Tierwohl: Raus aus der Misere
Österreich hat bereits eine europäische Vorreiterrolle in Sachen Tierwohl, das wurde sogar von ‚World Animal Protection‘ im Vergleich mit 50 Staaten weltweit bestätigt. Grund dafür sind auch die zahlreichen Initiativen, die vom Lebensmittelhandel in Österreich forciert werden: FairHof (Hofer), Seleggt (Rewe), Tann schaut drauf (Spar), um nur einige wenige zu nennen. Nun wird die Vorreiterrolle weiter ausgebaut, Bundesministerin Elisabeth Köstinger ist hier federführend und hat die Vertreter aller teilnehmenden Branchen geladen. Gemeinsam mit dem Dachverband Nachhaltige Tierhaltung Österreich, der Landwirtschaftskammer Österreich und den Bundesländern wurde der „Pakt für mehr Tierwohl in der produzierenden Landwirtschaft“ unterzeichnet, der mehr Förderungen und höhere Fördersätze für Investitionen in tierwohlgerechte Haltung bringt.
Neue Fördersysteme bringen Investitionen in mehr Tierwohl
Mit diesem Pakt sollen Anreize für die Bäuerinnen und Bauern geschaffen werden, um in Zukunft noch stärker auf Tierwohl zu setzen. Ab dem Jahr 2021 stehen dafür 120 Mio. Euro für tierwohlgerechte Investitionen zur Verfügung. Konkret handelt es sich um Anreize für den Neu- und Umbau tiergerechter Ställe und eine Anpassung der Fördersysteme. Dadurch sollen etwa neue Förderstandards bei Ferkelaufzucht, Schweinemast und Rinderhaltung eingeführt werden. Gleichzeitig soll es ab 2022 keine Förderung mehr für den Neubau von Ställen geben, die nur den gesetzlichen Mindeststandards entsprechen.
Die Maßnahmen führen in Folge zu größeren Liegeflächen oder auch zu modernen Kühlmöglichkeiten. Zusätzlich wird der Fördersatz für Investitionen in besonders tierfreundliche Haltungen bei Schwein und Pute von derzeit 25 auf künftig 35 Prozent der Investitionssumme erhöht. „Das ist ein starker Anreiz, um bei Investitionen auf tierwohlgerechte Ställe zu setzen“, so Köstinger.
Kälbertransport durch österreichische Kalbfleischstrategie reduzieren
Die Produktion von Kalbfleisch in Österreich ist seit Jahrzehnten rückläufig; gleichzeitig steigen die Importe. Ziel ist, die Bedarfsdeckung aus regionaler Produktion zu erhöhen. Damit werden Kälbertransporte deutlich reduziert bzw. vermieden. Mit der Aufnahme der Qualitätsstandards „Vollmilchkalb“ und „Kalb rosé“ in das AMA-Gütesiegel und weiteren finanziellen Fördermaßnahmen soll die regionale Produktion von Kalbfleisch steigen und die heimische Bedarfsdeckung erhöhen.
Anreize statt Verbote
„Unsere Landwirtschaft produziert tagtäglich beste Lebensmittel nach höchsten Standards, das ist ihre Lebensgrundlage, die von den Menschen auch geschätzt wird. Tierfreundliche Haltungsformen gehören zu den ureigensten Interessen unserer kleinstrukturierten Landwirtschaft. Mit dem ‚Pakt für mehr Tierwohl in der produzierenden Landwirtschaft‘ setzen wir Anreize statt Verbote. Unser Ziel ist es, die Selbstversorgung zu sichern und gleichzeitig das Tierwohl in Österreich gemeinsam mit unseren Bäuerinnen und Bauern weiterzuentwickeln“, so Köstinger. „Die Konsumentinnen und Konsumenten wollen zunehmend regionale Produkte und tierfreundliche Haltungsformen. Das heißt aber auch, dass unsere Bäuerinnen und Bauern faire Preise für ihre Produkte bekommen müssen. Die Konsumenten entscheiden mit jedem Griff ins Regal, welche Art der Landwirtschaft sie wollen und unterstützen", richtet die Landwirtschaftsministerin einen Appell an die Konsumentinnen und Konsumenten.
Stimmen zum Vorhaben
Landesrat Josef Schwaiger: „Die Aufnahme der Qualitätsstandards Vollmilchkalb und Kalb Rose ins AMA Gütesiegel, aber auch die Bedarfsdeckung bei Kalbfleisch aus regionaler Produktion zu erhöhen, soll in der österreichischen Kalbfleischstrategie umgesetzt werden. Das bedeutet auch eine Reduktion bzw. Vermeidung von unnötigen und leidvollen Kälbertransporten."
Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich: "Während andere über Tierwohl reden, kommen wir mit dem Pakt vom Reden ins Tun und das begrüßen wir als Landwirtschaftskammer sehr. Eines ist klar, mehr Tierwohl kann nur mit den Bäuerinnen und Bauern funktionieren. Verbote sind ein unfairer Wettbewerbsnachteil, daher setzen wir auf Anreize. Die zusätzlichen Aufwendungen müssen aber den Bauern dauerhaft vom Markt bezahlt werden. Mehr Tierwohl verträgt sich auf gar keinen Fall mit Schleuderaktionen und Rabattangeboten im Handel. Denn höhere Standards in der Produktion verursachen höhere Kosten. Investitionsförderungen sind Anschubfinanzierungen. Mehr Tierwohl auf Dauer funktioniert nur in enger Partnerschaft mit Verarbeitung, Handel und Konsumenten, die bereit sind, ‚Ja‘ zu heimischer Qualität zu sagen, und diese auch angemessen zu bezahlen.“
"Tierwohl ist ein Trend, den vor allem die jüngere Generation vorgibt. Diese setzt sich immer mehr aus Menschen zusammen, die mehr über ihre Fleischprodukte erfahren möchten und diese bewusst und in Maßen konsumieren. Der Handel hat bereits mit Initiativen wie zum Beispiel „FairHOF“ und „Fair zum Tier“ reagiert. Eine Herausforderung liegt jedoch noch immer in der Preisgestaltung: Denn mehr Tierwohl bedeutet derzeit einen um 20 bis 30 % höheren Preis, den viele nicht bereit sind zu zahlen“, fügte Hannes Royer Obmann von Land schafft Leben und selbst Bergbauer hinzu.
Mehr Transparenz
"Die Eigenverantwortung der Konsumentinnen und Konsumenten kann entscheidend gestärkt werden, wenn auch heimische Produkte mit fairen Preisen klar ausgewiesen werden, wie dies im Lebensmittelhandel bereits vielfach der Fall ist. Daher wäre eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei verarbeiteten Lebensmitteln auch außerhalb des Handels der logische nächste Schritt, der vom Staat zu unterstützen ist. Entsprechende Vorschläge liegen auf dem Tisch. Neben der Herkunftskennzeichnung und vielen Tierwohl-Initiativen, die dem Konsumenten transparent gemacht werden, wird der österreichische Lebensmittelhandel auch weiterhin bei der Förderung von Tierwohl-Produkten und deren Absatz unterstützen - auch mit gezielten, sinnvollen Rabatt-Angeboten, um mengenmäßige Relevanz zu erzeugen", erklärt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes.
Stimmen aus dem Handel
"Wir begrüßen die Initiative der Bundesministerin für mehr Tierwohl, vor allem da Maßnahmen mit finanziellen Förderungen gekoppelt sind. Mit unserem 'Fair zum Tier'-Programm für Huhn, Schwein, Rind und Kuh bei Billa und Merkur gehen wir im konventionellen Bereich schon jetzt einen Schritt weiter und haben noch strengere Haltungsbedingungen wie offene Stallformen, Fütterung und Transport festgesetzt", so Marcel Haraszti, Vorstand Rewe International AG.
"Für die Konsumenten ist mehr Tierwohl sehr wichtig, darum ist jede Initiative, die mehr Tierwohl fördert, zu begrüßen", sagt Nicole Berkmann, Unternehmenssprecherin der Spar Österreichische Warenhandels-AG.
"Wir begrüßen die neue Initiative von Bundesministerin Köstinger für mehr Tierwohl, die damit unseren eingeschlagenen Weg und unser langjähriges, erfolgreiches Tierwohl-Engagement bestätigt. Im Rahmen unserer Exklusivmarken 'Zurück zum Ursprung' und 'FairHOF' haben wir eine branchenweite Vorreiterrolle eingenommen und setzen hohe Qualitätsmaßstäbe hinsichtlich Nachhaltigkeit, Regionalität, Förderung der kleinbäuerlichen Strukturen, fairen Marktverhältnissen und Tierwohl in Österreich. Tierwohl wird weiterhin einen wesentlichen Bestandteil unseres unternehmerischen Handelns darstellen und wir werden diesen Weg auch künftig konsequent weiterverfolgen", erklärt auch Horst Leitner, Generaldirektor der Hofer KG.
"Wir begrüßen die Initiative des Bundesministeriums, die ein deutliches Signal und eine Weichenstellung darstellt. Wir sind überzeugt, dass dieser Weg der richtige ist und die Voraussetzungen dafür schafft, mehr Tierwohl in die Regale und zu den Konsumenten zu bringen", bestätigt Alessandro Wolf, CEO der Lidl Österreich GmbH.
"Tierwohl ist nicht nur für die heimische Landwirtschaft ein zentrales Thema. Für immer mehr Konsumenten sind hohe Tierwohl-Standards ein kaufbeeinflussendes Kriterium. Auch wir im Großhandel setzen seit einigen Jahren verstärkt auf Produkte mit Tierwohl-Standards, die weit über den gesetzlichen Anforderungen liegen. Wir begrüßen daher die Initiative unserer Bundesministerin Köstinger und sehen darin einen wichtigen Baustein, um den Mehrwert der heimischen Lebensmittel zu Konsumenten und Gast in der Gastronomie zu transportieren“, so Top-Team Geschäftsführer und Transgourmet-Geschäftsleiter Manuel Hofer.