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Freiwillige Selbstverpflichtung alle Händler und Ministerin

Viele Fäuste für ein Halleluja

Nicht mit Fäusten, aber mit Konsequenz kämpft die Vertreterin der Landwirtschaft für ein faires Miteinander. Das erste Aufatmen ist da.

Gruppenbild mit starker Dame, kann man zu dem Foto nur sagen. Elisabeth Köstinger, Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus und Vertreterin der österreichischen Landwirtschaft hat es geschafft. Ihr konsequentes Streben nach mehr Fairness für Österreichs Landwirte in den Verhandlungen mit dem österreichischen Handel hat zu einem Ziel geführt: die Unterzeichnung der freiwilligen Selbstverpflichtung der wichtigsten Vertreter aus dem Lebensmitteleinzelhandel und eines Großhändlers. 

Die Hintergründe sind allgemein bekannt. Köstinger kämpft seit langem für mehr Rechte für die kleinstrukturierten Bauern und möchte das nicht nur in Österreich verankert wissen, sondern auch in der EU. Nicht nur der Handel wird dabei ins Visier genommen, auch die Förderungen sollen innerhalb der Bauernschaft gerechter verteilt werden. Ihr zur Seite steht Phil Hogan, EU-Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, der sich aufgrund einiger Aussagen den Handel nicht zum Freund machte. Er plädierte für die Ausdehnung des Anwendungsbereichs der UTP-Richtlinie (Unfair Trading Practices) und wollte auch Großunternehmen in den Schutzbereich hineinpacken, Zusammenschlüsse von Groß- und Einzelhändlern (Genossenschaften) einschränken und Vereinbarungen zu Tier- und Umweltschutzstandards, die über das gesetzliche Niveau hinausgehen, verbieten. Für den Handel wohl undenkbare Verhältnisse. Verbal heftige Diskussionen waren die Folge.

Aufatmen

Nun kam es zu einem Aufatmen. Rewe International, Spar Österreich, Hofer, Lidl, Metro und Unimarkt haben nach zähen Verhandlungstagen eine freiwillige Selbstverpflichtung unterschrieben. Sie besagt das Miteinander entlang der Lebensmittelkette fairer zu gestalten. Große Wirkung im Auftritt, auch wenn tatsächlich – zählt man sachlicherweise Einzel- und Großhandel zusammen – doch einige Player bei der Unterzeichnung fehlen. Was nicht bedeutet, dass sie sich nicht fair verhalten wollen oder es schon tun, es handelt sich um eine unterschiedliche Herangehensweise. Von Seiten Transgourmet ist etwa zu vernehmen, dass man auch ohne Fairnesskatalog fair, partnerschaftlich und auf Augenhöhe agiert. Transgourmet legt größten Wert auf langjährige, partnerschaftliche Beziehungen. Um in der BWB-Diktion zu bleiben: Man verhält sich wohl, sowohl bei Marken – als auch Eigenmarkenpartnerschaften. Transgourmet ist übrigens kein Mitglied beim Handelsverband – die ehemalige Pfeiffer-Mitgliedschaft ging auf Unimarkt über.

Die Außenwirkung der Selbstverpflichtungserklärung und ihren Unterzeichnern ist zweifelsohne groß. Und sie ist auch eine Fortführung des Code of Conduct der Bundeswettbewerbsbehörde und des Ministeriums. „Jetzt folgt der nächste wichtige Schritt, um das Miteinander entlang der Lebensmittelkette fairer zu gestalten. Mit der Selbstverpflichtungserklärung bekennt sich der Lebensmittelhandel nun freiwillig zum Fairnesskatalog. Dies ist ein weiterer Meilenstein gegen unfaire Geschäftspraktiken“, so die Nachhaltigkeitsministerin. Die unterzeichnenden Unternehmen gehen einen Schritt weiter und sichern ihre umfassende Kooperationsbereitschaft zur Etablierung einer weisungsfreien Ombudsstelle zu, eine Initiative von Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus gemeinsam mit dem Handelsverband. „Dort wo klare Regeln gelten, muss es auch Kontrolle geben“, skizziert Köstinger die nächsten Schritte. Die Ombudsstelle soll im nächsten Jahr in einen gesetzlichen Rahmen gegossen werden und ihre Aufgaben werden klar festgelegt. Dazu zählt die anonyme Beratung, die rechtliche Aufklärung, sowie der Informationsaustausch und die Mediation. An diese Ombudsstelle können sich betroffene Personen, insbesondere Bäuerinnen und Bauern, aber auch Erzeugerorganisationen und Unternehmen in Zukunft anonym wenden. „Durch die Selbstverpflichtungserklärung wurde der Fairnesskatalog der BWB zu einer Branchenvereinbarung weiterentwickelt. Mit der Einrichtung einer Ombudsstelle wird aber auch ein Missing Link zwischen Rechtssprechung und dem bestehenden Whistleblower-System der BWB geschlossen, um die Mediation als Instrument der außergerichtlichen Kommunikation auf Augenhöhe anzubieten. Damit sind wir europaweit Vorreiter und Musterbeispiel“, freut sich Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes, über den gemeinsamen Weg. Durch die gesetzliche Verankerung wird es auch Sanktionsmöglichkeiten geben. 

Reaktionen

Dass diese Unterzeichnung aufgestaute Emotionen der einzelnen Beteiligten wieder abklingen ließ, zeigt auch der nahezu komplette Schulterschluss. Andreas Haider, Geschäftsführer des Unimarktes meint: „Ich bin froh über die Selbstverpflichtungserklärung, auch wenn wir uns mit der Umsetzung sehr leicht tun, da wir die Richtlinien des Fairnesskataloges schon längst umsetzen. Es ist unsere Grundeinstellung.“ Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes lädt genau aus diesem Grund alle jene zur Unterzeichnung ein, die bereits alle Anforderungen erfüllen, um ein Zeichen zu setzen. Und auch die Wirtschaftskammer, vertreten durch Mag. Iris Thalbauer als Geschäftsführerin des Handels und Peter Buchmüller, als Obmann des Handels, begrüßen die Initiative voll und ganz und haben das auch in einem Gespräch mit Ministerin Köstinger zum Ausdruck gebracht. 

Zum Happy End fehlt nun nur noch die gesetzliche Umsetzung der UTP in der EU, nämlich ohne Standardeinschränkungen und Genossenschaftsverboten, als auch ohne Schutz für Industriekonzerne vor dem Handel. Für ein Nicht-Eintreten dieser Fälle setzt sich Köstinger verstärkt ein und wie sie selbst sagte ist sie auf einem guten Weg.

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geschrieben am

28.11.2018