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Transgourmet im Krisenmodus

Transgourmet im Krisenmodus

Man rechnet mit Umsatzeinbußen, nicht nur kurzfristig.

Thomas Panholzer, Geschäftsführer von Transgourmet Österreich, redet in seinem Statement, das er zu Beginn dieser Woche gegenüber retailreport.at abgab, Klartext: “Wir rechnen quer über alle Kundenschichten mit bis zu  70%  Umsatzeinbußen - und das nicht nur kurzfristig. Wir müssen realistisch davon  ausgehen, dass sich die Situation erst im Sommer wieder entspannen wird." Aus diesem  Grund meldete Transgourmet per 23. 3.  1680 seiner insgesamt 1800 Mitarbeiter für vorerst drei Monate zur Kurzarbeit an. 

Aufgrund seiner Kundenstruktur ist Transgourmet von den Umsatzausfällen infolge der Corona-Pandemie und den notwendigen Maßnahmen zu deren Eindämmung besonders betroffen. Laut Geschäftsbericht 2019 erzielt das Unternehmen 67% seines Gesamtumsatzes (616 Millionen Euro im Jahr 2019) im Zustellgroßhandel mit der Gastronomie und  mit Großverbrauchern. In diesen Wochen ist das Geschäft mit den Gastwirten und der Hotellerie  aufgrund der angeordneten Schließungen praktisch auf Null heruntergerasselt. “Auch die Großverbraucher und  die Betriebe der Gemeinschaftsverpflegung beziehen – Stichwort: Home Office – Ware nicht im gewohnten Umfang“, merkt Panholzer an. Er befürchtet auch, dass sich im Sommer die Situation in der Gastronomie und Hotellerie nur sehr langsam erholen wird. “Wir  beurteilen die Entwicklung von Tag zu Tag neu.“ 

Begrenzte LEH-Optionen

Die Möglichkeiten, durch Lieferungen an den LEH verlorene Gastro-Umsätze zu kompensieren, sind  für Transgourmet sehr beschränkt. Panholzer: “Wir beliefern  den klassischen LEH nicht. Kleinere Händler, die wir beliefern, betreiben oftmals selbst auch Gastronomie und sind daher selbst von der Schließung betroffen“. Bleibt als  bescheidener Umsatz-Rettungsaktion die per 19.3. vorgenommene  Öffnung der  13 unternehmenseigenen  Abholmärkte für Konsumenten. Die Genehmigung dazu wurde am 18.3. von den Behörden erteilt. In dieser Woche läuft die Aktion „Minus 20% auf das  gesamte Frischwarensortiment (Obst, Gemüse, Molkereiprodukte, Fleisch, Wurst)“. Das Frischwarenangebot umfasst neben den Gebindegrößen für Großverbraucher auch Waren in kleineren Verpackungseinheiten. Seit  23.3. gelten neue Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 7.30 bis 16.00 Uhr, Samstag 7.30 bis 12.00 Uhr. Und natürlich werden auch die strengen Hygienerichtlinien im Checkout-Bereich strikt eingehalten.

Betriebswirtschaftlich stellt die Aufrechterhaltung des Gastro-Zustellservice  das Unternehmen vor große Herausforderungen. Wie Panholzer betont, bleibt die Belieferung  der Gastro-Kunden für die Eigenversorgung  der Betriebe voll aufrecht. Umsatzeinbußen und Kurzarbeit verlangen tief greifende Änderungen in der Tourenplanung: Auch gilt es, die Warenverfügbarkeit trotz des stark geschrumpften Umsatzvolumens an allen  Standorte sicher zu stellen. “Wenn nötig, intensivieren wir den internen Warenverkehr“, erklärt Panholzer. 

Einen wichtigen Support zur Krisenbewältigung leistet die Konzernmutter Coop Schweiz. Wie Kai Müller, Leiter Unternehmensmarketing  bei Transgourmet Deutschland gegenüber einem GV-Fachmedium bekannt gab, wurde von Coop eine eigene  Corona Taskforce eingerichtet. Per Telefonkonferenz tauscht man sich täglich – auch am Wochenende – über  die aktuelle Entwicklung  aus. Eine D-A-CH-Connection, die gerade im alpinen Gastro- & Touristik-Business Sinn macht.  

Durchstarten mit PUR im Herbst

Wenn die ärgsten Monate vorbei sind, will Transgourmet im Herbst durchstarten. Den Auftakt sollte die Messe PUR setzten, die heuer, statt im April, am 28. und 29. September im Messezentrum Salzburg über die hoffentlich dann schon Corona-freie Bühne gehen soll. In den vergangenen Jahren hat sich die PUR zur Begegnungs- und Informations-Drehscheibe zwischen den Lebensmittel- und Getränke-Lieferanten und tausenden Transgourmet-Kunden  aus der Gastro-Szene entwickelt.

Quo vadis, Gastro-Großhandel?

Noch im Februar dieses Jahres hat die Trauner Geschäftsführung anlässlich der Präsentation der Jahresergebnisse 2019 große Expansionspläne angedeutet. Man wolle sich 2020 besonders auf das Wachstum in Form von neuen Standorten, wie etwa in Tirol, im Salzburgischen Pinzgau sowie in Niederösterreich und im Westen Wiens konzentrieren, hieß es damals. Auch wenn jetzt die Bewältigung der Corona-Folgen alle Kräfte beansprucht, schon bald könnten in der Branche strukturelle Veränderungen einschließlich Firmenübernahmen anstehen. Und für diesen Fall ist die Transgourmet-Gruppe als zweitgrößtes Foodservice-Unternehmen Europas (Jahresumsatz 2019: 9,7 Mrd. Franken) mit seiner starken Konzernmutter Coop Schweiz finanziell solid aufgestellt. Hierzulande würde freilich die Bundeswettbewerbsbehörde allfällige Konzentrationstendenzen im Gastro-Großhandel aufmerksam verfolgen und speziell auf den Gastro-GH-Marktführer Transgourmet ein wachsames Auge werfen.      

Bericht : Dr. Hanspeter Madlberger

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geschrieben am

27.03.2020