Investitionsoffensive in Höhe von 1,5 Milliarden Euro am Standort Österreich folgen. Das ist eine der höchsten Summen, die in Österreich investiert werden. In den nächsten drei Jahren werden nur in bestehende Märkte 850 Mio. Euro investiert.
2025 stehen in Planung:
- Billa: 22 Neueröffnungen und 50 Umbauten
- Bipa: 10 Neueröffnungen und 31 Umbauten
- Penny: 7 Neueröffnungen und 58 Umbauten
Den Neueröffnungen und Umbauten stehen aber seit einigen Jahren auch komplett Schließungen gegenüber, vor allem dann, wenn sich Standorte vom Cash Flow her nicht rechnen. „Spannend ist, dass wir in Summe sogar die gesamte Fläche erweitert haben“, so Haraszti. Investiert wird in Zukunft stark in Billa to go-Märkte, in eCommerce, in Click&Collect, aber auch in Billa Corso-Standorte in Österreich.
Neben der umfassenden Modernisierung der Filialen liegt ein Schwerpunkt auf Investitionen in die Logistik, insbesondere in das Logistik-Zentrum in Wr. Neudorf. Hier ist die Neustrukturierung der Trockensortimentslogistik auf bereits bestehender, verbauter Fläche geplant. Ziel ist es, die langfristige Versorgungssicherheit insbesondere für Niederösterreich, Wien und das Burgenland zu gewährleisten und die Resilienz der österreichischen Lieferketten zu stärken. Allein dafür werden in den nächsten fünf Jahren 600 Mio. Euro veranschlagt. Damit handelt es sich um das größte Infrastrukturprojekt der Unternehmensgeschichte und gleichzeitig das größte Investment eines Privatunternehmens in Niederösterreich der letzten Jahre.
Das in Planung befindliche Logistikzentrum in St. Pölten soll eine Entlastung für die Frische-Sortimente in Inzersdorf werden. „Allerdings ranken sich um den Bau immer wieder Legenden. Fakt ist, das Logistikzentrum wird kleiner als kolportiert und es soll vor allem eines der nachhaltigsten Logistikzentren Österreichs werden“, so Haraszti.
Recht aus vielerlei Sicht
Die Zeiten haben sich geändert, das Thema Recht und Rechtssicherheit ist heute im Wirtschaftsleben zu einem Alltagsthema geworden. Dabei geht es um Regulierungen, Strafen, und Rahmenbedingungen. „Wir begrüßen die im Regierungsprogramm festgehaltene Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten für Nahversorger, die gänzlich digital oder in den Randzeiten digital und ohne Personal betrieben werden. Längere Öffnungszeiten entsprechen den Bedürfnissen der Kunden nach Einkaufsmöglichkeiten zu Randzeiten bzw. an Wochenenden und Feiertagen, gerade an hochfrequentierten Standorten”, sagt Marcel Haraszti. "Derzeit gibt es einen Selbstbedienungsmarkt (Billa Box) in Vösendorf und einen in Wiener Neudorf, ein weiterer wird am Verteilerkreis in Wien-Favoriten in den nächsten Wochen eröffnen. Auch Nahversorger im ländlichen Raum, die zu Kernzeiten mit Personal betrieben werden, würden von der Möglichkeit profitieren, ihre Märkte außerhalb der Kernzeiten ohne Personal offenhalten zu dürfen. Wir plädieren daher für rasche gesetzliche Umsetzung der Liberalisierung im Interesse unserer Kunden.”
Zum Thema Mercosur steht der Rewe-Chef neutral, es würde für Rewe in Österreich nicht viel ändern, da man Fleisch sowieso fast zur Gänze aus Österreich beziehe.
Was das Blut mehr in Wallung versetzt, ist die OGH-Entscheidung, dass die Rewe Group Österreich aufgrund der Nicht- bzw. Zuspät-Anmeldung einer Zusammenlegung in Linz 70 Mio. Euro Bußgeld gezahlt hat – exakt: die Strafe wurde schon bezahlt. Doch: das lässt die Rewe nicht auf sich sitzen, denn dieser OGH-Entscheid geht über Österreich weit hinaus und bedroht den Wirtschaftsstandort Österreich, sagt Haraszti. Die Planbarkeiten würden abnehmen und Online-Händler aus dem Ausland immer stärker werden. Es verunsichere Händler aus Österreich immer mehr. Deshalb hat die Rewe Group eine Individualbeschwerde beim EUGH eingereicht. Das Ende ist natürlich noch offen. „Fakt ist, dass wir uns von Strafen in unserem Tun nicht ablenken lassen“, so Haraszti abschließend.
