Die ISM als Trendsetter
Während auf Besucherseite das Fehlen vieler Gäste aus China schon merklich zu spüren war, stellte die 50. Ausgabe der Internationalen Süßwarenmesse mit 1.750 Ausstellern – so vielen wie noch nie – dennoch einen neuen Rekord auf. Keine andere Fachmesse weltweit zeigt wie die ISM die aktuellen und künftigen Branchentrends und bietet dabei eine derartige Angebotsbreite und -tiefe – angefangen bei Schokolade und Schokoladenerzeugnissen über Zuckerwaren und feine Backwaren bis hin zu Knabbererartikeln, Snacks und Eiscreme.
Parallel zur ISM fand auch wieder die ProSweets Cologne, Internationale Zuliefermesse für die Süßwaren- und Snackindustrie, statt. Sie bot mit mehr als 260 ausstellenden Unternehmen zusätzlich ein breitgefächertes Angebotsspektrum aus den Bereichen Herstellung, Verpackung und Ingredients. Beide Messen zusammen bilden die gesamte Wertschöpfungskette in der Branche ab, eine weltweit einzigartige Konstellation.
Megatrend Proteine
Viele bereits etablierte Trends wie Bio, vegan, fett- und zuckerreduziert oder gluten- und laktosefrei setzen sich auch weiterhin fort. Darüber hinaus setzt beispielsweise das österreichische Unternehmen Frunix auf Produkte ohne Fruktose und offeriert neben Hartkaramellen u.a. mit „Honix“ einen fruktosefreien Brotaufstrich.
Der neue Mega-Trend bei Süßwaren und Snacks sind aber ganz klar pflanzliche Proteine, vorwiegend aus Bohnen, Linsen und Erbsen. So präsentierte etwa Zentis (in Kooperation mit Ehrmann) die neuen schokolierten „Crispy Cookies“ und „Crispy Balls“ mit 20 % Protein sowie eine cremige „Schokoladencreme“ und „Haselnusscreme“ mit extra hohem Proteingehalt, bei 50 % weniger Zucker und gänzlichem Verzicht auf Palmöl.
Aber auch heimische Start-ups setzten stark auf den neuen Trend: Neoh beispielsweise präsentierte auf der ISM seinen „CrossBar“, der schmeckt wie ein Schokoriegel, aber mit den Nährwerten eines Proteinriegels mit nur 1 g Zucker überzeugt. Und Frozen Power stellte auf der Messe sein hochwertiges Protein-Eis im Becher sowie den zuckerfreien „Ice Bar“ in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen vor.
Verbunden mit dem Protein-Hype haben auch Insekten unübersehbar ihren Weg in die Süßwarenbranche gefunden – ob zum Snacken als „Party Bugs“ (ganze geröstete, gewürzte Heimchen), als „Insect Bar“ mit Grillenmehl oder als Schokolade mit Mehlwürmern und sogar grünen Ameisen („Bug2Bar“ von Fairy Chocolates).
ISM New Product Showcase
Der New Product Showcase in Halle 2.2 ist seit vielen Jahren ein Besuchermagnet auf der ISM und zeigte auch heuer wieder gebündelt die wichtigsten Neuheiten und Innovationen der Messe. 100 Aussteller aus 33 Nationen haben diesmal insgesamt 178 Produkte eingereicht und stellten sich der unabhängigen Jury, bestehend aus Experten der Industrie, des Handels sowie Wissenschaftlern.
Als Top-Innovation 2020 wurde Dr. Karg‘s „Bio Linsen-Snack“ ausgezeichnet, ein nährstoffreicher Snack in Bio-Qualität basierend auf pflanzlichen Proteinen der Linse. Im Ofen gebacken und aromatisch gewürzt ist der Linsen-Snack in den drei Geschmacksrichtungen „Sweet Fire“ (mit Paprika und Chili), „Toasted Pita“ (mit einem Hauch Schwarzkümmel) und „Wild Oriental“ (mit Kokos und Curry) erhältlich.
Das auf Platz 2 gekürte Produkt „Petit Mel“ der Confiserie Vandenbulcke zeichnet sich durch seine außergewöhnliche Mischung an unterschiedlichen Komponenten aus. Füllungen aus Himbeere, Haselnuss oder natürlicher Vanille werden in luftigen Marshmallow-Schaum gehüllt und mit belgischer Schokolade überzogen.
Auf Platz 3 landetet der „Lakritz Coooky“ der Coppenrath Feingebäck GmbH, ein knuspriger Kakao-Doppelkeks mit neuartiger Lakritzcreme-Füllung.
ISM Packaging Award
Nachhaltige Verpackungslösungen sind auch in der Süßwaren- und Snackbranche weltweit ein riesen Thema, viele Hersteller sind bemüht, Plastik, aber auch Papier durch umweltfreundliche Alternativen zu ersetzen. Neben den drei Top-Innovationen wurde die deutsche Froben Druck GmbH & Co. KG für ihre „Etiketten aus Graspapier“ mit dem ISM Packaging Award powered by ProSweets Cologne prämiert. Etiketten aus Graspapier sind wesentlich nachhaltiger und umweltfreundlicher als herkömmliches Papier, das aus Holz gewonnen wird. Die Herstellung benötigt nur einen Bruchteil an Energie, Wasser und Chemikalien und fügt sich ideal in die Reihe hochwertiger Natur- und Designpapiere ein.
Fairtrade fordert Lieferkettengesetz
Ein Kakaopreis, der eine gute Zukunft ermöglicht - die Realität in den größten Anbauländern Elfenbeinküste und Ghana sieht leider anders aus, als dieser schlichte Wunsch: „Der Weltmarktpreis ist zu niedrig, um ein existenzsicherndes Einkommen zu erreichen. Dazu kommen oft kleine Anbauflächen und niedrige Ernten“, erklärt Anne Marie Yao, Cocoa Manager von Fairtrade Africa, auf der Süßwarenmesse ISM. Neben Armut gefährden Klimawandel und die Abwanderung der Jugend die Lieferketten. Die positive Nachricht: Immer mehr Unternehmen wollen ihre Lieferketten nachhaltiger gestalten und setzen beim Rohstoffeinkauf auf Fairtrade. 2019 wuchs der Kakaoabsatz nach ersten Hochrechnungen um 28 Prozent auf etwa 70.000 Tonnen Fairtrade-Kakao. Inzwischen liegt der Marktanteil bei rund 15 Prozent.
Trotz des Erfolgs fordert Fairtrade ein Lieferkettengesetz: „Partner, die sich ernsthaft für Nachhaltigkeit engagieren, haben höhere Kosten und dadurch einen Wettbewerbsnachteil“, sagte TransFair-Vorstandsvorsitzender Dieter Overath. „Es ist an der Zeit, dass die Politik nachhaltige Produkte und ethischen Konsum fördert und für einen fairen Wettbewerb im Sinne der Schwächsten sorgt. “
Über Zertifizierung hinaus: Projektarbeit vor Ort
Wie langfristiges Engagement vor Ort aussieht, zeigt beispielsweise Lidl: Gemeinsam mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) baute der Discounter die Landwirtschaftsschule PROCACAO in der Elfenbeinküste auf, die nach acht Jahren nun auf eigenen Beinen steht. In dieser Zeit wurden dort über 18.000 Farmer im nachhaltigeren Kakaoanbau ausgebildet. Sie konnten ihre Erträge deutlich steigern und geben zudem ihr erlerntes Wissen weiter. Mit Fairtrade internationalisierte Lidl in Ghana ein langfristig angelegtes Projekt, bei dem die Kakaolieferkette von Schokoladentafeln physisch rückverfolgbar ist. „Unser Engagement in der Elfenbeinküste und in Ghana trägt dazu bei, Lieferketten transparenter und fairer zu gestalten“, so Florian Schütze, Prokurist CSR Einkauf bei Lidl International. „Um langfristige Verbesserungen zu erreichen, hat Lidl sich im Januar im Rahmen der Internationalen Grünen Woche freiwillig zu existenzsichernden Einkommen in den Lieferketten seiner Eigenmarken verpflichtet.“