Hofer: Umsätze 2020 - kein Anlass für Jubel
von Dr. Hanspeter Madlberger
Die Aldi Süd-Vorzeigetochter meldete dem retailreport.at für 2020 einen Umsatz von 4,6 Milliarden €, das sind um 300 Millionen € mehr als 2019. Ein Plus von 7%. Laut GfK erreichte Hofer damit einen LEH-Marktanteil von 20,3%. Geht man davon aus, dass der LEH-Gesamtmarkt 2020 um mehr als 10% wuchs (Nielsen nennt eine Plus-Rate von 10,1%), dann ist Hofers 7%-Wachstum deutlich unterproportional, der 300 Mio. €-Zuwachs somit kein Anlass für Jubel.
Nielsen weist für Hofer/Lidl ein Plus von rund 400 Mio. € aus, das Verhältnis 3:1 deutet darauf hin, dass Konkurrent Lidl, der hierzulande rund ein Viertel des Hofer-Umsatzes stemmt, im Corona-Jahr 2020 etwas besser abgeschnitten hat als das Discounter-Urgestein. Fazit: Hofer hat bisher im Wettbewerb mit einer mächtig expandierenden Spar zwar etwas weniger Marktanteil eingebüßt als die Rewe, aber etwas schlechter abgeschnitten als Lidl. Krise sieht dennoch anders aus. Man darf allerdings annehmen, dass im letzten Jahr, Corona-bedingt, Nonfood-Umsätze von Hofer zu Interspar gewandert sind.
Expansionsschwerpunkt 2021: Vergrößerung bestehender Märkte
Hofers Käuferreichweite hat de facto ihren Plafond erreicht. 90% aller österreichischen Haushalte können (mit dem Auto) innerhalb von 15 Minuten eine der mehr als 530 Hofer-Filialen erreichen. Eine weitere Verdichtung des Ladennetzes erfolgt daher nur in Ausnahmefällen. Nämlich dann, wenn weiße Flecken mit sinnvollem Potential (Hofer-Statement im O-Ton) diagnostiziert werden. Priorität hat hingegen die Umsetzung des neuen Ladenkonzepts mit größerer Verkaufsfläche, breiteren Gängen und mehr Auswahl im Frischebereich. Ja, auch eine Wohlfühlatmosphäre, die das Einkaufserlebnis der Kunden steigert, steht auf der Grading-up-Agenda der Sattledter.
Nicht nur beim Storedesign, sondern auch in der Parallelwelt des Internet-Retailing gibt die deutsche Mutter dem Hofer-Management häufig den Takt vor. Noch liegt der Schwerpunkt beim Online-Verkauf von Nonfood-Gebrauchsgütern.
Der Web Shop HOFER Liefert, bislang spezialisiert auf die frei Haus-Zustellung sperriger Güter wie Gartenhäuser, Infrarot-Saunen und E-Bikes soll ausgebaut werden. Hofers stark aktionsgetriebenes Nonfood-2-Geschäft läuft vermutlich in Corona-Zeiten unter dem Einfluss der Amazon-Offensive längst nicht mehr so rund wie früher. Da besteht Handlungsbedarf. Ein Frischwaren-Verkauf über Online aber wird zur Zeit noch dezidiert ausgeschlossen. Im Fokus stehe für Hofer die sinnvolle Verknüpfung des digitalen Angebots mit etabliertem Filialverkauf, wodurch das ganzheitliche Einkaufserlebnis weiter gesteigert wird, so heißt es in der Stellungnahme.
Megatrends 2021: Discount und Nachhaltigkeit
Zwei Megatrends prägen auch im LEH-Discount-Sektor den Wettbewerb 2021. Die Corona-Wirtschaftskrise lässt das Heer der Preiskäufer anschwellen, klimabesorgte Shopper gieren nach umweltverantwortlich produzierten Lebensmitteln. Logische Folge: Hofer setzt im Match mit dem Erzrivalen Lidl und den vollsortierten Marktbegleitern Spar und Rewe heuer auf sein Preisführer-Image (siehe TV-Werbe-Sitcom mit dem Hofer-Preis) und auf eine verstärkte, breit angelegte Öko-Themen-Führerschaft.
Beide Marketing-Disziplinen werden mit Eigenmarken (die bei Hofer Exklusivmarken heißen) bespielt. Weil aber alle Big Player der Branche, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität, dieselbe Doppelstrategie mit ihren jeweiligen Private Label-Programmen fahren, steht Österreichs LEH heuer und in den kommenden Jahren im Zeichen einer "Alpinen Handelsmarken-Kombination" von wertvernichtender Schleuder- und wertsteigernder Good-Öko-Guy-Performance.
Vom 1500 Artikel umfassenden Hofer-Standardsortiment (Nonfood- und Food-Aktionsposten sind da nicht mitgerechnet) entfallen 90% also ca. 1350 SKU auf Exklusiv-Eigenmarken, die restlichen 150 auf unverpackte Produkte (Obst & Gemüse) und Markenartikel. Industrie-Verkäufer registrierten in letzter Zeit in den Hofer-Märkten einen Rückgang der Markenartikel-Dauerlistungen. A-Marken werden nur in wenigen Packungsgrößen angeboten, traditionell umfangreich ist das Sortiment an großen Süßwaren Brands.
Unsere Exklusivmarken werden gemeinsam mit den Lieferanten ausschließlich für uns entwickelt und gemäß unseren eigenen Anforderungen produziert. Die Konsequenzen dieser Ansage für Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie und Lebensmittelhandwerk sind weitreichend. Gerade für Öko-Produkte in Premium-Qualität fährt, so wie bei der Konkurrenz, der Zug in Richtung Vertragsanbau und händlergesteuerte Innovation. Die hierzulande so häufig antreffende Zweigeleisigkeit von Herstellermarken- und Handelsmarkenproduktion (Markenverbände in der EU sprechen von "Sleeping with the Enemy") wird damit einem brutalen Stresstest unterzogen.
Klimaneutralität bei Hofer im Doppelpack
Zweigleisig fährt Hofer beim Öko-Marketing. Die Hausmarken Zurück zum Ursprung (Z.z.U.) und FairHOF verfolgen jeweils eine pointierte Komplementärstrategie:
Z.z.U., im Jahr 2006 mit 7 Mopro-Artikeln gestartet und aktuell auf eine Range von mehr als 450 Produkten angeschwollen, hat den Claim: Regionale Bio-Lebensmittel mit Rückverfolgbarkeit bis zum Ursprungs-Bauernhof als Markenkern. Das Institut Prüf nach des Bio- Gurus Werner Lampert legt die Qualitätsstandards für die Z.z.U-Produktpalette fest und kontrolliert deren Einhaltung. Hofer teilte mit, dass diese Prüfkriterien weit über die EU-Bio-Verordnung hinausgehen und außerdem dem Standard Tierwohl kontrolliert der Gesellschaft !Zukunft Tierwohl! entsprechen. Bio-Verbände wie Demeter betonen, dass Tierwohl seit je Teil ihrer DNA ist.
Die junge Marke FairHOF ist jedoch in der Kommunikation stärker auf das Thema Tierwohl fokussiert. Fußt aber als Nachhaltigkeitsmarke nicht auf der Bio-Landwirtschaft, sondern auf der konventionellen. Der Start erfolgte im Jänner 2017 mit 14 (Fleisch-) Produkten, heute umfasst das Programm 55 Artikel der Warengruppen Fleisch, Eier und Mopro. Zum Lieferantenkreis zählen rund 90 heimische Bauernhöfe. FairHOF-Partner für den Fleischbereich (Schlachtung, Zerlegung, Wurstproduktion) ist die Firma Hütthaler in Schwanenstadt (OÖ), die ihrerseits mit der Tierwohl-Herstellermarke Hütthalers Hofkultur schon seit Mitte 2014 am Markt ist und damit auch Hofer-Mitbewerber wie Unimarkt beliefert.
FIBL versus Climate Partner
Besonders bemerkenswert: Was die Klimaneutralität und deren Indikator, den CO2- Fußabdruck betrifft, folgen die beiden Hofer-Öko-Marken unterschiedlichen Konzepten. Mit der Berechnung der CO2-Fußabdrücke beim Zurück zum Ursprung-Sortiment hat Hofer-Konsulent Lampert schon seit Jahren das Institut FIBL (Forschungsinstitut für biologischen Landbau) mit Hauptsitz in der Schweiz und Zweigstellen in Deutschland, Österreich und Frankreich beauftragt. FIBL berechnet dabei für jede Produktkategorie den ökologischen Mehrwert für die Region. Diese CO2-Reduktion wird verknappt als Prozentsatz auf der Packung und ausführlich im Internet über den QR-Code ausgewiesen.
Bei den FairHOF-Rind- und Schweinefleisch-Produkten die, weil nicht Bio, auch nicht auf Lamperts Prüf nach-Standards referieren, kommt seit Jänner 2021 der CO2-Footprint als zusätzlicher Nachhaltigkeitsindikator (neben dem Tierwohl) ins Spiel. Berechnet wird er vom Institut Climate Partner, unter Anwendung internationaler Modelle. Genauer gesagt, handelt es sich um einen Treibhausgase-Fußabdruck, weil neben dem CO2- auch der Methan-Ausstoß gemessen wird. Der eigentliche Geschäftszweck von Firmen wie Climate Partner aber ist der Handel mit CO2 Kompensations-Zertifikaten. FairHOF-Fleischwaren erwerben den Anspruch einer 100%igen Klimaneutralität, indem die bei ihrer Produktion anfallende Treibhausgas-Emission durch den Kauf von Zertifikaten kompensiert wird, die ihrerseits eine adäquate Reduktion der CO2 -Emission bei nationalen und internationalen Klimaschutz-Projekten finanzieren. Wer bei Hofer FairHOF-Fleischwaren kauft, unterstützt solcherart das Projekt Vitalpin Klimainvestment, das sich für den Schutz natürlicher Lebensräume in Österreichs Alpen einsetzt. Climate Partner beliefert übrigens auch Hofers Konkurrent Lidl mit CO2-Kompensations-Zertifikaten, die der Bio-Eigenmarke Ein gutes Stück Heimat zum Claim "100% klimaneutral" verhelfen.
Klimaneutralität, "erkauft" durch CO2-Kompensation, dieses Thema wird noch für viel Diskussionsstoff im Handel und in der Landwirtschaft sorgen.