Nachhaltigkeits-Kompass für Handel
1000 Konsumenten und 107 Händler wurden befragt, die Ergebnisse des Sustainable Commerce Report 2023 - Der Nachhaltigkeitskompass für den österreichischen Handel sind kurz und knackig zusammengefasst:
- Beim Kauf von Lebensmitteln wird am stärksten auf ein gutes Preis-Leistungsverhältnis und eine hohe Produktqualität geachtet
- Top-Nachhaltigkeitsthemen: Vermeidung von Lebensmittelverschwendung, Mülltrennung, sparsamer Umgang mit Ressourcen sowie Tierwohl
- Reparaturbonus wurde bereits von jedem Vierten in Anspruch genommen
- Häufigste Gründe gegen nachhaltiges Handeln sind die allgemeine Teuerung und der höhere Preis von nachhaltigen Produkten
- Krisen haben Investitionsbereitschaft in Nachhaltigkeit bei Händler:innen verringert
- Unklare Kundenwünsche und zu wenig Kapital als Hürden für Nachhaltigkeit auf Seite der Handelsunternehmen
Ob beim Kauf von Lebensmitteln, Kleidung, Möbeln oder Elektrogeräten – Verbraucher achten zurzeit vor allem auf ein gutes Preis-Leistungsverhältnis (über 80%) und eine hohe Produkt-Qualität (über 70%). Bei Lebensmitteln wird außerdem Wert gelegt auf Regionalität (69%), Tierwohl (68%) und den Verzicht auf fragwürdige Inhaltsstoffe (68%). Damit haben sich die Prioritäten im Vergleich zur letzten Erhebung 2021 kaum geändert.
Ein deutlicher Unterschied zeigt sich jedoch bei der Bedeutung eines generell niedrigen Preises bei Lebensmitteln und Bekleidung: War dieser in 2021 nur für die Hälfte der Österreicher wichtig, so ist dies heuer bei Lebensmitteln für rund zwei Drittel ein wesentliches Kaufkriterium, bei Bekleidung für knapp 60%. Fast die Hälfte der Befragten (47%) gibt explizit an, dass sie sich Öko-Produkte derzeit aufgrund der allgemeinen Teuerung nicht leisten können. Nachhaltigkeitsaspekte wie umweltschonende Verpackungen oder faire Arbeits- und Produktionsbedingungen regionaler Produzenten sind von mittlerer Bedeutung, während faire Arbeitsbedingungen in produzierenden (Dritt-)Ländern beim Kauf eher eine untergeordnete Rolle spielen.
"Im aktuellen Wirtschaftsumfeld mit hoher Inflation und sinkender Kaufkraft ist es zwar bemerkenswert, dass Nachhaltigkeit in den Köpfen der Menschen einen so hohen Stellenwert genießt und sich im Vergleich zu 2021 wenig verändert hat. Trotzdem zeigen die Zahlen eindeutig: Es müssen deutlichere Anreize geschaffen werden, damit Nachhaltigkeit für die breite Masse leistbar bleibt", fasst Martin Unger, Leiter des Sektors Konsumgüter und Handel bei EY Österreich, die aktuelle Marktsituation zusammen.
Vermeidung von Lebensmittelverschwendung (80%), Müllvermeidung und -trennung (78%), sparsamer Umgang mit Ressourcen wie Strom, Wasser und beim Heizen (72%) und Tierwohl (72%; 2021: 77%) sind jene Bereiche, auf die Konsument:innen am stärksten in ihrem täglichen Leben achten. Die Hälfte gibt an, besonders auf ihren CO2-Fußabdruck zu achten und unnötige Auto- und Flugreisen zu vermeiden (50%, 2021: 51%). Jeweils über 40% geben an, großteils nicht bei außer-europäischen Online-Shops und vornehmlich bei Marken oder Händlern zu kaufen, die nachhaltig agieren. Auf Fisch und Fleisch verzichten 20% der Befragten.
Signifikante Unterschiede gibt es zwischen den Generationen: Während die 60-69-jährigen überdurchschnittlich auf Bio-Produkte, Ressourcenschonung, Ökostrom, Tierwohl und Flugverzicht setzen, setzen die 18-29-jährigen stark auf vegetarische oder vegane Ernährung – ein Ernährungstrend, der 2023 übrigens gesamtheitlich stark zugenommen hat (vegetarisch/vegan +25%/+56%). Vor allem der jüngeren Generation fällt der Verzicht, etwa auf Fast Fashion oder Flugreisen, überdurchschnittlich schwer. Zwei Drittel der Österreicher (65%) würden im Sinne der Nachhaltigkeit ein leeres Regal im Supermarkt in Kauf nehmen, um der Lebensmittelverschwendung vorzubeugen. 2021 waren es noch fast drei Viertel gewesen (74%).
Händlerbefragung: Krisen haben Investitionsbereitschaft in Nachhaltigkeit verringert
Auch wenn das Thema Nachhaltigkeit mittlerweile einen hohen Stellenwert in vielen Unternehmen hat, haben die jüngsten Entwicklungen wie die Energiekrise und der Ukrainekrieg dafür gesorgt, dass die Investitionsmöglichkeiten hinsichtlich nachhaltiger Technologien oder Projekte gesunken ist: So hat knapp ein Drittel der Händler (30%) ihre diesbezüglichen Investitionen verringern müssen, immerhin die Hälfte hat keine Einsparungen vornehmen müssen, 19% haben ihre Investitionen diesbezüglich sogar erhöht.
"Die zahlreichen Herausforderungen der letzten Monate wie Rekordinflation, Krieg in der Ukraine, Unterbrechungen der Lieferkette oder in die Höhe schießende Energiepreise haben viele Unternehmen dazu veranlasst, ihre Investitionen aufzuschieben, um ihre Rentabilität zu schützen. Dennoch sollten Nachhaltigkeitsinvestitionen nicht auf die lange Bank geschoben werden, um dem veränderten Verbraucherverhalten gerecht zu werden", so Martin Unger.