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Agrarreform: Zu früh zum Ausruhen

Agrarreform: zu früh zum Ausruhen

Die EU-Agrarminister haben sich am 21.10. auf eine Gemeinsame Agrarpolitik ab 2023 geeinigt.

Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU-Mitgliedsländer (GAP) steht seit Anbeginn der Europäischen Gemeinschaft an oberster Prioritätenliste der Politiker, Agrarier, NGOs und natürlich Mitgliedsländern sowie Bauern. 
GAP hat zwei wesentliche Säulen: Direktzahlungen, die seit 2006 von der Produktionsleistung entkoppelt sind und nur von der Größe der landwirtschaftlichen Fläche abhängen und vielfältige Maßnahmen im Bereich ländliche Entwicklung, Umwelt- und Klimaschutz. Die Planung und Umsetzung konkreter Programme findet auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene statt. Sie wird aus den Mitteln des EU-Haushalts auf europäischer Ebene finanziert und verwaltet.

Die Gemeinsame Agrarpolitik ist unter anderem deshalb so heftig diskutiert, da die einzelnen Länder sehr unterschiedliche Landwirtschaft betreiben. Hier alle unter einen Hut zu bringen bedarf harter Arbeit. Auch wenn nun mit Oktober die politische Einigung über die GAP bis 2023 beschlossen wurde, so heißt das noch ein großes Stück Weg bis dahin und viel Arbeit.

Wie der ehemalige bayrische Ministerpräsident schon sagte: "Selbst dann, wenn man eine rosarote Brille aufsetzt, werden Eisbären nicht zu Himbeeren", so kann man nun auch die Unterzeichnung sehen. Denn: zum einen weht ein heftiger Wind international gegen die Einigung: NGOs vermissen die echten Umsetzungen für Biodiversität und Umweltschutz (der WWF spricht von Katastrophe), die deutschen Grünen sprechen von einem "schwarzen Tag". 

Was will GAP?

Sie hat folgende Ziele:

  • Landwirtinnen und Landwirte unterstützen und die Produktivität in der Landwirtschaft verbessern, um eine sichere Versorgung mit bezahlbaren Nahrungsmitteln zu gewährleisten;
  • den Landwirten der Europäischen Union ein angemessenes Einkommen ermöglichen;
  • zur Bekämpfung des Klimawandels und zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen beitragen;
  • ländliche Gebiete und Landschaften in der EU erhalten;
  • die Wirtschaft im ländlichen Raum durch Förderung von Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft, der Agrar- und Ernährungswirtschaft und in den damit verbundenen Branchen beleben.
     

Die Praxis zeigt folgendes auf:

  • Trotz der Bedeutung der Lebensmittelerzeugung sind die Einkommen der Landwirte im Vergleich zu Einkommen aus nicht-landwirtschaftlichen Tätigkeiten rund 40 % niedriger.
  • Die Landwirtschaft hängt stärker von der Witterung und dem Klima ab als andere Wirtschaftszweige.
  • Zwischen der Nachfrage der Verbraucher und der Lieferung durch die Landwirte vergeht unweigerlich eine gewisse Zeit – Weizen oder Milch können nicht über Nacht erzeugt werden.
  • Landwirte sollen nicht nur kosteneffizient arbeiten, sondern auch nachhaltig. Gleichzeitig sollen sie unsere Böden und unsere Artenvielfalt erhalten.
     

Was wurde unterzeichnet?

Die Einigung des Rates sieht eine deutliche Steigerung der Umweltwirkungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vor.

Der Erhalt von Direktzahlungen ist zukünftig an höhere Umweltanforderungen gebunden. Mit einer verpflichtenden Ökoregelung und einer Mindestdotierung von 20 % für die Direktzahlungen wird dafür ein neues Instrument eingeführt. Allerdings können für die Mindestdotierung Leistungen, die über Agrar- und Umweltmaßnahmen der zweiten Säule erbracht werden, berücksichtigt werden.

Über bewährte Programme werden Bäuerinnen und Bauern auch künftig Mehrleistungen abgegolten.

Der GAP-Strategieplan

Die Gemeinsame Agrarpolitik soll zukünftig über sogenannte „Nationale GAP-Strategiepläne“ umgesetzt werden, wobei jeder EU-Mitgliedstaat einen gemeinsamen Strategieplan für die erste und zweite Säule erstellen muss. 

Direktzahlungen

Die Obergrenze für Direktzahlungen basierend auf dem Beschluss des Europäischen Rates am 20. Juli 2020 beträgt für Österreich 677,6 Mio. € pro Jahr (2023 bis 2027). 

Im Rahmen der gestärkten Konditionalität erfolgt eine Weiterentwicklung der derzeitigen Cross-Compliance-Regelung. Die bestehenden Greening-Anforderungen werden in weiterentwickelter Form in dieses System integriert. Gänzlich neu ist GLÖZ 2 (guter landwirtschaftlicher und ökologischer Zustand), der den Schutz von Feuchtgebieten und Torfflächen regelt. 

Weiter ausgebaut werden die Anforderungen hinsichtlich Pufferstreifen entlang von Wasserläufen (GLÖZ 4), Bodenbearbeitung bzw. Erosion (GLÖZ 6) Mindestbodenbedeckung (GLÖZ 7), Anbaudiversifizierung (GLÖZ 8) und Mindestanteil von bestimmten produktiven Flächen ohne Pflanzenschutzmitteleinsatz (GLÖZ 9).

Die bisherige Basisprämie wird durch die einheitliche Basiszahlung für alle beihilfefähigen Flächen abgelöst. Zukünftig sind dafür keine Zahlungsansprüche mehr erforderlich.

Zahlungen für Junglandwirte in der 1. Säule erfolgen weiterhin in Form einer jährlichen, entkoppelten Zahlung je förderfähiger Hektarfläche.

Ländliche Entwicklungen

Für die ländliche Entwicklung sind acht Interventionskategorien vorgesehen, im Rahmen derer die Mitgliedsstaaten Förderungsmaßnahmen definieren können. Die einzelnen Kategorien sind dabei sehr allgemein gehalten und ermöglichen den Mitgliedsstaaten ein sehr breites Spektrum an unterschiedlichen Maßnahmen und ein weitgehendes Fortführen des Status Quo. 

Mit diesen Rahmenbedingungen können das Agrarumweltprogramm ÖPUL und die Ausgleichszulage weiterentwickelt und zahlreiche Maßnahmen für biologische Landwirtschaft, Naturschutz und Tierwohl fortgesetzt werden.

Über eine Abgeltung für Weidehaltung, besonders tierfreundlichen Haltungssystemen, Stroheinstreu oder erhöhten Platzbedarf wird ein wesentlicher Akzent für tiergerechte Haltungsstandards gesetzt. 

Kleinere Bergbauernbetriebe mit großer Erschwernis sollen durch degressive Prämienzahlungen weiterhin entsprechend stärker unterstützt werden.

Sektorale Interventionen

Bestehende Beihilferegelungen wurden aus der einheitlichen Gemeinsamen Marktordnung (VO 1308/2013 übernommen. Neue Bestimmungen im Rahmen der Operationellen Programme betreffen u.a. die Anhebung von Mindestanforderungen hinsichtlich der Zielverfolgung, die Anhebung der Umweltauflagen und die Verlängerung der Programmlaufzeit.

Fakultativ können auch andere landwirtschaftliche Sektoren (z.B.: Getreide, Ölsaaten, Zucker, Fleisch) im Rahmen von Programmen gefördert werden.

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geschrieben am

22.10.2020