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Ungleichgewicht im Online-Handel

Temu, Shein & Co. machen es den Händlern aus Österreich und ganz Europa schwer. Vor allem das gesetzliche Ungleichgewicht ist verstörend.

Handels-Obmann Rainer Trefelik geht d’accord mit US-Präsident Joe Biden, der unlängst meinte: „Wettbewerb ist völlig in Ordnung, solange er fair ist“. Diese Fairneß im Online-Handel braucht vor allem auch der heimische (Online-) Handel derzeit ganz besonders, da die Kauflaune der Konsumenten noch nicht auf einem wirklich guten Niveau ist. Das erste Quartal 2024 ist vorbei und war nach wie vor herausfordernd mit einem realen Minus. Aktuell steht man bei einem Null-Summen-Ergebnis im Handel und es wird sich zeigen, was das Jahr 2024 noch so bringt.

Die Rahmenbedingungen für Händler und Hersteller sind jedenfalls sehr sportlich: Lieferkettengesetz, Entwaldungsverordnung, PPWR, Einweg-Pfand – um nur einige wenige gesetzliche Herausforderungen zu nennen. Aber eben nicht für alle Händler, wie es scheint. Denn: zwei große chinesische Plattformen stechen hier besonders hervor, wenn es um die Nicht-Einhaltung von gesetzlichen europäischen Rahmenbedingungen geht: Temu und Shein. Rund 30.000 Temu-Pakete kommen TÄGLICH ins Land, meist finden sie den Weg über Budapest, wo Temus Riesen-Lager mit eigenem Frachtflughafen errichtet wurde. Die Pakete sind meist Single-Pakete (also mit einzelnen Waren bestückt), so kommt es unter anderem auch auf diese hohe Zahl. In Ungarn und auch Belgien werden diese Pakete zollmäßig abgefertigt. Eine zollrechtliche Nachkontrolle in Österreich ist nicht mehr möglich. Branchenexperten gehen davon aus, dass bis Ende 2024 insgesamt 30 Millionen Pakete nach Österreich geliefert werden.

Dazu kommt, dass die genannten chinesischen Plattformen weder ARA-Abgabe, Lizenzentgelte für Elektrogeräte oder Urheberrechtsabgaben, etc. zahlen. Dass es auch anders geht, beweist der gute gesetzliche Umgang von Amazon mit den europäischen Rahmenbedingungen.

Warum kaufen die Konsumenten bei Temu und Shein ein?

Die Hauptzielgruppe der Plattformen sind weiblich, jung, Schnäppchenjäger und Vielkäufer mit wenig Budget. Bei ihnen fällt auch die sehr aggressive Werbung und Marketing-Strategie vor allem über Soziale Medien auf fruchtbaren Boden. Eine JKU-Studie von Dr. Christoph Teller und Dr. Ernst Gittenberger untersuchte die Zielgruppe. 82% der österreichischen Online-Shopper kennen zumindest eine chinesische B2C-Online Plattform. 76% der Internet-Käufer haben bereits von Temu gehört oder gelesen. Laut aktuellen Hochrechnungen belaufen sich die Ausgaben bei diesen Plattformen bei bereits 7-9% der gesamten Online-Ausgaben. Und die Ausgaben treffen sowohl heimische als auch internationale Online-Händler stark.

Im Jahr 2023 liegen die Importe bei 3,38 Mio. Pakete. Jährlich werden in Österreich rund 1,7 Mio. Pakete mit einem Warenwert von bis zu 150 Euro eingeführt. Die Kontrollquote beträgt nur 2%.

„Uns geht es um eine faire Behandlung aller Händler und Online-Händler“, so Rainer Trefelik und Bundessparten Geschäftsführerin Iris Thalbauer. „Es müssen für alle Player am Markt die gleichen Rahmenbedingungen gelten – sowohl in Österreich als auch in Europa. Denn es kann nicht sein, dass die Erfüllung der Gesetze und die Kostenstrukturen nur für europäische Player gelten“.

Forderungen der Bundessparte Handel im Überblick

Von den Interessensvertretern wird von der Politik verlangt:

  • Zeitnahe Einstufung als sehr große Online-Plattformen gemäß dem Gesetz über digitale Dienste (DSA) – bei Shein ist das bereits in der Endphase. Alleine dadurch werden die Plattformen schon in einigen wesentlichen Bereichen in die Pflicht genommen.
  • Dringende Reform für die EU-Zollpolitik im Zeitalter des elektronischen Handels: Zölle müssen fair eingehoben werden und vor allem muss es sichergestellt werden, dass alle Umwelt-, Sicherheits-, und Ethikstandards der EU eingehalten werden.
  • Sicherstellen der ordnungsgemäßen Abfuhr von Lizenzentgelten für Verpackungen und Elektrogeräten
  • Sicherstellung der ordnungsgemäßen Abfuhr von Urheberrechtsabgaben/Gerätevergütung/Reprografievergütung
  • Adaptierung des Weltpostvertrages an die neuen Herausforderungen (China gilt im Sinne dieses als Entwicklungsland!?!)
  • Erhöhung der Kontrolldichte bei der Produktsicherheit/Produktpiraterie
  • Einrichtung einer Stelle mit möglichst weitreichenden Kompetenzen (One Stop Shop)

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geschrieben am

25.05.2024