WKO Handel: Druck in Brüssel
Vor wenigen Tagen fand die Tagung des Vorstands des europäischen Handelsverbands EuroCommerce in Brüssel statt, an der auch Jürgen Roth in seiner Rolle als Vizepräsident von EuroCommerce und Geschäftsführerin Iris Thalbauer als Vertreterin der Bundessparte Handel der Wirtschaftskammer Österreich teilnahmen. Im Mittelpunkt standen die Ergebnisse einer Studie zu den Emissionsbeiträgen des europäischen Handels sowie die aktuell brennenden Themen Entwaldungsverordnung (EUDR) und das rasche Wachstum von Handelsplattformen aus Drittländern wie beispielsweise Temu und Shein.
Das Ergebnis der Studie, die das Beratungsunternehmen Oliver Wyman im Auftrag von EuroCommerce durchführte: Rund ein Drittel der gesamten europäischen Emissionen entfallen auf Aktivitäten des Handels, wobei von diesen nur 2 % aus deren Scope 1 und 2 resultieren - also unmittelbar von den Handelsunternehmen durch z.B. Energieverbrauch stammen - während ganze 98 % der Emissionen der Sparte aus den Scope 3-Kategorien resultieren. Das bedeutet, dass 98 % der Emissionen für den Handel auf Aktivitäten entlang der Wertschöpfungskette zurückzuführen sind – von Produktion und Transport der angebotenen Produkte, über deren Nutzung bis hin zur Entsorgung bzw. Wiederverwertung. Klar ist: der Handel wird trotz vor allem indirektem Einfluss auf seinen Fußabdruck als Dreh- und Angelpunkt in Zukunft noch mehr in den Fokus rücken. „Dies ist eine Herausforderung – aber auch gleichzeitig eine Chance, die Zukunft aktiv mitzugestalten. Wichtig wird dabei sein, die Kommunikation mit Lieferanten auf der einen, und Kunden auf der anderen Seite diesbezüglich zu intensivieren und innovative, nachhaltige Konzepte zu fördern – unabhängig davon, ob es sich um ein großes Handelsunternehmen oder ein KMU handelt“, betont Roth.
Bei der Entwaldungsverordnung, die ab 31.12.2024 greifen soll, ist nach aktuellem Zeitplan der EU erst im Spätsommer vorgesehen, Schulungen und Manuals zur richtigen Meldung der Sorgfältigkeitserklärung zu veröffentlichen. „Das ist eindeutig zu spät, die Handelsunternehmen brauchen mehr Vorbereitungszeit, um eine gesetzeskonforme Umsetzung der Anforderungen zu gewährleisten“, sagt Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel. Schließlich sind von der Verordnung viele Unternehmen betroffen, da sie nicht nur die Rohstoffe Holz, Kakao, Soja, Kaffee, Palmöl, Kautschuk, Rinder einbezieht, sondern auch daraus (neu) geschaffene Produkte sowie deren Weiterverarbeitung. Aus diesem Grund drängt die Bundessparte Handel auf eine Verlängerung der Fristen bzw. gemeinsam mit EuroCommerce auf ein massiv verbessertes und früher zur Verfügung gestelltes Informationsangebot für Unternehmen.
Aber auch im Bereich Onlineplattformen setzen sich die WKÖ-Bundessparte sowie EuroCommerce auf europäischer Ebene für die Einhaltung der geltenden Bestimmungen ein. Denn die Beispiele Temu und Shein zeigen, dass trotz bestehenden Regularien zu z.B. Produktsicherheit und Verbraucherschutz Onlinehandels-Plattformen aus Drittländern massiv an ihrer Verantwortung vorbei auf dem europäischen Markt an Einfluss gewinnen. EuroCommerce zielt daher über die Installation einer eigenen Level Playing Field Taskforce darauf ab, die nationalen Bemühungen zu koordinieren und zu bündeln, sodass der Druck auf politischer Ebene die Behörden zu raschem Handeln zwingt. „Zumindest kurzfristig sind hier keine neuen zusätzlichen Gesetzgebungen und Regelwerte nötig, sondern es geht um eine bessere Durchsetzung der bestehenden Regularien. Mehr Kontrollen würde hier schon sehr viel bewirken, um für einen fairen Wettbewerb für die europäischen Händler:innen gegenüber solchen aus Drittländern zu sorgen“, unterstreichen Trefelik und Thalbauer den Standpunkt der Bundessparte Handel.