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Pfand auf Einweg-Plastik in Diskussion

Einweg-Plastik-Pfand oder nicht, das ist die Frage

Im Sinne der Nachhaltigkeit und der Kreislaufwirtschaft gibt es ein Hin und Her über die Entscheidung: wird es ein Einwegpfand in Österreich geben oder nicht?

Das Einweg-Pfand ist in aller Munde. Die EU Einwegplastik-Richtlinie sieht vor, dass bis 2025 77% und bis 2029 zumindest 90% der Plastikflaschen in Österreich getrennt gesammelt werden müssen. Darüber hinaus muss Österreich bis 2030 die EU-Recyclingquote von 55% bei Kunststoffverpackungen erreichen. Das Ergebnis des "Runden Tisches zu Kunststoff-Getränkeverpackungen" mit Ministerin Gewessler am 2. Juni: es wird weiterführende Gespräche mit Stakeholdern geben. Status quo nach dem "Runden Tisch": "Ein Pfandsystem, wie derzeit diskutiert erfasst lediglich einen Teilbereich des Gesamten. Für eine finale Entscheidung wird es besonders darauf ankommen eine Gesamtsicht auf die Entwicklung des österreichischen Abfallsystems zu erreichen. Ein Ausbau und Effizienzsteigerung der bestehenden Systeme ist ebenfalls ein möglicher Weg, der umfassend beleuchtet werden sollte", so Staatssekretär Magnus Brunner im Anschluss an den Runden Tisch. Schon im Juni wird es dazu weitere Gespräche geben. Es  wurde vereinbart, dass bis zum Herbst Handlungsoptionen zur Erfüllung der EU-Ziele im Rahmen der Kreislaufwirtschaft erarbeitet werden.

retailreport.at stellt die einzelnen Positionen gegenüber.

Wer ist gegen ein Einweg-Pfand?

Die Vertreter des Handels plädieren stark gegen ein Einwegpfand. Die Gründe dafür sind vielfältig: Peter Buchmüller, Obmann des Lebensmittelhandels in der WKO. “Ein Einwegpfand würde für viele kleine Händler in Österreich das Aus bedeuten“.

  • Die Einführung eines Einwegpfandes würde nämlich bedeuten, dass Händler für jede Getränkeflasche - egal, ob Einweg oder Mehrweg - ein Pfand einheben müssen. Die Ausgaben dafür wären einfach zu hoch. Einerseits ist der technische Aufwand für die Händlerinnen und Händler immens, andererseits steigen dadurch die Personalkosten für die Abwicklung.
  • Die Idee, kleine Geschäfte von der Pfandpflicht zu befreien, sieht nur auf den ersten Blick gut aus. Denkt man diese Variante weiter, wird nämlich Folgendes klar: Die Konsumenten werden dann nur mehr dort einkaufen, wo sie das Einwegpfand auch einlösen können. Anders ausgedrückt: Die kleinen Geschäfte verlieren Kundenfrequenz und Umsatz. 
  • Für Konsumenten liegen die Nachteile eines Einwegpfandes auf der Hand: Derzeit gibt es nämlich mit Gelbem Sack und Gelber Tonne in ganz Österreich rund 2 Millionen Rückgabemöglichkeiten für geleerte Getränkeplastikflaschen. Im Falle eines Pfandes reduzieren sich die Rückgabestellen auf rund 10.000 Einzelhandelsgeschäfte und ähnliche Einrichtungen. Mit anderen Worten: Die Konsumentinnen und Konsumenten müssen für die Rückgabe viel weitere Wege zurücklegen. Das geht zu Lasten der Convenience, also des Komforts für Verbraucher.

 

Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes geht hier d’accord: „Erfahungswerte aus Kroatien und Deutschland mit dem Einwegpfand zeigen, dass die Auswirkungen nicht nur positiv sind“.

  • Beispielsweise wurden in der Studie des Umweltministeriums die Personalkosten mit 15 min/Tag viel zu gering angesetzt. Tatsächlich wären im Handel täglich 1-2 Stunden für die Reinigung, Wartung und den Behälter-Tausch aufzuwenden. Das allein macht einen Berechnungsunterschied von über 30 Mio. Euro jährlich für den österreichischen Handel aus.
  • Bei den Investitionskosten wiederum sind die Studienautoren fälschlicherweise von einer flächendeckenden Ausstattung mit systemangebundenen Leergut-Automaten ausgegangen. Sehr viele Standorte sind jedoch noch mit keinen oder alten Automaten ausgestattet. Umbaukosten wurden in der Studie sogar völlig außer Acht gelassen. Insgesamt würden den Händlern dadurch einmalige Investitionskosten von über 210 Mio. Euro entstehen (anstatt den in der Studie angenommenen 150 Mio. Euro).
  • Ausgehend von Erfahrungswerten aus der Schweiz betragen die Logistikkosten 41% der Gesamtkosten. In der Studie wurden diese Kosten im Vergleich zur Schweiz um den Faktor 2,5 zu niedrig angesetzt, vor allem die zusätzlichen Kosten in der internen Handelslogistik wurden gar nicht berücksichtigt.
  • Darüber hinaus ist die Aufstellung von Automaten in kleinen, innerstädtischen Filialen gar nicht möglich. Der Studienverweis auf die Möglichkeit, einfach gestaltete, direkt an das Geschäft angrenzende Zubauten zu errichten, entspricht nicht der Realität.
  • Da neben der Sammlung der PET-Flaschen auch die Sammlung der restlichen Kunststoffe intensiviert werden muss, um die Kunststoff-Recyclingziele der EU zu erreichen, müssten Konsumenten bei einem Einwegpfand-System zusätzlich zur Rückgabe der PET-Flaschen in der Filiale auch noch den restlichen Kunststoffabfall getrennt sammeln und extra entsorgen, anstatt alles gemeinsam abzugeben.
  • Erfahrungen aus Deutschland zeigen zudem, dass durch die Einführung des Einwegpfandes die Mehrwegquote sinkt, da der Anteil der PET-Flaschen (Einweg) steigt. Daher konnte Deutschland mit der Einführung seines Einwegpfand-Systems keinen Beitrag zur Reduktion von Kunststoffverpackungen erwirken.

 

Wer ist für ein Einweg-Pfand?

ARGE österreichischer Abfallwirtschaftsverbände
argeAWV-Präs. Anton Kasser: „Das Pfand bringt nach den Erfahrungen von 150 Mio. Einwohnern in zehn EU-Mitgliedsstaaten zumindest 80% der eingesetzten Materialien wieder zurück. Das achtlose Wegwerfen von Verpackungsabfällen wird auf ein Fünftel reduziert. Für die kommunalen Abfallverbände ist damit klar: Ein Pfandsystem, auch in Österreich, ist ein Gewinn für die gesamte Abfallwirtschaft und spart Umweltfolgekosten. Eine PET-Flasche wird beim Recycling nur 1,3 mal benutzt, während eine Glas-Mehrwegflasche zwischen 30 und 50 mal verwendet wird. Das Einwegpfand soll die Konsumenten motivieren, Getränke grundsätzlich in wiederbefüllbaren Verpackungen zu kaufen und so Abfall zu vermeiden. Das ist im Interesse der Allgemeinheit, für die gesamte Wirtschaft, für die Bevölkerung und entspricht dem Zweck der EU-Plastikrichtlinie.“

Für Reclay UFH Gmbh ist die vom Bundesministerium für Klimaschutz beauftragte Studie zu den Möglichkeiten zur Umsetzung der EU-Vorgaben betreffend Getränkegebinde, Pfandsysteme und Mehrweg aus dem Jänner dieses Jahres eine wichtige Basis für eine sachliche Diskussion: „Ein bedeutender Teil dieser Systeme muss ein zentral koordiniertes Einweg-Pfand auf PET-Getränkeflaschen in Verbindung mit zusätzlichen Mehrweg-Lösungen sein. Alleine dadurch werden in den Sammel- und Recyclingsystemen jährlich rund 30.000 Tonnen zusätzliche Kapazitäten für andere Kunststoffverpackungen geschaffen. Diese freien Kapazitäten sind dringend notwendig, da Österreich mit rund 161.000 Tonnen gesammelten Leichtverpackungen bereits an die Kapazitätsgrenzen der heimischen Sortieranlagen stößt. Daher müssen wir das Einweg- und Mehrwegpfand als integralen Teil einer gut funktionierenden und effizienten Kreislaufwirtschaft in Österreich betrachten“, sagt Christian Abl, Geschäftsführer von Reclay UFH in Österreich.

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geschrieben am

02.06.2020