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Stephan Kaar, Sprecher des Forum Wellpappe Austria.

Wellpappe: Verpackung als Frühindikator

Wenn es um Kreislaufverpackungen geht, so ist die Wellpappe die Verpackung Nummer 1 am Markt. Die EU hat andere Vorhaben.

Die Bedeutung der Wellpappe-Verpackungen in Österreich ist vor allem in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Der nachhaltige Gedanke, wenn es um Verpackung geht, hat den Wertstoff zu einem unverzichtbaren Gut gemacht und der eCommerce-Hype in Zeiten von Covid war für die gesamte Branche eine echte Herausforderung: zum einen war man froh über den massiven Umsatz- und Mengenanstieg, zum anderen spielte die Verfügbarkeit der Rohware nicht immer mit. Aber die Branche meisterte die Nachfragen sehr gut.

Dass diese Situation der extrem hohen Nachfragen nicht immer so bleiben wird, das war den Mitgliedern des Forum Wellpappe immer klar. Verpackungen an sich sind für die gesamte Lebensmittel-Branche ein guter Indikator, wie sich das Einkaufsverhalten entwickelt.
Heute steht man vor anderen Herausforderungen – doch wie sieht zunächst der Markt aus?

Kennzahlen Entwicklung

Beim mengenmäßigen Absatz verzeichneten die im Forum Wellpappe Austria organisierten Unternehmen 2022 mit 994,6 Millionen m2 gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang von 6,1 %. Die Produktion hat sich nach dem Corona-Nachholjahr (2021: 1.059,1 Mio m2) wieder auf das Vorkrisenniveau eingependelt. Beim Umsatz erzielte die heimische Wellpappe-Industrie 2022 ein Plus von 21,6 %: gesamt 739,8 Millionen Euro. „Dieser Anstieg reichte jedoch bei weitem nicht aus, den extremen Kostendruck bei Wellpappe- Rohpapieren, Hilfsstoffen und Energie voll auszugleichen“, erläutert Stephan Kaar, Sprecher des Forums Wellpappe. So stiegen die Kosten für Wellpappe-Rohpapiere seit Beginn 2021 bis Herbst vergangenen Jahres um über 50 % an.
Lebensmittelverpackungen bleiben mit knapp 46 % die wichtigste Produktgruppe, gefolgt von Maschinen, Möbel, Elektronikteilen und Automotive mit 18 %. Der Anteil von Versandverpackungen für Logistik und E-Commerce liegt nach Branchenschätzung bei rund 10 %.

Sinneswandel der EU für Wellpappe nicht nachvollziehbar

War man auf EU-Ebene vor vielen Jahren noch restlos überzeugt vom hohen Nachhaltigkeitsaspekt der Wellpappe-Produkte, so hat der europäische Staatenbund einem Sinneswandel unterzogen, der für die Wellpappe-Hersteller nicht leicht nachzuvollziehen ist. Es geht um das Thema Mehrweg, das nicht nur Wellpappe, sondern auch viele andere Verpackungshersteller in Europa betrifft (sie Novelle des AWG in Österreich). Die Mehrwegquoten sollen massiv angehoben werden.
Im Rahmen ihres „Green Deal“ hat die EU-Kommission kürzlich einen Entwurf für eine neue EU-Verpackungsverordnung vorgelegt. „Unsere Branche unterstützt zwar ausdrücklich die übergeordneten Ziele dieses Vorhabens, unsere Kritik richtet sich jedoch im Kern insbesondere gegen pauschalierte Mehrwegquoten“, sagt Branchensprecher Kaar. „Die im Entwurf vorgesehenen verpflichtenden Mehrwegquoten – 90 % bei Transportverpackungen für Haushaltsgroßgeräte ab 2030 und 50 % bei E-Commerce-Verpackungen ab 2040 sowie das generelle Verbot für Obst- und Gemüseverpackungen bis 1,5 Kilogramm – lehnt das Forum Wellpappe ab“, so Kaar. 

Wellpappe hat ihren Ursprung in der Holzfaser und wird mit einem nachhaltigen Leim verarbeitet. „Wir schauen dabei auf einen voll funktionierenden Kreislauf, 80% unseres Rohstoffes kommt aus dem Recycling, 90% aller Papiere selbst werden wieder recyclet“, so Kaar. „Man kann die Wertstoffe bis zu 25 Mal verwenden“, so Kaar.
Laut einer Studie des bifa-Umweltinstituts zur CO2-Bilanz verschiedener E- Commerce-Verpackungen schnitt beispielsweise eine Versandverpackung aus Wellpappe besser ab als eine Kunststoff-Mehrwegbox. Denn um eine ähnlich gute Schutzwirkung wie mit Wellpappe zu erzielen, müsste die Kunststoffbox mit deutlich höherem Eigengewicht eingesetzt werden. Hinzu kommen Faktoren wie die fossile Rohstoffbasis der Kunststoffbox gegenüber der pflanzlichen Basis der Wellpappe, die notwendigen Leertransporte der Mehrwegbox sowie die aufwändigen Reinigungsprozesse. „Anstelle einseitiger Mehrwegquoten sollte die tatsächliche Ökobilanz einer Verpackung über den gesamten Lebenszyklus entscheidend sein,“ fordert Kaar.

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geschrieben am

25.05.2023