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Dr. Rainer Trefelik

KV-Abschluss im Eiltempo

Mit Sicherheit zählen diese Handels-KV-Verhandlungen zu jenen, die am schnellsten zu Ergebnis gekommen sind.

Man sagt ja hinlänglich, dass die Corona-Krise auch für etwas gut sei (wenn auch nicht viel). Für die am 21. Oktober gestarteten und am gleichen Tag beendeten Kollektivvertragsverhandlungen im Handel war "Corona" ein Katalysator. Denn man wusste:
die Unternehmen hatten ebenso unter den Lockdowns und Einschränkungen gelitten UND die Mitarbeiter jener Branchen, die offen hielten, kamen körperlich und geistig an ihre Grenzen. Während der Lebensmittelhandel, Elektronikketten, Baumärkte und Einrichtungshäuser Umsatzzuwächse verzeichneten, brachen die Erlöse im Textil-, Schuh- und Kfz-Handel stark ein. Auf der anderen Seite: Die Mitarbeiter des Lebensmittelhandels hielten während des CoV-Lockdowns die Versorgung in Österreich aufrecht und wurden medial als Helden bezeichnet. Die Arbeitnehmervertreter forderten bei den KV-Verhandlungen heuer „zumindest eine Inflationsabgeltung“ und eine CoV-Mitarbeiterprämie von Betrieben, die wirtschaftlich gut dastehen.

Ergebnis: +1,5% nachhaltig

Die Gehälter werden mit der Inflationsrate von 1,5 % nachhaltig erhöht - das ist das Ergebnis der Verhandlungen des Kollektivvertrages, so WKÖ-Handelsobmann Dr. Rainer Trefelik.  

Und: Die Sozialpartner empfehlen Handelsunternehmen, die trotz Krise finanziellen Spielraum sehen, eine Corona-Prämie in Höhe von mindestens 150 Euro.
„Die Prämie sollen noch heuer an die Beschäftigten fließen und die Konsumlaune zum Weihnachtsgeschäft im österreichischen Handel positiv beeinflussen“, ist Obmann Trefelik zuversichtlich.  "Auf Basis der Signale des heutigen Verhandlungstages gehen wir davon aus, dass mindestens ein Viertel der Angestellten im heimischen Handel davon profitieren werden.  Die kollektivvertraglichen Überzahlungen bleiben aufrecht. Die Arbeitgeberseite erreichte Liberalisierungen bei der so genannten Schwarz-/Weiss-Regelung wie auch administrative Erleichterungen durch die Verlängerung des Umstiegszeitraumes auf das neue Gehaltssystem bis 1. Jänner 2022."

Der neue KV für Handelsangestellte tritt mit 1. Jänner 2021 in Kraft.

Weitere Ergebnisse

 

Lehrlinge im Handel, die während des Lockdown per Verordnung vom Homeschooling ausgenommen waren und zur Arbeit herangezogen wurden, erhalten eine verpflichtende Prämie von 150 Euro. Die Sozialpartner konnten sich auch auf eine neue Zuschlagsregelung für die Arbeiten zu Silvester einigen. Für Arbeiten zwischen 13 und 15 Uhr gebührt am 31.12. ein Zuschlag von 50 %. Ab 15 Uhr ist ein Zuschlag von 100 % zu bezahlen. Als Ausgleich für verkürzte Ruhezeiten müssen künftig Ausgleichsruhezeiten gewährt werden. Sollte dies nicht möglich sein, entsteht Zeitausgleich. Änderungen bei der Samstagsregelung erleichtern die Möglichkeit von Wochenendarbeit für Teilzeitkräfte. Diese Regelungen treten bereits mit 1.12.2020 in Kraft.

Die Frist für den Umstieg auf das neue Gehaltssystem wird für die Betriebe um ein Monat auf 1.1.2022 verlängert.

Hintergrund-Infos zum Kollektivvertrag

Für rund 418.000 Angestellte und 15.000 Lehrlinge im Einzel-, Groß- und Kfz-Handel wurde verhandelt. Das kollektivvertragliche Mindestgehalt für Vollzeitangestellte liegt derzeit im alten Handelskollektivvertrag bei 1675 Euro brutto (1357 Euro netto) pro Monat, im neuen KV macht es 1714 Euro brutto (1384 Euro netto) aus. Knapp zwei Drittel der Angestellten im Handel in Österreich sind Frauen, im Einzelhandel liegt der Frauenanteil noch etwas höher. Viele Frauen arbeiten Teilzeit. Beim KV-Abschluss im vergangenen Jahr einigten sich Arbeitgeber und Gewerkschaft auf ein Plus von im Schnitt 2,35 %.

Applaus und Sorge vom Handelsverband

Die Stellungnahme des Handelsverbandes zur abgeschlossenen Verhandlung ist zwiespältig: Die fixierte Erhöhung bewegt sich mit +1,5 % knapp über der Teuerungsrate von 1,47 % und stellt gerade in diesen Zeiten für viele Händler eine kaum zu bewältigende Belastung dar. Wir haben immer gesagt, es braucht einen Schulterschluss zur Sicherung des "Arbeitsplatzes Österreich" und es muss daher auch im Sinne der Arbeitnehmervertreter die oberste Prämisse gelten, so viele Beschäftigte wie möglich im Handel durch die Krise zu führen. Daher ist die Verankerung einer freiwilligen Coronaprämie sinnvoll. Damit kann Mehrleistung tatsächlich dort entlohnt werden, wo es hingehört: nämlich individuell und auf betrieblicher Ebene.

Einen bitteren Beigeschmack beinhalten die Verlängerung der Ruhezeiten bei überlangen Arbeitszeiten sowie der Silvester-Zuschlag ab 13 Uhr. Diese Rahmenrecht-Änderungen treten bereits ab 1. Dezember in Kraft.

Dem Handelsverband ist nun die Reform des Rahmenrechts ein dringendes Anliegen. Vor allem das komplizierte Zuschlags- und Mehrstundenabrechnungssystem ist im Hinblick auf bessere wirtschaftliche Planungssicherheit möglichst rasch zu sanieren. Der wirtschaftliche Ausgang des restlichen Jahres steht für die Arbeitgeber noch in den Sternen, zumal die Infektionszahlen zuletzt stark angestiegen sind. Nun gilt es, im Schulterschluss mit den ArbeitnehmerInnen diese Herkulesaufgabe zu stemmen, um das wirtschaftliche Comeback zu schaffen.

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geschrieben am

21.10.2020