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Fair Play am Markt: Brau Union wird abgestraft

Brau Union: BWB beantragt harte Strafen

Jeder und jede, die gestern das Fußball-Match Österreich gegen Frankreich verfolgt hat, weiß nun, was „Fair Play“ bedeutet.

In allen Bereichen des Lebens gibt es Wettbewerb - doch er muss fair sein und fair bleiben. Jeder und jede, die gestern das Fußball-Match Österreich-Frankreich verfolgte, weiß, dass hier unfaire Methoden angewandt wurden: vom Schiedsrichter und von Spielern. Der Unmut stieg und in Zeiten wie diesen werden „unfaire Geschäftspraktiken“ nicht nur scharf geahndet, sondern kratzen auch massiv am Image. Erst jetzt geschehen am Fall „Brau Union“. Das zum Weltkonzern Heineken gehörende Unternehmen machte nicht das erste Mal Bekanntschaft mit der BWB und Gerichten. Man erinnere sich an die Insider-Affäre, an den Kauf der Brauerei Fohrenburg oder an den Umgang mit der Villach Brauerei. Doch hat man aus Fehlern gelernt?

BWB stellt Antrag auf Geldbuße und mehr

Dass es in den letzten Jahren und Monaten immer wieder zu Unstimmigkeiten zwischen Brau Union und Stake Holdern kam, ist hinlänglich bekannt. Die BWB startete voriges Jahr eine Untersuchung, die auch eine Hausdurchsuchung beinhaltete. Und nun: Die BWB stellt einen Antrag auf Verhängung einer angemessenen Geldbuße und Abstellung von Zuwiderhandlungen wegen Verstößen gegen das Missbrauchs- und Kartellverbot gegen Brau Union.

Die Zuwiderhandlungen betreffen den Bereich Herstellung und Vertrieb von Bier bzw sonstigen Getränken und umfassen - zum Teil noch andauernde - wettbewerbsbeschränkende Alleinbezugsverpflichtungen, Markenzwang und Kopplungsbindungen, Markt- und Kundengruppenaufteilungen, den Austausch strategischer Daten mit Wettbewerbern sowie einen wettbewerbsbeschränkenden Behinderungsmissbrauch.

Brau Union ist das größte Brauereiunternehmen Österreichs und befindet sich im 100% Eigentum der Heineken Gruppe (Firmensitz Niederlande).

Insbesondere auf dem Markt für die Herstellung und den Vertrieb von Bier hat Brau Union eine bedeutende Marktposition und besitzt nach mehreren Übernahmen heimischer Brauereien ein breites Portfolio an diversen Marken (zB Kaiser Bier, Schladminger, Reininghaus, Villacher Bier, Fohrenburger, Gösser, Schwechater Bier, Edelweiss, Schlossgold, Puntigamer, Zipfer Bier, Wieselburger Bier, uvm). Des Weiteren vertreibt Brau Union auch Biermarken internationaler Erzeuger in Österreich und bietet sonstige Getränke wie Cider, Wein, Sekt und alkoholfreie Getränke als Handelswaren an.

Die BWB brachte am 14.06.2024 einen Antrag auf Verhängung einer angemessenen Geldbuße gegen BRAU UNION AG, BRAU UNION Österreich Aktiengesellschaft (gemeinsam iF „Brau Union“) und gemäß § 29 Abs 3 KartG gegen deren Muttergesellschaft Heineken International B.V. beim Kartellgericht ein. Geldbußen können auch gegen Muttergesellschaften verhängt werden, die zu derselben wirtschaftlichen Einheit gehören, wie das an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen. Dem Unternehmen Heineken International B.V. wird keine eigene Beteiligung an den Verstößen vorgeworfen. Die Anträge auf Abstellung noch andauernder Zuwiderhandlungen richten sich ausschließlich gegen Brau Union.

Umfassende Ermittlungen der BWB

Dem nunmehrigen Antrag an das Kartellgericht gingen umfassende Ermittlungen der BWB wegen des Verdachts des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung sowie wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen mit Wettbewerbern im Getränkegroßhandel durch Brau Union voraus. 

Ab Oktober 2021 gingen vermehrt anonyme Beschwerden zum Verhalten von Brau Union über das Hinweisgebersystem bei der BWB ein. Im April 2022 wurde auf Antrag der BWB eine durch das Kartellgericht angeordnete Hausdurchsuchung bei Brau Union durchgeführt. Bei dieser wurden physische und elektronische Daten im Zusammenhang mit den aufgetretenen Verdachtsmomenten sichergestellt. Dies stellte die erste durch die BWB in einem Verdachtsfall auf Marktmachtmissbrauch gestützte Hausdurchsuchung dar. 

Von Brau Union wurde im Zuge der Hausdurchsuchung, eine Überprüfung gewisser einzeln bezeichneter elektronischer, nach Ansicht des Unternehmens dem sog. Anwaltsprivileg unterliegender Unterlagen, an das Kartellgericht begehrt. Nach dieser Bestimmung kann der Adressat einer Hausdurchsuchung unter Berufung auf eine ihn treffende gesetzlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit oder ein ihm zustehendes Rechts zur Aussageverweigerung die Einsichtnahme in Unterlagen widersprechen. Die Vorgehensweise der BWB bei der Hausdurchsuchung wurde vom Kartellgericht bestätigt. Die betroffenen Unterlagen waren der BWB zum Ermittlungsakt zurückzustellen (siehe Newsmeldung vom 12.09.2022). 

Neben der Auswertung des sichergestellten Datenmaterials wurden auch umfangreiche Auskunftsverlangen an die Marktteilnehmer verschickt und Zeugen einvernommen. Im Dezember 2023 wurde die Brau Union im Rahmen einer Mitteilung der Beschwerdepunkte mit den gegen sie im Raum stehenden kartellrechtlichen Vorwürfen konfrontiert und die Möglichkeit zur Stellungnahme im Sinne des rechtlichen Gehörs eingeräumt.

Verstöße gegen Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung und gegen das Kartellverbot

Im Zuge der Ermittlungen erhärtete sich der Verdacht auf eine Reihe von unzulässigen Verhaltensweisen gegen das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung und gegen das Kartellverbot. Die vorgeworfenen Verhaltensweisen umfassen unter anderem:

1. Behinderungsmissbrauchh 

  • Ein Behinderungsmissbrauch kann unterschiedliche unzulässige Durchführungsmodalitäten, wie ua Ausschließlichkeitsverpflichtungen, Rabattierungen und Beendigung der Geschäftsbeziehung, umfassen. Bei einem Behinderungsmissbrauch werden die Wettbewerbsmöglichkeiten dritter Unternehmer (aktuelle oder potentielle Wettbewerber) vom marktbeherrschenden Unternehmens wesentlich beeinträchtigt.

2. Wettbewerbsverbote bzw Alleinbezugsverpflichtungen

  • Unter Alleinbezugsverpflichtungen sind grundsätzlich Vereinbarungen zu verstehen, die den Abnehmer dazu verpflichten mehr als 80 % seiner Vertragsprodukte vom Vertragspartner zu beziehen. Dies führt dazu, dass Abnehmer eingeschränkt werden, konkurrierende Produkte zu kaufen.

3. Markenzwang und Kopplungsbindungen

  • Unter Markenzwang ist zu verstehen, wenn ein Anbieter seine Abnehmer dazu verpflichtet keine Produkte von anderen Wettbewerbern im Sortiment zu führen. Markenzwang kann dazu führen, dass konkurrierende Produkte keinen Zutritt zum relevanten Markt erhalten.
  • Eine Kopplungsbindung liegt vor, wenn Abnehmer von einem Anbieter dazu verpflichtet werden, auch andere Produkte aus dem Sortiment des Anbieters zu beziehen. Die Abnehmer können dadurch in ihrer wirtschaftlichen Freiheit beschränkt werden, da der Anbieter seine Stärke am Markt ausnützt, um den Absatz seiner weniger begehrten Produkte zu förder

4. Markt- und Kundengruppenaufteilungen (teilweise bereits abgestellt)

  • Bei Markt- und Kundengruppenaufteilungen vereinbaren Unternehmen, dass diese in bestimmten Gebieten oder bei bestimmten Kundengruppen nicht zueinander in den Wettbewerb treten. Dabei kann es ua zu einer Verringerung des markeninternen Wettbewerbs kommen.

5. Austausch wettbewerbssensibler Daten

  • Der Austausch der wettbewerbssensiblen Daten kann ua den Kundenbestand, Absatzmengen und Umsätze mit einzelnen Kunden bzw Kundinnen betreffen; also aktuelle strategische Informationen. Es kommt dabei immer auf die konkreten Eigenschaften dieser Informationen an. Ein unzulässiger Austausch wettbewerbssensibler Daten kann dazu führen, dass strategische Ungewissheit über das Marktgeschehen verringert oder beseitigt wird und somit die Überwachung des Marktes erleichtert bzw die Überwachung von Markteintritten konkurrierender Unternehmen ermöglicht wird.

Aus Sicht der BWB bezwecken die genannten Zuwiderhandlungen, die Absatzmöglichkeiten und den Markteintritt von konkurrierenden Bierherstellern zu beschränken, sowie bestehende Getränkehändler vom Markt zu verdrängen.

Bemessung der Geldbuße

Die Bemessung der Höhe einer der durch die BWB beantragten angemessenen Geldbuße stellt eine Ermessensentscheidung des Kartellgerichts dar. Um diesem eine freie Würdigung sämtlicher relevanter Umstände zu ermöglichen, beantragte die BWB im gegenständlichen Fall die Verhängung einer Geldbuße in angemessener Höhe. Das Kartellgericht kann bei einem Verstoß gegen das Kartellgesetz Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von 10 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes des Unternehmenskonzerns verhängen.

 

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geschrieben am

17.06.2024