Merkur wird zu Billa Plus
von Michaela Schellner und Gabriele Jiresch
Das Ende der Vertriebsschiene Merkur ist besiegelt. In einer Pressekonferenz haben Marcel Haraszti, Vorstand Rewe International AG und Vorsitzender BMÖ, Harald Mießner, Vorstand BMÖ Vertrieb und Elke Wilgmann, Vorstand BMÖ Consumer heute die Umfirmierung aller Merkur-Standorte in Billa Plus bekannt gegeben und damit das bestätigt, was für Branchenkenner unter vorgehaltener Hand nicht nur propagiert, sondern schon längst fix war. Damit setzt der Handelskonzern mit Sitz in Wiener Neudorf einen weiteren wichtigen Meilenstein in Richtung definiertem Langfristziel bis zum Jahr 2023 sowohl die Nummer eins bei den Kunden als auch Wachstumsführer im LEH zu sein. Bisherige Maßnahmen der seit 2018 laufenden Re-Strukturierung waren zum Beispiel: eine gemeinsame Kundenkarte (Jö), eine Verwaltung, eine Zentrale, ein Außendienst. Zudem hat man sieben Regionen mit sieben Regionsdirektoren geschaffen sowie das Category Management und den Einkauf zusammengelegt. All diese strukturellen Veränderungen brachten dem Handelskonzern Einsparungen in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags, der nun auch in die Umstellung von Merkur in Billa Plus investiert wird. Die Gesamtorganisation, unter der künftig alle Billa- und Billa Plus-Märkte verwaltet werden, läuft unter dem Namen "Billa AG". Ganz generell sei 2020 gut für den LEH gelaufen; er habe schon profitiert, wie Haraszti untermauerte. Rewe Österreich ist im Umsatz um 6 % gewachsen. Aber: es gab Verlagerungen, zum Beispiel weniger Jausengeschäft, dafür mehr Vorratskäufe. Und man hatte aufgrund von Investments u.a. in die Sicherheit von Kunden und Mitarbeitern auch hohe Kosten im Jahr 2020.
Weiterer Fokus auf Investitionen und Expansion
Dennoch werden jedes Jahr - und damit auch heuer - rund 300-350 Mio. Euro investiert. Und man will auch in Zukunft weiter expandieren und deutlich wachsen. "Wir wollen 2024 auf Platz 1 stehen in Österreich", so Haraszti. Robert Nagele, für das Ressort Immobilien zuständig und seit 25 Jahren bei Rewe/Billa, erklärt: "Wir haben Kräfte gebündelt." Für das neue Filialnetz bedeutet die Umstellung auf Billa Plus: Die Grenzen zwischen den Immobilien sind weg, man kann flächendeckend denken. "Wir werden gemeinsam mit den Gemeinden in die Zukunft denken", so Nagele. 1.250 Standorte sind es nun aus beiden Formaten. Nagele weiter: "Nur eine Handvoll müssen wir uns genauer ansehen." Man will quantitativ und qualitativ wachsen. 35 neue Standorte sind im Plan für 2021, aber auch Optimierungen: 60 Standorte werden modernisiert.
Zu den Kaufleuten: Hier wird ebenfalls in einer Projektgruppe überlegt, wie es hier weiter geht. "Ich möchte nicht ausschließen, dass es auch hier Billa-Kaufleute geben wird", so Marcel Haraszti. "Aber jeden Schritt, den wir machen, machen wir nur mit Adeg gemeinsam".
Re-Organisation im Laufen
Erst im Sommer 2020 hat Rewe International also die Re-Organisation seiner Verwaltung verkündet und die Zentralorganisation Billa Merkur Österreich vorgestellt, die nun wie oben erwähnt als Billa Österreich unter das Dach der Billa AG wandert. Geleitet wird diese weiterhin neben Wilgmann und Mießner von Robert Nagele (Immobilien), Erich Szuchy (Category Management/Einkauf) und Michael Paterno (Insights). Alle fünf Vorstände berichten an Rewe International-Vorstand und BMÖ-Vorsitzenden Haraszti. Letztgenannter hat die Frage nach der Zukunft von Billa und Merkur als eigenständige Marken damals noch wie folgt beantwortet: "Wir planen derzeit keine Zusammenführung der Vertriebsschienen. Wir sehen aber deutliche Vorteile in der Zusammenführung in der Verwaltung."
Wenig überraschend
Die Vorteile einer Zusammenführung der Marken sieht man nun offensichtlich doch. Ins Bild passt auch der bereits vor dem Sommer 2020 gestartete Vertrieb der Billa Leistungsmarke in ausgewählten Merkur-Märkten unter dem Motto „Billa zu Gast bei Merkur“. Beim Umbranding gibt die Rewe International jedenfalls Gas, ab April sollen alle 144 Merkur-Standorte durch Billa Plus ersetzt werden. Merkur wird somit rasch Teil der Billa-Familie. Ab 1.500 m2 wird ein Markt auf Billa Plus gebrandet, wie lang der Prozess dauern wird, wollten die Vorstände nicht beantworten, es werde aber sehr schnell gehen.
Was bedeutet das für den Kunden? Nachvollziehbare Rabatte, punktgenaues Sortiment und ein weiterer Fokus auf Bio. Mit Billa-Bio bringt der Händler eine neue Brand on top zu Ja! Natürlich.
Dennoch: das Merkur Erlebnis bleibt. Das Einkaufserlebnis, der Marktcharakter und das Merkur-Team. Haraszti: "Beides zusammen ist mehr für den Kunden und Rewe sorgt mit der Unique Brand für mehr Aufmerksamkeit. Der Kunde kommt nicht zum Rewe-Konzern, sondern zu Billa und Billa Plus." Rewe verheiratet laut eigener Aussage das Beste aus beiden Welten. "Wir werden klarer nach außen zum Kunden". Eine Marke bedeute nicht, dass sich die Produkte künftig auch vom Inhalt her gleichen, dort könne man ganz im Gegenteil nun stärker differenzieren. "Aber es sei auch klar, dass man Kunden auch wieder neu gewinnen müsse.
Kundenorientiertes Agieren
Elke Wilgmann betont zur Umstellung: "Der Name ist nicht einfach vom Himmel gefallen, wir haben zahlreiche Umfragen durchgeführt und bei den Konsumenten hinterfragt, was sie sich wünschen. Plus steht für ein Mehr an Service und Sortiment". Es ändert sich also ein Name, aber das Markenerlebnis bleibt, betont auch sie. In einer ersten Welle wird das Logo umgestellt, grün bleibt als Farbe teilweise erhalten.
Statt bisher zwei Kampagnen, jeweils eine für Merkur und Billa, wird nun nur mehr eine gefahren. Somit werden die Budgets sowohl nach innen als auch nach außen gebündelt.
Eigenmarkenwelt
Diese Verschränkung gibt es mit der Brand "Billa" auch bei den Eigenmarken. Dadurch werden Kräfte frei, um Innovationen zu starten und den Mehrwert für Kunden zu kräftigen. Wie bereits erwähnt wird mit der neuen Eigenmarke Billa Bio eine neue junge Zielgruppe abgeholt, die Bio für jeden Tag bietet und damit gut in den Alltag zum Beispiel junger Familien integrierbar ist. Man startet mit etwa 130 Artikeln und baut weiter aus.
Auch die Kundenmagazine werden zusammengeführt zu "Frisch gekocht". Dadurch kann man die Themen Frische und Kochen stärker bedienen. Um die Fans des bisherigen Friends-Magazins abzuholen, soll es künftig aber auch maßgeschneiderte Billa Plus-Berichte geben.
Harald Mießner: "Wir gehen ab nun einen neuen Weg und werden dadurch auch modularer unter einer Marke. Die Anforderungen sind je nach Kundengruppe und Örtlichkeit unterschiedlich: Das Jausengeschäft ist anders als der Gourmet Tempel in der Stadt". Jetzt werden die Marktmanager und Marktmanagerinnen gestärkt. "Wir stehen durch die Modularisierung gerade jetzt noch mehr für die Nähe ".
Ad Digitalisierung: e Commerce wird nun auch für Billa und Billa Plus genutzt: click&collect sowie Online Shop.
Einkauf und Beschaffung
Es gab in den letzten Monaten auch eine Reorganisation im Rewe-Einkauf, wie retailreport.at bereits berichtet hat. Schwerpunktthemen werden sein: Frische, Bio, Innovationen, Regionalität und Kundenzufriedenheit. "Wir werden sehr darauf achten, mit welchen Produkten wir uns beim Verbraucher profilieren und differenzieren können. Und die Produkte müssen für uns profitabel sein", so Erich Szuchy. Man werde in Zukunft mehr mit den Partnern über die "win-win"-Situation diskutieren. Die Zulieferindustrie werde ab jetzt informiert, dramatische Veränderungen in Bezug auf die Eigenmarken-Lieferanten seien nicht zu erwarten. Szuchy: "Es gibt keinen Grund zu einer gesteigerten Sorge."
Maßgeschneiderte Aktionspolitik
Michael Paterno bezeichnet sich selbst als "Zahlenmensch" und freut sich das Ressort Insights zu leiten. Die Ansprüche der Kunden werden steigen, davon ist er überzeugt, und genau das soll in Zukunft stärker thematisiert werden. Die Kunden sollen sagen können "Mein Billa passt zu mir". Hier ist eine maßgeschneiderte Vorgehensweise wichtig: Welcher Standort passt zu welcher Lage? Welches Sortiment passt zu welcher Kundenstruktur? Im Ressort werden Erkenntnisse geschaffen mit Daten und Zahlen für maßgeschneiderte Lösungen.
Ad Aktionspolitik: "Wenn man einen kurzen Befund macht: Österreich ist ein aktionsintensiver Markt und wir haben als Rewe hohe Bereitschaft neue Ideen wie unter anderem die Rabattpickerl umzusetzen. Die Maßnahmen sind manchmal etwas zuviel geworden, deshalb wird es hier an manchen Stellen unkomplizierter und puristischer werden. Im Sinne: einfacher für den Kunden", so Paterno. Deswegen wird es auch eine gemeinsame Preis- und Aktionspolitik geben. Ganz nach dem Motto, nicht mehr gelbe oder grüne Aufkleber, sondern alles aus einem Guss. Paterno betont weiters: "Man muss aber dazu sagen, dass die Preispolitik bei den beiden Vertriebsschienen nicht so unterschiedlich war, wie viele denken."