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Mehrweg – keine Verpackung, sondern ein System

Mehrweg – nicht Verpackung, sondern System

Vom Logistikverbund-Mehrweg (L-MW) ist man gewohnt, dass die heißesten Nachhaltigkeits-Themen angegriffen werden – nun geht es um Mehrweg 2 go.

In Österreich werden pro Tag 800.000 Einweg-Kaffeebecher verwendet – das macht 300 Millionen im Jahr. Insgesamt landen rund 680 Millionen Einweg-Verpackungen für Speisen und Getränke pro Jahr im Müll. Die meisten von ihnen sind schlecht zu recyclen, weil sie aus Verbundmaterialen bestehen. Die Haupt-Inverkehrbringer der Einweg-Verpackungen sind Gastronomie, Lieferdienste, Bäcker, und auch Lebensmittelhändler.

Ein Fall für L-MW

Um hier eine Vereinheitlichung und auch eine Mehrweg-Variante zu schaffen, hat sich der Logistikverbund-Mehrweg, der unter der GS1 Austria Flagge firmiert, das Ziel gesetzt das „Problem“ zu einem „Thema“ zu machen. Ende Jänner haben beim Kick-Off der L-MW Arbeitsgruppe „Mehrweg 2 go“ Anbieter von Mehrweg-Systemen ihre ersten Lösungen präsentiert, um eine Standardisierung zu schaffen. Anbieter sind etwa RECUP & REBOWL, Vytal, MY COFFEE CUP im Automatenbereich, and-less, CUP SOLUTIONS sowie Sykell. In dieser ersten Sitzung einigte man sich auf eine Fortführung der Aktivitäten, um in absehbarer Zeit eine Vereinheitlichung im Sinne der Nachhaltigkeit zu schaffen. L-MW ist Hauptkoordinator des Projekts. Und: es geht um eine endgültige und umfassende Definition von Mehrweg in diesem Bereich. Es geht in der L-MW Arbeitsgruppe um Getränkebecher, aber auch Mehrwegbehälter für Speisen Take Away in der Gastronomie. Denn: ab 2028 gilt laut PPWR EU-weit eine Mehrweg-Angebotspflicht.

Aktivitäten in der Umsetzung

Bisher dabei sind Lebensmittelhändler wie Spar, Rewe und Denns besonders an dem Thema „Mehrweg 2 go“ interessiert. Denns BioMarkt arbeitet bereits mit dem Unternehmen RECUP & REBOWL zusammen.

Tchibo ist mittlerweile seit einigen Jahren aktiv: Tchibo bietet den Coffee to go im erworbenen oder selbst mitgebrachten Mehrwegbecher an und gibt dafür einen Preisnachlass von 20 Cent. In den Wiener und Salzburger Tchibo Filialen sind alle Kaffeespezialitäten im Mehrwegbecher MY COFFEE CUP für einen Euro Pfand erhältlich.

Das Mehrweg-Projekt lebt in jedem Fall vom Retournieren der einheitlichen Becher an allen Vertriebsstätten. Aber Mehrweg ist eben keine Verpackung, sondern ein System. Es geht um weit mehr als Rücknahme. Es geht um die Logistik und Reinigung der Becher. Tankstellen (rund 1230 in Österreich), Bäckereien, Kioske, Gastronomie und System-Gastronomie sind hier ebenso betroffen, wie der Lebensmittelhandel.

Wo gibt es Pioniere?

Die Hersteller von wiederverwendbaren Bechern, wie eben das Unternehmen RECUP & REBOWL, arbeiten auch in Österreich bereits mit Kunden zusammen, beispielsweise Denns BioMarkt. In Deutschland ist die Hofpfisterei aus München ein Vorreiter. Seit Juni 2019 wurden die Einweg-Pappbecher in den Filialen mit Kaffeeausschank der Hofpfisterei ausgelistet. Ersatz hat die Hofpfisterei in den nachhaltigen Mehrwerg-Pfand-Becher der Firma RECUP & REBOWL gefunden. Deren Becher schaffen mindestens 500 Spülgänge, werden im Allgäu hergestellt und recycelt und sind natürlich lebensmittelecht, frei von BPA und Schadstoffen. Damit ist das Mehrweg-Becher-System eine logische Ergänzung zur Strategie der Verpackungsreduzierung. Die Hofpfisterei erarbeitet derzeit Konzepte, wie sich der Mehrweg-Gedanke auch auf andere Verpackungen in den Filialen ausweiten lässt.

Tübinger Verpackungssteuer

Dass das Thema immer mehr für Aufmerksamkeit sorgt, zeigt auch der deutsche Ort Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die Tübinger Verpackungssteuer gebilligt. Mit einem erst vor kurzem veröffentlichten Beschluss wies das Gericht die Verfassungsbeschwerde eines Tübinger McDonald's-Restaurants zurück. Die von der Gemeinde erhobene Abgabe auf Einwegverpackungen, -geschirr und -besteck für Mitnahme-Lebensmittel sei als örtliche Verbrauchsteuer“ zulässig, zumal der Gemeinde aufgrund der Entsorgung der Müllberge erhöhte Kosten entstehen. Diese Steuer wird in Tübingen seit Anfang 2022 auf Einwegverpackungen für Lebensmittel zum Mitnehmen erhoben – also etwa auf Kaffeebecher, Pommesschalen oder Plastikbesteck. Zahlreiche deutsche Gemeinden wollen diesem Beispiel folgen.

Die Auswirkungen zur Tübinger Verpackungssteuer sind positiv: die Zahl der Gastronomen, die Speisen und Getränke in Mehrwegverpackungen ausgeben, hat sich vervierfacht. Der Einwegverpackungsmüll ist deutlich zurückgegangen. Im Jahr 2022 hat die Verwaltung 189 Steuerbescheide mit einem Volumen von 1,01 Millionen Euro verschickt. 800.000 Euro flossen bis jetzt ins Stadtsäckel.
Für das Jahr 2023 wurden noch nicht alle Betriebe veranlagt. Bislang wurden 124 Bescheide mit einem Volumen von 730.000 Euro verschickt. Davon konnten 600.000 Euro bereits verbucht werden.
Die Einnahmen aus der Verpackungssteuer werden in Tübingen für die Beseitigung des Mülls im Öffentlichen Raum sowie für ergänzende Umweltschutzmaßnahmen reinvestiert.

Man sieht – Mehrweg ist auch in Zukunft in aller Munde, denn „Mehrweg ist Klimaschutz“.

Mehrweg ist Klimaschutz

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geschrieben am

12.02.2025