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Taylor Wessing: Mag. Martin Eckel und Mag. Wolfgang Kapek

Whistleblower-Gesetz: „Es könnte weiter gehen“

Unternehmen, die in den Anwendungsbereich fallen, müssen sich für die endgültige Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie rüsten.

Auch wenn Österreich ein Land der KMUs und EPUs (Einzelpersonenunternehmen) ist, so darf man sich als Unternehmer vom Schein nicht trügen lassen: das „neue“ Whistleblower-Gesetz (HinweisgeberInnenschutzgesetz – HSchG) kommt mit erheblicher Verzögerung. Zwar geht der nationale Gesetzesentwurf – es handelt sich ja um die Umsetzung einer EU-Richtlinie – nicht so weit, wie erhofft, aber die Umsetzung könnte für einige Unternehmen doch anspruchsvoll werden. Auch Hinweisgeber, die Korruption aufdecken, sind geschützt.

Ein Rückblick

Die Mitgliedstaaten der EU hätten die EU-Whistleblower-Richtlinie („EUWR“) bis Freitag, den 17. Dezember 2021, in nationales Recht überführen müssen. Wie viele andere EU-Mitgliedsstaaten hat der österreichische Gesetzgeber diese Umsetzungsfrist verstreichen lassen. Am 3. Juni 2022 wurde nun der Entwurf des Whistleblower-Gesetzes in Österreich veröffentlicht und befindet sich bis 15. Juli 2022 in Begutachtung. Derzeit ist vorgesehen, dass Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern innerhalb von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, diesem entsprechen müssen. Konkret ist damit die Einrichtung eines internen Meldekanals bzw. Hinweisgebersystems im Unternehmen gemeint. Viele Unternehmen, insbesondere solche, die bislang noch gar kein Hinweisgebersystem implementiert haben, müssen daher reagieren, denn es gelten folgende Rahmenbedingungen:

  • Ab 250 Mitarbeiter muss die Meldestelle binnen sechs Monaten eingerichtet sein,
  • Bei 50-249 Mitarbeitern muss die Meldestelle bis spätestens 18.12. 2023 eingerichtet sein,
  • Bis 50 Mitarbeiter ist keine Meldestelle vorgesehen (Achtung bei Saisonarbeitern).

Interne und externe Meldestellen können auch die Möglichkeit zur Meldung von anonymen Hinweisen anbieten. Die EU-Richtlinie sieht den Schutz anonymer Hinweisgeber vor, sofern deren Identität nachträglich bekannt wird. Diese Schutzvorschrift wurde entsprechend der EU-Richtlinie  auch vom neuen österreichischen Whistleblower-Gesetzesentwurf übernommen.

Martin Eckel und Wolfgang Kapek, Compliance-Experten bei Taylor Wessing: „Endlich wurde ein Gesetzesentwurf veröffentlicht, dieser ist nun in Begutachtung. Leider geht es im Schutz für Unternehmen und Whistleblower nicht so weit, wie erhofft“, so die Experten. Whistleblower genießen zwar immer Schutz vor Repressalien, dieser geht aber nicht weit genug.

Was heißt das für Unternehmen?

Viele Unternehmen – speziell im Handel und in der Industrie – haben bereits jetzt schon ein Hinweisgebersystem eingerichtet. Sie müssen nun evaluieren, wie gut das System aufgestellt ist bzw. ob vor dem Hintergrund des neuen Gesetzesentwurfes Anpassungsbedarf besteht. Man kann als Unternehmen auch entscheiden, Meldungen zu Verstößen zuzulassen, welche über die Anforderungen des Gesetzesentwurfs hinaus gehen. Es sind die folgenden Fragen abzuklären: Habe ich alle Vorgaben des Datenschutzes bzw. die Aussetzung datenschutzrechtlicher Ansprüche beachtet? Muss ich meine interne Stelle anpassen? Und: wie gehe ich mit Vernaderungen um?

Auch die interne Stelle, welche Meldungen entgegennimmt und/oder diese bearbeitet muss klar definiert sein: sie MUSS zum einen eingerichtet werden und sie darf nur unter gewissen Umständen die Geschäftsleitung von eingegangenen Meldungen informieren. Keinesfalls darf sie die Identität des Whistleblowers bekannt geben. Erhält ein Unternehmen anonyme Meldungen, sind diese ebenfalls vertraulich zu behandeln, da anonyme Whistleblower vollen Schutz genießen.

„Es ist in manchen Fällen auch sinnvoll, die interne Meldestelle an eine dritte Person auszulagern. Das kann eine Anwaltskanzlei sein oder jede sonst ausgebildete Stelle“, so Martin Eckel. „Die Sorge mit der Vernaderung können wir nicht teilen, weil bewusste Vernaderungen und Falschmeldungen mit Strafen sanktioniert werden.“

Abschließend ist zu empfehlen, dass man sich mit dem neuen Whistleblower-Gesetzesentwurf in Österreich genau auseinandersetzt, um von internen Meldungen nicht unvorbereitet überrascht zu werden.

Kontakt Taylor Wessing:
m.eckel@taylorwessing.com
w.kapek@taylorwessing.com

 

 

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geschrieben am

22.06.2022