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Gerold Idinger, seit eineinhalb Jahren an der Spitze von Unilever Austria.

Unilever: Starke Marken bringen Vertrauen

Gerold Idinger, seit eineinhalb Jahren an der Spitze von Unilever in Österreich, führt das Unternehmen smart durch eine anspruchsvolle Zeit und kurbelt mit starken Marken das Konsumentenvertrauen an.

retailreport.at: Welche Bedeutung hat für Unilever der österreichische Markt, der österreichische Standort?

Gerold Idinger: Unser österreichischer Standort blickt auf eine langjährige Erfolgsgeschichte zurück und ist insbesondere einer der Top-Eismärkte von Unilever. Der Anteil von Eis am Gesamtumsatz ist im Vergleich zu anderen Ländern deutlich höher. Dadurch können wir den Konsumentinnen und Konsumenten eine hohe Sortimentstiefe bieten.

Genauso sind wir in allen Kategorien durch unsere starke Mannschaft vor Ort hervorragend aufgestellt. Mit unseren Marketing-, Sales- und Außendienstteams gelingt es uns schnell und agil unser Geschäft auf lokaler Ebene und partnerschaftlich mit dem Handel zu steuern. Zusätzlich sind wir im Sommer in ein brandneues Office gezogen: ein klares Commitment zum Standort Österreich. Wir leben somit “New Work” am Standort in Wien. 168 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in Österreich beschäftigt. Der Außendienst ist österreichweit flächendeckend aktiv.

Welche Besonderheiten sehen Sie für Österreich?

Unsere starken lokalen Marken sind für das Unternehmen sehr wichtig. Speziell im Lebensmittelbereich muss man als Händler auf starke Marken zurückgreifen können, um Vertrauen bei den Kundinnen und Kunden zu schaffen. Eine der wichtigsten Messgrößen für uns ist der Erfolg am Markt. Besonders die 1-Liter-Wanne Cremissimo, Jolly oder Twinni sind österreichische Highlights.

Bei Non Food aus dem Hause Unilever ist man preistechnisch vergleichbarer mit anderen Ländern, bei Food nicht – wie geht man damit um?

Grundsätzlich macht schon allein der hohe Aktionsanteil in Österreich Preisvergleiche schwierig. Wir haben in unserem Portfolio einen guten Mix an globalen Power-Brands und starken lokalen Marken. Insbesondere im Bereich Nutrition und bei Eis legen wir Wert auf lokale Innovationsgestaltung. Mit der daraus resultierenden hohen lokalen Sortimentstiefe schaffen wir es spannende Impulse am Markt zu liefern. Wir sehen auch, dass sich höchste Qualität und die Ausrichtung auf Konsumentenbedürfnisse auszahlt: pro Minute werden in Österreich 140 Knorr-Produkte gekauft.
Das heißt aber auch, dass wir bewusst eine höhere Komplexität in Kauf nehmen, die auch höhere Kosten mit sich bringt.

Wie haben sich Kategorien entwickelt?

Die meisten Kategorien im Markt, in welchen wir aktiv sind, zeigen ein stark wertgetriebenes Wachstum.
Durch die heißen Sommermonate entwickelte sich die Eiskategorie sehr dynamisch und wächst im oberen einstelligen Bereich. Mit insgesamt 29 Innovationen und allen Top-10 der umsatzstärksten Eis-Innovationen bieten wir den Konsumentinnen und Konsumenten nicht nur ein breites Portfolio an attraktiven Eisvariationen, sondern dem Handel mit lokalen Wachstumstreibern und einer vollen Innovations-Pipeline für 2024 auch gute Argumente für mehr Platz im Tiefkühlregal. Wir sehen auch, dass die Saison sich zunehmend verlängert und damit auch mehr TK-Regalplatz für Eis in den Wintermonaten rechtfertigt.

In den Non-Food Kategorien erreicht der Deo-Markt ein All-time-high. Rexona führt die Liste der Marken mit dem stärksten Wachstum an – das zeigt auch, dass Produktperformance ein wesentlicher Treiber in den Personal Care Kategorien ist.

Auch die Foods-Kategorien zeigen eine kontinuierlich starke Leistung mit fast zweistelligem Wachstum. Insgesamt konnte Knorr Marktanteile gewinnen und die die dynamische Entwicklung des Marktes treiben wir insbesondere mit unseren Knorr Bouillons deutlich voran.

Im Dressings Bereich sind wir mit unserer Mehrmarkenstrategie gut aufgestellt: Unsere Marken Hellmann’s, Maille und Kuner sorgen für Umsatzwachstum nicht nur zur Grillsaison, sondern auch zu Weihnachten, dem zweiten großen Schwerpunkt im Jahr. Denn anlass- und themenbezogene Impulse am POS sind wichtig. So gelingt es uns bspw. mit unserer Traditionsmarke Kuner (in neuem Design) den Umsatz maßgeblich zu steigern und in 2023 sogar Marktanteile zu gewinnen.

Damit sind wir starker Treiber des Kategorie-Wachstums und bringen damit eine positive Dynamik in den Handel.

Was sind die Zukunftsthemen, mit welchen Sortimenten ist heute noch eine gute Performance im Handel möglich?

Perspektivisch gesehen sind insbesondere Convenience und bewusste Ernährung starke Zugpferde im Wachstum. Knorr zeigt bspw. ein überproportionales Wachstum im Bereich Fertiggerichte/Snacking und bietet unterschiedliche Formate für jeden Anlass, vor allem die Asia-Linie entwickelt sich hier sehr gut.

Das Thema bewusste Ernährung sehen wir in der weiter sehr dynamischen Zunahme veganer Produkte: das ist ein echter Wachstumsmotor und wir haben früh begonnen, diesen Markt aufzubereiten. Mittlerweile sehen wir in Studien, dass sich eine Mehrheit der jungen Erwachsenen pflanzenbewusst ernährt. 

Mit The Vegetarian Butcher launchen wir gerade das Plant-based Kebab vom Spieß für die Gastronomie. Auch bei der Marke Hellmann’s ist die vegane Variante schon gleichauf mit dem Klassiker. Mit Blick auf den gesamten Foods Bereich ist mittlerweile jedes 5. Produkt vegan und auch bei Eis gewinnt vegan weiter an Bedeutung. In Summe wollen wir bis 2030 20% vegane Produkte verkaufen.

Neben dem Produktportfolio ändert sich auch die Ansprache der Konsumentinnen und Konsumenten.

Zusätzlich ist die GenZ ein starker Treiber eines ganzheitlichen Umdenkens: Die Wichtigkeit von Markenwerten steigt massiv. Eine klare Ausrichtung von Marken ist daher essenziell und diese Entwicklung zeigt uns, dass wir mit unseren Marken, die klare Werte vertreten, auf dem richtigen Weg sind. Damit die Kommunikation dieser Markenwerte an jüngere Ziel-Gruppen jedoch auch gelingt, bedarf es eines radikalen Umdenkens in der Ansprache. Denn mit rund 4h 45min die die Gen-Z pro Tag auf ihrem Smartphone verbringt, 54% davon auf Social Media, ist eines klar: Existiert man in der digitalen Welt nicht, existiert man gar nicht.

Neben klassischer OOH-Werbung setzen wir daher, wie z.B. bei unserer aktuellen Knorr-Kampagne, stark auf digitale Kanäle. Mit umfassendem Content-Marketing zu Kochrezepten, einem AR-Spiels auf Social Media und einer Trickcooking-Influencer-Challenge, bei der Follower Rahmenbedingungen fürs Kochen vorgeben, wird die junge Zielgruppe direkt angesprochen. Das Ergebnis der kreativen Maßnahmen: unglaubliche 50 Mio. Impressionen. Ein klares Zeichen, dass wir hier perspektivisch auf Schiene sind.

Als Category Leader hat man Verantwortung: wo liegt die wichtigste Verantwortung?

Als Category Leader sehen wir uns klar in der Verantwortung für Kategorie-Wachstum zu sorgen und da spielt Nachhaltigkeit eine große Rolle, in der Zusammenarbeit mit unseren Handelspartnern aber auch für die Konsumentinnen und Konsumenten. Nachhaltigkeit hat dabei unterschiedliche Dimensionen- ökonomisch, sozial und ökologisch.

Zum Thema ökologische Nachhaltigkeit geben wir bei Unilever mit unserem Climate Transition Action Plan (CTAP) ein klares Commitment:

In dem Plan haben wir eine Vielfalt von Zielen und Maßnahmen zur Emissionsreduzierung festgelegt, die mit dem 1,5˚°C-Ziel des Pariser Abkommens übereinstimmen und Anstrengungen gegen den Klimawandel beschleunigen sollen. Ganz konkret: Unser Ziel ist es, dass unsere Produkte ab 2039 netto-emissionsfrei sind – von der Materialbeschaffung bis zum Verkaufsregal. Wir sind eines der ersten Unternehmen, das einen solchen Plan den Aktionärinnen und Aktionären zur Abstimmung vorgelegt hat. Mehr als 99 % haben für den Plan gestimmt.

Doch wir setzen uns nicht nur hochgesteckte Ziele, sondern liefern auch Ergebnisse: Kürzlich hat Unilever zwölf Patente unserer hauseigenen Nachhaltigkeitserforschung mit der Konkurrenz kostenfrei geteilt. Diese umfassen Eiscreme-Formulierungen, welche auch bei -12 anstatt von -18 Grad nachweislich stabil und mit höchster Qualität gelagert werden können. Die Erwärmung der Kühlkette reduziert den Energieverbrauch und die Treibhausgasemissionen pro Tiefkühltruhe um 20-30%. Mit der Veröffentlichung möchten wir es dem Wettbewerb ermöglich, ebenfalls mitzuziehen und treiben so die Realisierung einer breitflächigen Umstellung der Kühltruhen voran.

Dieses Commitment geben wir, weil wir es für richtig halten und damit Angebote für die Nachfrage, welche sich immer stärker in diese Richtung entwickelt, schaffen.

Welche Themen beschäftigen einen Markenartikelhersteller derzeit ganz besonders? Welche Sorgen hat er? Wie kann man diese lösen?

Beobachtet man sich die Stimmungslage der Shopper, waren die letzten Monate von Verunsicherung geprägt und das hat auch das Einkaufsverhalten beeinflusst. Die Inflation ist weiterhin ein spürbares Thema, die Bedeutung von Promotions bleibt damit hoch. Hinzu kommt, dass die Kosten weiterhin auf einem sehr hohen Niveau sind. Wir sehen jedoch eine leichte Erholung im Konsumverhalten: Die Kaufkraft soll laut WiFo in 2024 wieder steigen. Konkret ist ein Anstieg der  privaten Konsumausgaben (real) um 1,8% prognostiziert. Auch das Konsumbarometer in Deutschland ist wieder über dem Stand vor Beginn des Ukraine-Kriegs.

Jetzt geht es also darum das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten gemeinsam mit dem Handel zurückzuholen. Und hier blicke ich positiv in die Zukunft.
Denn starke Marken mit zentralen Werten sind hier ein zentraler Hebel zur Belebung des Handelsgeschäfts und Treiber für Fortschritt. Durch Saisonalitäten am POS sorgen wir für Freude am Einkaufen und kurbeln damit die nachhaltige Kategorie-Entwicklung an. Mit Investitionen in unser Kernportfolio bringen wir zusätzlichen Schwung in den Handel und die Konsumentinnen und Konsumenten ans Regal. Denn unsere Produkte sind ein wichtiger Anker des täglichen Einkaufs: der Wert eines Warenkorbs, der eine Knorr Bouillion enthält, ist doppelt so hoch. Davon profitiert am Ende auch der Handel.

Interviewt von Gabriele Jiresch

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geschrieben am

10.01.2024