Drogerie & Arznei: der VfGH hat entschieden
Natürlich ist man enttäuscht bei dm Drogeriemarkt, denn die Salzburger Drogeriemarktkette kämpft seit Jahren für eine Liberalisierung der Abgabe von rezeptfreien Arzneimitteln, zuletzt auch online. Da half nichts, nicht einmal das Anstellen eines Pharmazeuten in der Filiale, der im Fall des Falles auch beraten kann.
Bereits Ende 2019 wandte sich dm Drogeriemarkt an den Verfassungsgerichtshof, nun liegt das Urteil vor: Der Apothekenvorbehalt bei rezeptfreien Arzneimitteln ist zwar nicht verfassungswidrig, aber durch die Verfassung auch nicht zwingend vorgegeben. Aufgrund der im Verfahren abgegebenen Stellungnahmen der Ministerien ist zu erwarten, dass die Regierung eine Liberalisierung weiter verzögern wird.
Große Enttäuschung
Auf welcher sachlichen Grundlage seitens der Beamtenschaft in den Ministerien sug- geriert werde, der durchschnittliche Verbraucher würde vor jeder Einnahme einer Kohletablette einen Apotheker kontaktieren und vor jedem Online-Versand würde ein Beratungsgespräch geführt, sei absolut nicht nachvollziehbar: „Die Formulierungen in den Stellungnahmen der Ministerien sind praktisch wortident mit jenen, die von den Apothekervertretern verbreitet werden.“ Letztendlich sei der Gerichtshof aber dieser Darstellung gefolgt, zeigt sich dm Geschäftsführer Harald Bauer enttäuscht.
Dazu kommt auch ein Detail, das den Zuständigen in Kammern und Ministerien momentan noch nicht so bewusst sein dürfte: Amazon steht vor der Tür. Sind es nicht die heimischen und europäischen Drogeriemärkte, die die Liberalisierung umsetzen, so wird es der us-Amerikanische Konzern soweit an die Spitze treiben, um das Gesetz zu ändern. Nicht, dass es Amazon schlechter kann, aber die Wertschöpfung verschwindet demnach wieder aus Europa/Österreich.
Es liegt an der Politik, verkrustete Strukturen aus der Vergangenheit zeitgemäß zu modernisieren und eine Bevormundung der Bürger zu beseitigen, wie es viele EU-Länder längst ge- tan haben. Hätte der VfGH eine Verfassungswidrigkeit bestätigt, dann hätte die Re- gierung dieses überfällige Vorhaben nicht weiter verzögern können. Denn auf Dauer wird sich dieser längst überholte Zustand sicher nicht aufrechterhalten lassen“, kommentiert Harald Bauer das Ergebnis der Prüfung.
Wettbewerb schafft bessere Beratung und Serviceleistungen
Mehr Wettbewerb würde nicht nur bessere Preise vom Hersteller bis zum Endverbraucher bringen, sondern auch Serviceleistungen und Beratung würden sich verbessern, wenn sich alle Beteiligten für ihre Kunden mehr ins Zeug legen müssten: „Das zeigt der Blick in andere europäische Länder und aus diesem Grund hat auch die Bundeswettbewerbsbehörde mehrfach eine Liberalisierung gefordert“, so Bauer. Zudem sei es absolut nicht nachvollziehbar, dass ein Kunde auf der Website einer österreichischen Apotheke auf ,kaufen‘ klicken könne, nicht aber im Webshop einer österreichischen Drogerie – „nämlich auch dann nicht, wenn wir genau wie die Apotheke eine pharmazeutische Beratung über Telefon und Email anbieten“, sieht Harald Bauer eine grobe Ungleichbehandlung. Selbst wenn dm in seinen Läden Pharmazeuten zur Beratung einstellt, wäre eine Abgabe von OTC nicht erlaubt.
Alternativen
Mangels Aussicht auf rasche Änderungen auf gesetzlicher Ebene wird bei dm bereits an neuen Kooperationen und Serviceleistungen gearbeitet, um den Kunden dennoch einen Zugang zu rezeptfreien Arzneimitteln zu attraktiven Preisen und höchsten Qualitätsstandards zu ermöglichen. Geprüft werden Kooperationen ähnlich der früheren Zusammenarbeit mit der Versandapotheke Zur-Rose aber auch neue integrative Ansätze. „Und wir werden uns weiterhin für gesetzliche Regelungen einsetzen, die die Interessen der Konsumenten in einer zeitgemäßen Form in den Mittelpunkt stellen und die der Mündigkeit der Bürger gerecht werden“, kündigt Harald Bauer an. Seitens dm wird die Entscheidung des VfGH im nächsten Schritt im Detail analysiert. „Im Zuge dessen wird zudem geklärt, ob wir den Apothekenvorbehalt auf europäischer Ebene überprüfen lassen, was vom Verfassungsgerichtshof nicht behandelt wurde“, gibt sich Bauer kämpferisch.