Food Waste und Vermeidung zu Weihnachten
Jede Anstrengung etwas gegen Food Waste zu unternehmen ist wichtig. Denn weltweit landet ein Drittel aller Lebensmittel im Müll, obwohl sie essbar wären. Eine Vermeidung von Lebensmittelabfällen wäre sowohl für die Umwelt, aber auch für die Gesellschaft ein Gewinn. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „f.eh live im Talk“ diskutierte Elisabeth Sperr, MSc. mit Dr. Felicitas Schneider und Dominik Heizmann, MSc, über Lebensmittelverschwendung und ihre Folgen sowie Möglichkeiten zur Vermeidung. Der Großteil fällt in Haushalten an, gefolgt von Gastronomie, Produktion und Handel. Die Vereinten Nationen haben in den Sustainable Development Goals (SDG) die Halbierung der Lebensmittelabfälle bis 2030 als Ziel genannt. Diese Ziele stellen jedoch alle Beteiligten vor große, aber lösbare Herausforderungen. Bei der Umsetzung der verbindlichen Reduktionsziele sind nun die nationalen Gesetzgeber gefragt, mit angemessenen Rahmenvorgaben und Maßnahmen den Weg vorzuzeigen, um Abfälle und Verluste zu reduzieren.
Gründe für Verschwendung
Die Gründe für die Verschwendung sind dabei vielfältig, sagt Dominik Heizmann: So sind am Beginn der Wertschöpfungskette – in der Landwirtschaft – Vermarktungsnormen, Vorgaben des Handels, unerwünschte Mischsorten nach dem Ausbringen neuer Sorten am Feld sowie niedrige Marktpreise anzuführen. Auf Konsumenten- und Haushaltsseite sind fehlende Einkaufsplanung, spontaner Außer-Haus-Verzehr sowie Kauf und Zubereitung zu großer Mengen ausschlaggebend. In der Gastronomie führen häufig große Portionen und in der Gemeinschaftsverpflegung unflexible Menüportionierungen sowie fehlende Wählbarkeit zu Food Waste. Brot und Backwaren sowie Obst und Gemüse machen mengenmäßig den größten Anteil an der heimischen Verschwendung aus. Zu bedenken ist jedoch, dass tierische Produkte wie Fleisch und Fleischwaren ressourcenintensiver hergestellt werden und daher in Hinblick auf die ökologischen Auswirkungen auch bei kleinen Mengen stärker ins Gewicht fallen.
Genauso vielfältig wie die Gründe sind auch die Maßnahmen zur Vermeidung von Food Waste. Die Experten nennen dazu im Webinar einige Beispiele:
- Eine langfristige, aber effiziente Maßnahme ist eine umfassende Ernährungs- und Verbraucherbildung in Schulen, für die sich das f.eh und die beiden Experten stark machen. Sie schafft Bewusstsein für den Wert von Lebensmitteln und vermittelt unter anderem das Wissen und die Fertigkeiten für eine überlegte Planung des Einkaufs, die richtige Lagerung, die Zubereitung von Mahlzeiten sowie die Verwertung von Essensresten. So sollen etwa Lebensmittel nach dem Prinzip „First in – First out“ eingelagert werden – also das frische Produkt sollte im Fach zurück, damit ältere vorher verwendet werden.
- Auch beim Mindesthaltbarkeits- und Verbrauchsdatum fehlt oft das nötige Wissen bei den Konsumenten. Lebensmittel werden häufig weggeworfen, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum („mindestens haltbar bis…“) überschritten ist. Dabei sind diese Produkte nach einem aufmerksamen Test mit allen Sinnen – sehen, riechen, schmecken – oft noch länger genießbar. Nur beim Überschreiten des Verbrauchsdatums („zu verbrauchen bis…“), das z. B. bei Frischfleisch und -fisch angegeben ist, ist jedenfalls von einem Verzehr abzusehen.
- Seitens der Produzenten und des Handels nennt Felicitas Schneider als Anknüpfungspunkte die Beschaffenheit und Größe von Gebinden als Maßnahme. Das Greifen zu großen Packungen bzw. Aktionspackungen ist oft ein Grund für vermeidbare Abfälle – gerade in Ein- und Zweipersonen-Haushalten. Kleinteiligere Verpackungen unterstützen hier den situativen Konsum.
Weihnachten: Hochsaison der Lebensmittelverschwendung
Zu Weihnachten werden am meisten Lebensmittel im Jahresvergleich weggeworfen. Too Good To Go, die App gegen Lebensmittelverschwendung, ging der Sache nach und hat das Land befragt, wie es zu Weihnachten rund um unsere Köstlichkeiten zugeht.
Zwei Annahmen haben sich dabei gleich bestätigt: Die Österreicher schätzen an Weihnachten am meisten die Zeit mit ihren Liebsten (59 %). Und um diese glücklich zu stimmen, kochen 83 % das Weihnachtsessen selbst.
Bei der Umfrage gaben über die Hälfte der Österreicher an, dass sie Weihnachten mit durchschnittlich fünf bis acht Personen feiern. 38 % der Befragten sagen, dass sie für die Feiertage immer mehr einkaufen, um sicher zu sein, dass genug da ist. Auffallend ist, dass die jüngeren Umfrageteilnehmer mehr zum Überkauf neigen; je älter sie werden, desto akkurater schätzen sie ihre Mengen ein.
Daher ergibt sich in Folge auch eine größere Menge, die nach den Feiertagen übrig bleibt. 80,4 % der Befragten gaben an, dass ihnen zu Weihnachten Essen über bleibt – einem Drittel sogar deutlich mehr.
Too Good To Go wollte anschließend wissen, was mit den Resten passiert. Hier die erfreuliche Nachricht: 69 % verarbeiten die Überschüsse zu neuen Mahlzeiten. Leider reicht dieser Einsatz nicht aus, denn 72,5 % werfen Lebensmittel nach Weihnachten in die Mülltonne. Nur ein Viertel kann behaupten, dass nichts verschwendet werden muss – auch hier zeigt sich, je älter die Befragten, desto weniger geben sie an, wegzuwerfen.
Zu viele Weihnachtskekse trotz Teuerungen
Nachdem zu Weihnachten überdurchschnittlich viele Lebensmittel weggeworfen werden, wollte Too Good To Go wissen, welche denn im speziellen den Weg in die Tonne finden. Als klarer Spitzenreiter zeigten sich in Österreich Süßigkeiten allen voran Weihnachtskekse (41 %), die gefolgt von Beilagen, Fleisch, Brot und Gebäck am häufigsten übrig bleiben. „Reste können in vielen Fällen weiterverarbeitet werden, so eignet sich altes Brot beispielsweise ideal für Semmelbrösel”, empfiehlt Georg Strasser-Müller, Country Director Too Good To Go Österreich und Schweiz.
Die Teuerungen haben dabei keine Auswirkungen auf die eingekauften Mengen. 84 % der Befragten erhöhen ihr Budget für Lebensmittel sogar rund um die Feiertage. Wenn die Österreicher sparen, dann laut Umfrage am ehesten bei Delikatessen und alkoholischen Getränken.
Wichtiger unverzichtbarer Nebeneffekt
Die Anpassung der Portionsgrößen ist laut WHO, der OECD und dem McKinsey Global Institute die Maßnahme mit dem höchsten Impact und der besten Kosteneffizienz im Kampf gegen Übergewicht und auch Lebensmittelverschwendung „Eine Reduzierung der Portionsgrößen hat positive Nachhaltigkeits-und Gesundheitseffekte – nämlich weniger Food Waste und ein geringeres Risiko für Übergewicht und Adipositas –und leistet so einen Beitrag für die Transformation des Ernährungssystems. In Public-Health-Strategien sind Portionsgrößen jedoch noch kein Thema. Hier dominieren Fiskalmaßnahmen, Verbote, Rezepturänderungen und erweiterte Kennzeichnungsmodelle den Diskurs. Für einen gesellschaftlichen Wandel braucht es zudem eine umfassende Ernährungs- und Verbraucherbildung, die die notwendigen Kompetenzen vermittelt und dafür sorgt, dass wir dem kulturellen Setting und dem Essen mehr Beachtung schenken“, so Marlies Gruber, Geschäftsführerin des forum. ernährung heute (f.eh), beim „f.eh im Dialog“ zum Thema „Portion Size Matters: Reden wir über Portionsgrößen“.
Essen mehr Bedeutung geben
Christoph Klotter von der Hochschule Fulda sieht ein wesentliches Problem im Delegieren von Verantwortung, wenn etwa Werbung oder Portionsgrößen für das eigene Essverhalten verantwortlich gemacht werden. Er appelliert, nicht die Schuld bei der Gastronomie oder Industrie zu suchen, sondern zu verstehen, warum Menschen große Portionen wollen. Das liegt an der unbewusst omnipräsenten Angst zu verhungern und der evolutionären Programmierung, mehr zu essen, wenn genug verfügbar ist. In der Überflussgesellschaft jedoch sind adäquate Portionen auf Basis von Ernährungskompetenz (Food Literacy) und lustvoller Selbstregulation zu schaffen. Klotters Credo lautet daher: Essen wieder als elementaren Teil des Lebens begreifen und das Zeitmanagement anpassen, Essen gemeinsam zubereiten und verzehren sowie den Genuss wieder als Lebenskunst zelebrieren.