Feedback zu Editel und Online
Liebe retailreport-Redaktion,
vielen Dank für den fachkompetenten und übersichtlichen Artikel von EDITEL-CEO Gerd Marlovits!
Ich schlage vor, dass EDITEL als Enabler all dieser Online-Alternativen, die unserem Handel zur Verfügung stehen, auch die Kosten (=Provisionen) und die Umsatzpotentiale (=Käuferreichweiten und Bedarfsdeckungsquoten der Online Shopper) der einzelnen Optionen evaluiert.
Die Unterschiede der einzelnen Systeme hinsichtlich dieser beiden, erfolgsentscheidenden Faktoren sind nämlich atemberaubend.
Zu den Kosten: Buchverlage, die auf Wunsch ihrer Autoren die Werke über Amazon verkaufen, müssen bis zu 55% (!) des Nettoverkaufspreises (in D und A gilt die amtliche Buchpreisbindung) als Händlerrabatt an Amazon entrichten.
Hawesko, Deutschlands größter Weingroßhändler, der in Österreich Wein & Co besitzt, bietet österreichischen Winzern über eine eigene Plattform "Wir Winzer" den Online-Verkauf ihrer Weine an. Und verlangt dafür einen Großhandels-Rabatt in Höhe von 31% des ab-Hof-Preises. Eine solche (Wucher?)-Kondition rechnet sich für den Winzer nur dann, wenn er hohe Lagerbestände (=hohe Kapitalbindung) hat und auf diese Weise zu Grenzkosten, einen, in der Regel sehr bescheidenen Lagerabbau erwirkt.
Totale Intransparenz herrscht hinsichtlich der Umsatzpotentiale von Online-Verkäufen über Dritte. Hohe Reichweite bei Null Zielgruppen-Genauigkeit wie beispielsweise bei Amazon anzutreffen, macht den Online-Verkauf zu einem Lotteriespiel. Sicherer Gewinner ist der Veranstalter des Glücksspiels, wahrscheinlicher Verlierer der Teilnehmer. Besonders ärgerlich: Bei den zahlreichen Meldungen über Onlineumsätze deutscher Plattformen, werden die in Österreich erzielten Umsätze nicht gesondert ausgewiesen.
Fazit: Solange die Online-Marktforschung nicht das Niveau der MAFO im stationären Handel (Nielsen, GfK) erreicht, bleibt der Online-Verkauf über in- und ausländische Plattformen ein Vabanque Spiel. Für mittelständische Produzenten und Händler besonders risikoreich.
Viel chancenreicher sind zwei Lösungsansätze:
1. Engmaschiger Connected Retail zwischen stationärem Geschäft und eigenem Webshop. Vorexerziert von Coop Schweiz, die mit ihrem neuen Modell Coop City das Angebot in den Hypermärkten 1:1 im Netz abbildet. Ähnliches macht ECE testweise in Hamburg mit dem SC Alsterviertel. Beispielhaft sind die Click & Collect & Reserve -Programme heimischer Buchhändler inklusive Morawa und Thalia.
2. Zusammenarbeit mit einer sortimentsmäßig hochspezialisierten Online-Plattform, die über die Käuferreichweite und den Durchschnittseinkauf ihrer Shopper-Zielgruppe exakte Zahlen vorlegen kann. Eignet sich naturgemäß nur für hochspezialisierte Produzenten und Fachhändler.
Gestützt auf die reichen Erfahrungen im b2b-Bereich könnte EDITEL im Online b2c-Sektor wertvolle Aufklärung leisten. Für heimische Markenartikler, Handelsketten, Shopping Centers und mittelständische Kaufleute.
Mit herzlichen Grüßen
Hanspeter Madlberger