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MAG. GERALD HACKL, Vorstandsvorsitzender der VIVATIS Holding AG

VIVATIS: „Hatten enorme Mehrkosten 2023“

Vorstandsvorsitzender der VIVATIS Holding AG, Mag. Gerald Hackl, fordert für die Sicherstellung des Wirtschaftsstandortes Österreich mehr Sensibilität und Verständnis für in Österreich produzierende Unternehmen.

Als in Österreich produzierendes Unternehmen im Lebensmittelsektor braucht es zur Zeit eine hohe Resilienz. Die VIVATIS Holding AG (kurz: VIVATIS) kann diese aufgrund ihrer Struktur und ihres Managements vorweisen, merkt aber auch, dass der wirtschaftliche und politische Wind in Österreich und auch in Europa deutlich rauer wird. Mag. Gerald Hackl, seit 2013 Vorstandsvorsitzender der Holding: „Ich bin wahrlich kein Pessimist, aber es wird überall nur mehr diskutiert. Und diese zahlreichen Diskussionen hemmen die wirtschaftliche Entwicklung.“ Er bezieht sich mit seiner Aussage dabei nicht nur auf die heimischen politischen Hickhacks, sondern auch auf die Überregulierung, die durch die Europäische Union passiert.

„Bis 2020 hat eine Planbarkeit das wirtschaftliche Leben und die Entwicklung der Unternehmen geprägt. Dann kamen die Covid-Krise, der Krieg in der Ukraine und nun auch weitere militärische Auseinandersetzungen sowie terroristische Aktivitäten, die die Lieferketten stark beeinflussen“, so Hackl. Mit zunehmendem Krisenmodus hat sich auch das Bewusstsein in der Bevölkerung hinsichtlich der  Wertigkeit von Lebensmitteln drastisch verändert. „Sprach man noch vor wenigen Jahren (insbesondere in der COVID-Krise) von der Wichtigkeit der Versorgung mit heimischen, regionalen und qualitativ hochwertigen Lebensmitteln, so muss heute alles nur billig sein“. Und die Schere zwischen Produktionskosten und Verkaufspreis geht immer weiter auseinander. „Wir haben ja bereits in Covid Zeiten 200-300 Mio. Euro an Umsatz in  den Bereichen Gastronomie, Hotellerie und Gemeinschaftsverpflegung verloren. Auch danach  gab es keine Verschnaufpause, denn mit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs wurden die Produktionskosten teurer. Niemand fragt sich heute mehr, WIE etwas produziert wird, Hauptsache es ist am Ende billig. Zu diesen wirtschaftlichen Herausforderungen kommt ein Bürokratie-Monsterwerk der EU. Ich bin im Grunde ein Verfechter der EU wirtschaftlich und politisch gesehen, aber mit all den Regeln und der Über-Bürokratisierung verlieren wir in Europa unsere Wettbewerbsfähigkeit“, blickt Gerald Hackl in die nahe Zukunft.

Lebensmittelsicherheit: Ja, aber alles hat Grenzen

Dass wir in Europa und natürlich auch in Österreich auf einem sehr hohen Standard bei dem Thema Lebensmittelsicherheit sind, ist klar und das muss auch so sein und bleiben. Aber die Rahmenbedingungen sind viel zu verrechtlicht. Damit erhöhen sich die Stückkosten in der Produktion immer weiter. „Wer soll hier noch die Löhne und Gehälter zahlen können, wer kann hier noch Fachkräfte finden?“, fragt sich der VIVATIS-Manager. „Im Normalfall hatten wir vor 2020 jährlich durchschnittlich rund 20 Mio. Euro an Mehrkosten in der Holding, 2023 waren es 170 Mio. Euro!“, so Hackl. Die wesentlichen Parameter dafür sind: Rohstoffe, Verpackung, Energie und Logistik, die Lohnkosten sind dabei noch gar nicht mit einbezogen. Auch wenn 2023 die Kosten für die genannten Positionen um 12% gesunken sind, so liegen sie noch immer 41% über dem Niveau der Vorkrise. 20 Mio. Euro bleiben ganz klar bei VIVATIS hängen und „irgendwann ist einfach Schluss mit Effizienz“, so Hackl. Da kann man an keinen Schrauben mehr drehen.

Macht man das Bild komplett, so muss man auch die Moral einiger Österreicher:innen miteinbeziehen, die ihre negative Einstellung zu Arbeit auf dem Rücken der Fleißigen ausleben. „Der politisch und medial geschürte Neid macht darüber hinaus noch sehr viel kaputt“, ist sich Gerald Hackl sicher.

VIVATIS: Wertschöpfung in Österreich

Beschaffung (Rohstoffe) aus Österreich, Produktion in Österreich, Arbeitskräfte und Steuern in Österreich, somit Wertschöpfung in Österreich – das ist das Credo der VIVATIS-Gruppe. „Und trotzdem schlägt man auf diese Unternehmen hin. Es wäre so wichtig, Unternehmen, die ihren Fokus auf und in Österreich haben, wesentlich mehr zu unterstützen. Wir sitzen in einem Boot: mit der Landwirtschaft und dem Handel“, so Hackl. Der Manager kritisiert auch hier die negative Stimmung im Lande, die noch zusätzlich geschürt wird. „Wir müssen als österreichisches Unternehmen das verdienen dürfen, was wir benötigen, um reinvestieren zu können – in Mitarbeiter:innen, neue Technologien, Innovationen und vieles mehr.

Klare Strategie

Im Zuge der Krisen hat sich das Unternehmen noch effizienter aufgestellt und macht jährlich eine „tour de raison“, um nachzujustieren. Trotz aller Herausforderungen will VIVATIS organisch und akquisitorisch wachsen – aber nicht um jeden Preis. Die Basis dafür sind die rund 3.500 Mitarbeiter:innen und Führungskräfte, die maßgeblich zur Entwicklung der Gruppe beitragen „Vor allem in Krisenzeiten sind unsere Geschäftsführer:innen und Manager:innen gefordert. Da sind wir bei VIVATIS Gestalter und weniger Verwalter. Mein Motto lautet: der Kapitän muss bei rauer See auf die Brücke“, beschreibt der Vorstandsvorsitzende seinen Weg, um auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Sicherheit zu geben. VIVATIS begleitet seine Unternehmen ganz eng in schwierigen Prozessen und durch harte Zeiten. Eine klar festgelegte Strategie gibt dabei Orientierung. Jedes Unternehmen besitzt einen „One Pager“, der als „Landkarte“ gilt: Portfoliostrategie, Positionierung am Markt, Ziele in 3-5 Jahren und die dazugehörigen Maßnahmen sind deren Inhalte.

In naher Zukunft will VIVATIS auch im Ausland wachsen. Vor allem über die 2019 übernommene Franken-Catering in Nürnberg, die bei Gourmet eingegliedert wurde,  um aus den derzeit 20-30 Mio. Euro zukünftig 60-70 Mio. oder mehr Euro Umsatz zu machen.  Bei Zukäufen hat man es bei VIVATIS gerne, wenn die Eigentümer im Unternehmen bleiben und ihr Wissen teilen, denn davon profitieren letztlich alle, wie die Erfahrung zeigt.

„Bei Maresi sind wir im Vertrieb sehr stark aufgestellt, vor allem auch, wenn es um den Osten Europas geht, wie die kürzlich erfolgte Übernahme von Enigma in Rumänien zeigt. Eventuell wagen wir uns in neue Länder und über die gewohnten Grenzen“, so Hackl. Übernahmemöglichkeiten gäbe es viele, aber von 10 angebotenen sind 1-2 interessant, denn „wir wollen uns nicht verzetteln und es muss einfach passen. Am Ende geht es immer wieder darum Freude an Marken aus Österreich und für Österreich zu haben.

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geschrieben am

18.01.2024