Was reizt Kaufland an Real?
Bericht von Dr. Hanspeter Madlberger
Turbulenter Jahresauftakt im deutschen Einzelhandel. Für die Real Verbrauchermärkte, im vergangenen Jahr von Mutter Metro in die Verkaufsauslage gestellt, hat laut „LZ“ die Schwarz-Tochter Kaufland neuerdings lebhaftes Kaufinteresse signalisiert.
Allerdings nicht am Gesamtpaket, denn Kaufland will nur 80 bis 100 der insgesamt rund 280 Real-Standorte übernehmen. Auch die Edeka wird als Kaufinteressent für ein größeres Real Paket gehandelt. Die Real-Zerstückelung scheint ihren Lauf zu nehmen.
Für den Fall, dass Kaufland bei Real massiv zuschlägt, hat das EHI Köln, dieser Tage folgenden Kennzahlenvergleich, bezogen auf den deutschen Markt, als Hintergrundinfo vorgelegt
Kennzahlen 2017 Kaufland Real
Nettoumsatz (in Milliarden Euro) 12,66 7,25
Anzahl der Filialen (absolut) 662 282
Gesamtverkaufsfläche (in Millionen m2) 2,87 1,94
Durchschnittliche Verkaufsfläche der Märkte (in m2) 4.340 6.880
Flächenproduktivität (Bruttoumsatz in Euro pro m2 VK-fläche) 4.940 4.240
Kundenzufriedenheit mit Angeboten und Leistungen – Note (1) 2,03 2,17
Werbeaufwendungen (in Millionen Euro) 222,70 46,90
- Daten für 2018; Skala von Note 1 „vollkommen zufrieden” bis Note 5 „unzufrieden”.
- Quelle: EHI Retail Institute auf der Basis von Unternehmens- und Sekundärinformationen (GfK, TradeDimensions, Service Barometer, Nielsen Media Research)© Handelsdaten 2019).
Wir lernen daraus: Kaufland weist eine höhere Flächenproduktivität und damit eine signifikant höhere Ertragskraft als Real auf. In der Werbung ist Kaufland ungleich präsenter als die ungeliebte Metro-Tochter Real. Wenn hundert Real-Standorte zur Lidl-Schwesterfirma wandern, dann kann diese ihren Umsatz um rund 2,5 Mrd. Euro steigern. Und, falls die Wettbewerbsbehörde zustimmt, ihren Marktanteil als führendes Verbrauchermarkt-Format in Deutschland massiv ausbauen. Voraussichtlich wird Real aufgeteilt, ein Konzentrationsschub im deutschen LEH tritt allemal ein. Da heißt es für die Lieferanten tief durchatmen. Pointe am Rande: Sowohl Real als auch Kaufland sind aktuell Mitglieder der Markant-Gruppe.
Lidl und Kaufland: Zwei ungleiche Schwestern
Das Marktforschungsinstitut IGD analysierte im Mai 2018 die (Netto-) Umsatz- Entwicklung der Schwarz-Gruppe und ihrer beiden Töchter Lidl und Kaufland. Genereller Befund: Discounter Lidl weist ein rasantes (Auslands-) Wachstum auf, während Kaufland tendenziell stagniert. Im Geschäftsjahr 2017/2018 (1.3. 2017 bis 28. 2. 2018) legte Lidl beim Umsatz um 8,8% zu, Kaufland nur um 3,0%. Lidls Umsatzwachstum wurde großteils außerhalb Deutschlands generiert. Der Markteintritt in den USA fand in diesem Geschäftsjahr statt, per 28.2. 2018 waren dort 50 Lidl-Märkte in Betrieb. Noch leidet Lidl jenseits des Großen Teiches unter Marktanpassungsproblemen. In Europa war Lidl vor allem in Großbritannien extrem erfolgreich. Die Umsätze stiegen dort um 16% auf umgerechnet 7 Mrd. €. Unter den Töchtern auf dem europäischen Festland steigerte Lidl Austria seine Nettoumsätze um 8,3% auf 1,3 Mrd. €,in Spanien um 7,8% auf 3,6 Mrd. in der Tschechische Republik um 14,0% auf 1,7 Mrd. und in Schweden um 11,2% auf rund eine Mrd. Auf dem deutschen Heimmarkt legte Lidl nur um 5,2% zu. Mit erhöhter Aktionsschlagzahl und einer Ausweitung des Sortiments auf 2.300 SKUs reagiert Lidl daheim auf die Expansion seiner Hauptmitbewerber Aldi Süd und Aldi Nord.
Weniger erfolgreich als die Diskont-Schwester operierte zuletzt die Hypermarkt-Kette Kaufland. Im letzten Geschäftsjahr konnte Kaufland in Deutschland beim Umsatz nur um 0,8% zulegen. Hohe Investitionen in den Relaunch zahlreicher Häuser führten kurzfristig zu erheblichen Gewinneinbußen. Die spektakulären Konditionen-Konflikte mit Markenartiklern wie Unilever sind in diesem Zusammenhang zu sehen. Während Kaufland in Rumänien leicht zulegte (+4,1 % auf umgerechnet 2,2 Mrd. €) musste die Tschechien-Tochter ein Minus von 2% hinnehmen und liegt jetzt ebenfalls bei einem Jahresumsatz von umgerechnet 2, 2 Mrd. Euro. Unter diesen Aspekten betrachtet, kann Kaufland gerade jetzt einen Wachstumsschub durch die Übernahme eines größeren Real-Pakets sehr gut brauchen.
Global: Schwarz Gruppe wächst, Metro-Gruppe schrumpft
Ein Deal dieser Größenordnung zwischen Metro und der Schwarz Gruppe ist auch bei globaler Betrachtung der beiden deutschen Handelsriesen bemerkenswert. Wie dem jüngst veröffentlichen Deloitte Report “GlobaL Powers of Retailing“ zu entnehmen ist, rangierte die Schwarz-Gruppe (Lidl und Kaufland) 2017 im Ranking der 250 weltgrößten Retailer mit einem Umsatz von knapp 112 Mrd. $ an fünfter Stelle, Metro belegt nach der Abspaltung von Ceconomy (Media Markt/Saturn) mit knapp 41 Mrd. $ nur mehr Rang 26. Während die Metro-Umsätze aufgrund der umfassenden Umstrukturierung (insbesondere durch den Verkauf der Kaufhof-Warenhäuser) in den vergangenen Jahren stark schrumpften, verzeichnete die Schwarz-Gruppe im Zeitraum 2012 bis 2017 ein durchschnittliches jährliches Umsatzwachstum von 7,5%. Stärker legten unter den Großen in diesem Zeitraum nur Amazon (+18% p.a.) und Ahold (durch die Fusion mit Delhaize) mit einem Plus von 13,8% zu. Die Aldi-Gruppe, die mit einem Umsatz von 98 Milliarden $ Rang acht unter den Global Retailers belegt, schaffte im fünf-Jahres-Vergleich eine jährliche Wachstumsrate von 7,2%. Auch nicht schlecht.
Kleiner Schönheitsfehler der Deloitte Studie: Global Player Carrefour scheint in diesem Ranking auf eigenem Wunsch (!) nicht auf.