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Unibox, einer der ersten unbemannten Stores in Österreich

Unbemannte Nahversorger: Disruption von außen

Das Institut für Handel, Absatz und Marketing der JKU veranstaltete einen Dialog über unbemannte Nahversorger – ein Für und Wider.

Sabine Benoit, Professorin an der University of Surrey brachte es auf den Punkt: Disruptionen in einer Branche kommen meistens von außerhalb, also nicht unbedingt von den Branchenprimi selbst. Beim Praxisdialog der JKU, Institut für Handel, Absatz und Marketing erlaubte sie spannende Ein- und Ausblicke zu unbemannten oder autonomen Geschäften auf internationaler Ebene: in Österreich kennt man die Unibox, die Billa-Regionalbox, sowie den Kastlgreissler, aber auch die Bistro-Box (OÖ).

International gibt es noch mehr zu bieten: den Albert Heijn Digital Store und die Avec Box von Valora in der Schweiz; Rewe to go, Shop Box von Lidl oder Teo von Tegut sowie Tante enso in Deutschland und Spar mini in Schweden. Sie alle haben unterschiedliche Ausrichtungen ja nach Bauweise (im Container oder fix verbaut), im Bezahlprozess (SB-Zugang mit und ohne voller Automatisierung) oder aber den Standort betreffend (in Dörfern und bestehenden Gemeinschaften, wie Unis und Krankenhäuser oder aber völlig alleinstehend, aber an Verkehrsknotenpunkten).

Fakt ist: aktuell wird getestet, was das Zeug hält und wieder einmal hat die Covid-19-Krise die Entwicklung beflügelt. Die ersten Expansionspläne der Marktteilnehmer sind ambitioniert, allerdings holt die Akteure die Realität schnell ein, denn die Kosten übersteigen oftmals die wahren Einnahmen.

Benoit fasst die Vorteile der unbemannten Nahversorger zusammen:

  • Offenheit für neue Technologien, Neugier
  • Akzeptanz, aber unter der Bedingung, dass die Preise und das Warenangebot ähnlich zu bemannten Formaten sind
  • Bequem
  • Kein persönlicher Kontakt notwendig (während der Pandemie besonders relevant)

aber auch die Kehrseiten der Medaille:

  • Kein persönlicher Kontakt (wird als wertstiftend empfunden)
  • Kontrollverlust in außergewöhnlichen Situationen (z.B. technische Schwierigkeiten)
  • Wahrung der Privatsphäre während der Videoüberwachung
  • Angst, dass Technologie zum Jobverlust für Mitarbeiter führt
  • Sorge, dass Produktqualität eingeschränkt ist
  • Geschäft ist ggf. unsicher

Sabine Benoit sieht in diesen unbemannten Boxen jedoch einen Trend, der weiter wächst, auch in Österreich. Hierzulande sind 600 Gemeinden ohne Nahversorger, was die Entwicklung noch anfachen wird. Dr. Manfred Zöchbauer von der Wirtschaftskammer OÖ sieht Parallelen: die Boxen werden in der Zahl ansteigen und es ist notwendig eine Angleichung zwischen Automaten und unbemannten Boxen zu machen, was die gesetzliche Komponente betrifft. Aber eine allgemeine Sonntagsöffnung sieht man nicht, schon gar nicht im bemannten Handel.

Einer, der es wissen muss

Dkfm. Andreas Haider, Eigentümer des Unimarkt ist ganz vorne mit dabei: er eröffnete mit der Unibox die ersten unbemannten Nahversorger und zählt heute beinahe ein Dutzend. Mit über 1000 Artikeln des täglichen Bedarfs bietet die Unibox ein vielfältiges Sortiment für den täglichen Einkauf und hochwertige Bioprodukte. Auch zahlreiche Frische-Produkte, wie Obst und Gemüse, Wurst und Fleisch oder auch Brot und Gebäck stehen den Konsumenten zur Verfügung: Die vollklimatisierten Boxen ermöglichen außerdem einen barrierefreien Zutritt. Der Einlass erfolgt digital via App oder mit der in der App hinterlegten Payback Karte, und zwar an 365 Tagen im Jahr – ganz nach dem Motto: Immer offen für Genuss. „Hat man den Einkauf erledigt, kann man dank des digitalen Selbstbedienungskonzeptes dann selbst in die Rolle des Verkäufers schlüpfen, denn bezahlt wird ganz einfach per Smartphone oder per Scanner am Terminal“, so Haider. Geografische Einschränkungen gibt es bei der Unibox nicht, bedeutet, aufgrund der flexiblen Einsatzmöglichkeiten sind Standorte in ganz Österreich möglich. Im Geschäftsjahr 2021/22 sollen noch weitere 30 Uniboxen eröffnet werden, die nächsten Standorte sind schon in Planung. 

Aber der Manager kann bestätigen, es braucht Zeit: der durchschnittliche Umsatz einer Box ist die Hälfte eines durchschnittlichen Wareneinkaufs in einem stationären Laden. Der durchschnittliche Einkaufskorb liegt in der Höhe von 10 Euro. Die Boxen werden vom Nachbar-Standort eines Unimarktes versorgt, somit kommt dem Team vor Ort noch ein Umsatz dazu.

Für Standorte ohne Nahversorger sind diese Möglichkeiten eine gute Zukunft, allerdings ticken in Österreich die Uhren manchmal noch zu langsam, um alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Aber auch diese Dynamik wird der etablierte Handel in Zukunft zu spüren bekommen, sind sich alle Experten einig.

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geschrieben am

09.12.2021