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Weihnachten 2021: eine Maskerade?

Weihnachten 2021: eine Maskerade?

Sind die gelobten Rahmenbedingungen für den Weihnachts-Einkauf im Handel eine Vorspiegelung falscher Tatsachen? Weihnachten wie damals, das wünschen sich die Händler in Österreich. Der Wunsch wird realistischerweise nicht erfüllt werden.

Es ist nun schon das zweite Weihnachtsgeschäft mit schlechten Vorzeichen: 2020 befand sich Österreich in einem nahezu kompletten Lockdown vor den Feiertagen – und sofort danach wieder. Heuer, 2021, öffnete der Handel erst spät und die Gastronomie, die ja bekanntermaßen den Handel beflügelt, ist teilweise noch immer geschlossen.
Dabei ist gerade der Weihnachtsumsatz für den Handel so wichtig, gilt er doch als das 5. Quartal, als Zusatzumsatz oder auch Mehrumsatz des Jahres. Im November und Dezember eines Jahres werden die meisten Umsätze im Handel gemacht. Sind in diesen Monaten die Geschäfte geschlossen, so tut das richtig weh.  Und seit der Covid-Krise gilt: je kleiner und je weniger digital, desto diker fällt das Minus im Handel aus, das sagt auch Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will, der gemeinsam mit Jürgen Bierbaumer Senior Economist vom WIFO die Prognose des Weihnachtsgeschäftes in Österreich präsentierte.

Rahmenbedingungen

Fünf harte Lockdowns hat es in Wien schon gegeben, die meisten in ganz Österreich. 40.000 Betriebe und 200.000 Beschäftigte sind von jedem Lockdown betroffen. Die Unterstützungen landen nicht oder nicht rechtzeitig bei den Unternehmen, die sie gerade jetzt, wo doppelte Gehälter anstehen, dringend benötigt werden. „Dazu kommt, dass immer von Hilfen gesprochen wird, es sind aber Entschädigungen, die der Handel fordert“, so Will. Liquidität ist die Luft, die zum Atmen gebraucht wird. Innerhalb des Handelsuniversums entsteht immer mehr ein Ungleichgewicht, denn der Online-Handel, der ja 24 Stunden am Tag offen hat, gewinnt immer stärker an Bedeutung. „Smartphone-Shopping ist ein Trend“, so Bierbaumer.
Für den 19.12. ist die Öffnung der Geschäfte vorgesehen, um die Einbußen der letzten Wochen wettzumachen. Doch auch hier können und werden nicht alle Händler öffnen, da sie es sich nicht leisten können, das Personal zu bezahlen, das an solchen Tagen das doppelte Gehalt bekommt. Und noch ein Thema regt zum Denken an: 1/3 der Handelsangestellten ist noch nicht geimpft, ½ zweimal und 1/3 geboostert. „Wir sind dennoch kein Corona-Hotspot, sondern ein Safe-Spot“, sagt Rainer Will und fordert von der Politik nicht nur eine Anpassung der Quarantäne- und Lockdownbestimmungen bei Omikron, sondern auch einen stärkeren Einbezug von Experten abseits der Parteitaktik.

Wie wird Weihnachten in Zahlen?

So wie man nicht vorhersehen kann, ob es weiße Weihnachten geben wird oder nicht, ebenso wenig ist die Vorhersage über das umsatzmäßige Weihnachtsgeschäft seriös. Alle Angaben sind immer nur Prognosen und diese werden wir hier zusammenfassen.
Die Umsatzprognose von Handelsverband und Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) für den österreichischen Einzelhandel geht heuer von einem weihnachtsbedingten Mehrumsatz von 1,2 Mrd. Euro netto aus. Das entspricht einem Plus von 100 Mio. Euro im Vergleich zum Vorjahr (1,1 Mrd. Euro netto), als das Weihnachtsgeschäft ebenfalls stark durch die Pandemie nach unten gedrückt wurde. Es gibt überdies deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen. Betrachtet man lediglich den Nichtlebensmittelbereich, liegen die Mehrumsätze im Dezember weiterhin um 50 Mio. Euro unterhalb des Vorkrisenniveaus 2019. Insgesamt wird das Umsatzvolumen heuer im Dezember auf nominell 6,75 Mrd. Euro geschätzt (Vorjahr: 6,5 Mrd. Euro).
Im Schnitt werden die Österreicher heuer 463 Euro für Geschenke ausgeben. Das ist zwar um 43 Euro mehr als im Vorjahr, aber weniger als 2019, dem Jahr vor der Pandemie. Der Anteil jener Umsätze, die aus unserer Volkswirtschaft abfließen, hat allerdings zugenommen, wodurch dem österreichischen Handel weniger bleibt. Mangels Planbarkeit setzt sich der Trend zu Gutscheinen (knapp 23%) ebenso fort wie auch die Beliebtheit von Geldgeschenken (11%). Reisen und Wellnessurlaube werden hingegen Corona-bedingt deutlich weniger unter den Christbaum gelegt als vor der Pandemie. Die Hochsaison des Handels hält durch das Einlösen von Gutscheinen, Geld und auch durch Umtausch bis in den Jänner an, ein natürliches Kundengewinnungsprogramm.

Bei den bevorzugten Waren greift heuer jedes dritte österreichische Christkind im Einzelhandel zu Bekleidung (38%), Parfum/Kosmetikprodukten (30%), Süßigkeiten (29%) und Büchern (29%), immerhin jedes Vierte zu Spielzeug (28%) und Accessoires (22%) Jeder Siebte wird heuer alle Weihnachtsgeschenke im Onlinehandel kaufen.

Das Resümee über den ersten Einkaufstag nach dem Lockdown in Wien von Margarete Gumprecht, Spartenobfrau Handel, Wirtschaftskammer Wien ist positiv: „Die Frequenz war sehr gut, es waren sehr viele Menschen unterwegs, um ihre Weihnachtseinkäufe endlich wieder vor Ort zu erledigen. Unsere Kunden kaufen bewusst ein. Viele haben sich im Vorfeld genau informiert und kaufen gezielt im stationären Handel ein.“
Prinzipiell hat sich an der Unterscheidung der Branchen innerhalb des Handels wenig verändert. Der Lebensmittelhandel wird so wie 2020 einen Mehrumsatz von mehr als 600 Mio. Euro erreichen. Das ist eine Verdoppelung von 2019.

Prognose Handel 2021

Aus all diesen Faktoren leitet sich die Gesamtjahresprognose 2021 für den stationären österreichischen Einzelhandel von 74,4 Milliarden Euro brutto ab. Eine moderate Steigerung von rund 3% gegenüber dem Krisenjahr 2020. Bereinigt man allerdings um die durchschnittlichen Preissteigerungen im Gesamtjahr, wird der stationäre Handel heuer real mit ca. 1,5% nur halb so viel wachsen. Der Onlinehandel wird hingegen heuer um mehr als 20% wachsen. Corona war hier eindeutig ein Brandbeschleuniger. Am Ende des Jahres wird erstmals mit 9,6 Milliarden Euro ein eCommerce-Anteil am gesamten Einzelhandelsumsatz von mehr 13% erreicht werden. „Leider fließen fast zwei Drittel davon ins Ausland ab", so Will. Viele heimische Händler haben das Potenzial des Onlinehandels in den langen Pandemie-Monaten erkannt und in ihren Webshop investiert - eine wertvolle Entscheidung. Die Zahl der österreichischen Webshops ist dadurch auf mehr als 15.000 angewachsen.

Seit Lockdown #3 in der Vorweihnachtszeit 2020 haben sich Konsumenten an Weihnachtseinkäufe via Internet gewöhnt, sagt auch das IHS der JKU. Lockdown #5 im November/Dezember 2021 hat diese Entwicklung noch zusätzlich beschleunigt, so dass heuer mit Online- Geschenkeausgaben in Höhe von rd. € 590 Mio. zu rechnen ist. Gegenüber dem Vorjahr (rd. € 480 Mio.) bedeutet dies ein Plus von fast einem Viertel. Im Vergleich zu Vor- Corona-Zeiten sind die Ausgaben für die Internet-Weihnachtseinkäufe um nahezu zwei Drittel angestiegen. Das schlägt sich natürlich auch im erhöhten Paketaufkommen in der Vorweihnachts nieder.

Worauf kommt es wirklich an?

Eine Umfrage von Billa zu Weihnachten stellt fest: Bei 7 von 10 Befragten darf die Zeit mit Familie und Freunden nicht zu kurz kommen (68 %). Auch der Christbaum gilt für mehr als die Hälfte (57 %) als Must-have für eine gelungene Bescherung. Für rund jeden Zweiten zählen besondere Speisen zu einem stimmigen Fest (45 %) – vor allem Kekse und Weihnachtsgebäck sind hoch im Kurs (53 %). Auch das Auge feiert mit: Fast die Hälfte (48 %) gibt an, dass Schnee und eine winterliche Landschaft sowie ein stimmungsvoll geschmücktes Zuhause für die perfekte Weihnachtsstimmung sorgen. Trotz der vielen Ansprüche, die die Österreicher an Heiligabend stellen, sagt die Mehrheit (85 %), dass die Weihnachtsfeste in den vergangenen Jahren perfekt gelungen sind. in Weihnachtsfest wie vor der Corona-Pandemie wünschen sich fast 4 von 10 Personen (39 %), 38 % wünschen sich Harmonie und mehr als jeder Dritte gutes Essen (36 %).

willhaben hat etwa 4500 User rund um Weihnachtsvorbereitungen und Bräuche befragt. Auch dieses Jahr steht das Fest im Schatten der Pandemie. Für fast die Hälfte der Befragten hat die aktuelle Pandemie voraussichtlich Auswirkungen auf das diesjährige Weihnachtsfest. Das äußert sich vor allem durch kürzere Treffen und kleinere Feiern im engsten Familienkreis. Auch Reisen zur Verwandtschaft im Ausland sind betroffen. Zudem sorgt laut Befragung die Kurzarbeit und das dadurch fehlende Geld mancherorts für weniger Geschenke.
Was am 24. Dezember serviert wird, ist in den meisten Familien ein großes Thema. Dort wo es eine fixe Tradition gibt, kommen zumeist Fisch, Kalte Platte, Würstel oder Raclette auf den Festtagstisch. In Oberösterreich belegen die Würstel den ersten Platz – bei rund einem Drittel landen diese auf dem Festteller. Der Fisch ist vor allem in Wien ein beliebtes Weihnachtsessen. Hier hat er in 29 % der Haushalte Tradition. In Vorarlberg ist Raclette besonders beliebt. Was zur Weihnachtszeit nirgendwo fehlen darf: Kekse. Sie spielen schon vor dem Weihnachtsfest eine wichtige Rolle und begleiten durch den Advent. Mehr als die Hälfte der Befragten bäckt dieses Jahr Kekse (mit). Das Essen der Kekse gehört zur Weihnachtszeit für fast alle dazu: rund drei Viertel wollen auf gar keinen Fall auf den Genuss verzichten. Nur 2 % aller Befragten widerstehen den feinen Gebäcken. Besonders beliebt sind Vanillekipferl, Lebkuchen, Linzeraugen/Linzerradln, Kokosbusserl und Rumkugeln.

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geschrieben am

16.12.2021