Fairtrade warnt vor Lieferketten-Kollaps
Bereits Anfang 2025 tritt die Verordnung planmäßig in Kraft. Nur wenige Monate davor sind die neuen Regeln aber weder im Lebensmittel-Sektor, noch bei Kleinbauernkooperativen hinreichend verstanden oder auch nur bekannt. Mindestens genauso schwer wiegt, dass die geplanten Änderungen der Struktur der bisherigen Entwicklungspolitik entgegenlaufen. Es braucht darum längere Übergangsfristen und Hilfestellungen für die Biobauernfamilien im Globalen Süden.
Konkret geht es um folgende Auflagen:
- Kooperativen dürfen nicht mehr gemischt agieren, also teilweise konventionell und teilweise Bio anbauen.
- Die Felder je Bauernfamilie beziehungsweise Kooperativen-Mitglied dürfen nicht größer als fünf Hektar sein und mehr als 25.000 Euro Bio-Umsatz jährlich bringen.
- Maximal sind 2000 Mitglieder je Kooperative erlaubt.
- Rückstandstests müssen vor der Einfuhr in die EU durchgeführt und die Ergebnisse zur Verfügung gestellt werden.
„Gerade dieses de facto Wachstumsverbot für bäuerliche Betriebe sowie Kooperativen ist höchst problematisch“, sagt Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade Österreich. „Denn der faire Handel zeichnet sich dadurch aus, dass er ländliche Gemeinschaften stärkt, in dem sich Bauernfamilien zusammenschließen, gemeinsam mehr Präsenz am Markt bekommen und auch gemeinschaftlich in ihre Zukunft investieren“, so Kirner weiter. Das erfolgreiche Empowerment der vergangenen Jahre könnte nun zum Bumerang werden.
Angesichts der eingeschränkten Kapazität bestehender Labors wird zudem die Anforderung von Rückstandstestergebnissen vor der Einfuhr in die EU zu einem massiven Geschäftsrisiko. Test müssen teilweise zu Labors in Drittländern geschickt werden, was zeitliche Verzögerungen mit sich bringt, und bei verderblichen Produkten nicht funktionieren kann.
Derzeit könnten rund 60 Prozent der Fairtrade-zertifizierten Bio-Kaffee- und Kakao-Produzenten sowie 95 Prozent der Fairtrade-Bio-Bananen-Produzenten die neue EU-Bio-Verordnung nicht erfüllen.
Fairtrade fordert darum:
- Eine Verlängerung der Übergangsfrist um mindestens 15 Monate. Denn die erforderlichen Änderungen der Organisationsstrukturen dauern noch an.
- Berücksichtigung der unterschiedlichen Anbaubedingungen in tropischen Regionen, die spezielle Anforderungen an Pflanzenschutz stellen.
- Realistischere Anforderungen für Rückstandsuntersuchungen, für die es in den betroffenen Ländern aktuell noch zu wenig geeignete Laborkapazitäten gibt.