Standort+Markt: Expansion und Diskont
Seit 2005 analysiert Standort+Markt den heimischen Markt nach filialvisierten und expandierenden Unternehmen im Einzelhandel, konsumnahen Dienstleistungs- und Gastronomiesektor. Im aktuellen Expansionshandbuch werden 748 Vertriebsschienen vorgestellt, 140 (!) davon wurden neu in das Handbuch aufgenommen, um ca. 70 wurde es aus den unterschiedlichsten Gründen bereinigt. Der Wegfall von Storekonzepten kann sowohl im Konkurs des Unternehmens begründet sein (z.B. Orsay) als auch im Rückzug einer international agierenden Firma (wie etwa CCC oderGameStop) oder im „Gesundschrumpfen“ – also im genauen Gegenteil von Expansion – liegen. Die neu aufgenommenen Betriebe sind entweder tatsächlich frisch am österreichischen Markt angekommen oder schon länger hier tätig, haben aber erst kürzlich die „kritische“ Grenze der Filialzahl zur Aufnahme in unsere Dokumentation erreicht.
Wo fühlen sich Filialisten geborgen?
Filialisierte Unternehmen aus dem In- und Ausland prägen vielerorts die österreichische Shopping- Landschaft. Dies lässt sich anhand der Kennzahl des Filialisierungsgrades, also jenes Anteils aller Einzelhandelsstandorte inkl. konsumnahen Betrieben (Gastro, Dienstleitung etc.), die von filialisierten Unternehmen betrieben werden, untermauern. In Shopping Malls wurde diese Größe zuletzt mit 71 % errechnet, in Fachmarktagglomerationen (also Gebieten mit Fachmärkten ohne gemeinsamem Management) inkl. Retail Parks liegt der Wert bei 69 %, in den größeren Städten Österreichs bei durchschnittlichen 32 % (Quelle: diverse Publikationen Standort+Markt).
Wer kam, wer ging?
Bei der sehr hohen Anzahl von 140 neu hinzugefügten Filialisten sticht die weit gefasste Sparte „Gastronomie/Entertainment inkl. Wettbüros“ mit fast 30 Neuzugängen heraus, darunter fallen Gastro-Konzepte mit klingenden Namen wie Wiki Wiki Poke und Ramen Makatoya, oder aus der Gaming/Virtual Reality-Abteilung das Zero Latency. Die Lebensmittel-Branche reiht sich dahinter mit ebenfalls sehr interessanten, teils innovativen, neuen Vertriebsschienen; hier sind es vor allem die Lebensmittel-Boxen, die sich in den letzten beiden Jahren stark vermehrten. Der Mode-Sektor, einst ein Garant für eine hohe Anzahl an neuen Unternehmen, welche sehr schnell expandierten, findet sich nun an dritter Stelle in diesem Ranking der meisten Neuzugänge. Pepco und HalfPrice sind hier wohl jene, die das meiste mediale Interesse hervorgerufen haben. Über 40 % der Neulinge sind internationale Unternehmen, 87 bieten auch einen Online-Shop an und 35 der hinzugekommenen Unternehmen versuchen ihr Glück auf dem heimischen Markt mit einem Franchise-Konzept.
Das vorliegende Expansionshandbuch wurde im Vergleich zur letzten Ausgabe um ca. 70 Storekonzepte bereinigt. Darunter fallen bekannte Namen wie Orsay (Konkurs), CCC (Rückzug aus Österreich) oder der Elektrohändler Conrad, der hierzulande neben seinem Online-Geschäft nur noch mit einem Flagship-Store präsent ist. Über das dichteste Filialnetz verfügt nach wie vor der Lebensmittel-Einzelhandel mit über 6500 Geschäften, somit durchschnittlich 100 Filialen je Firma, gefolgt von der Sparte Dienstleistung mit 5560 Niederlassungen bzw. Bankfilialen.
Die Lebensmittelbranche zeigte sich im Laufe der Jahre sehr stabil. Bis auf die Insolvenz des ehemaligen Diskonters Zielpunkt im Jahr 2015 gab es keine nennenswerten Verschiebungen bei den größeren Marktteilnehmern. Mehr Bewegung gibt es allerdings bei den sogenannten Lebensmittelspezialisten. Sei es Käse (z.B. The Crazy Cheese Manufacture), Schokolade (z.B. Läderach choco- latier suisse) oder sonstige Delikatessen, die Filialisierung dieser Storekonzepte ließ die Anzahl der Unternehmer aus der Lebensmittel-Branche erheblich zunehmen. Das Plus in der gesamten Filialanzahl lässt sich einerseits mit dem bis dato ungebremsten Expansionskurs der meisten Supermarkt-Ketten erklären. Inwieweit dieses Tempo in Zeiten extrem hoher Energiekosten und Personal-Engpässe fortgeführt werden kann, wird sich in den nächsten Jahren weisen. Andererseits sind es die vielen kleinen Tankstellenshops, welche die Anzahl der Filialen im Lebensmittelsektor so in die Höhe schnellen lassen.
Der Diskontmarkt
Trotz gebremstem Wachstum bzw. Stagnation im Einzelhandel erweist sich der Diskontmarkt-Bereich als sehr dynamisch. Nicht nur, dass „alte Hasen“ wie Hofer, Lidl, Penny und Co laufend neue Standorte eröffnen; auffallend ist, dass in der jüngeren Vergangenheit auch neue Player mit ersten Standorten in Österreich aufhorchen lassen, darunter etwa Pepco, Thomas Philipps und zuletzt GiFi.
In der Diskontmarktstudie wurden insgesamt 31 Filialisten mit fast 2900 Shops, einer Verkaufsfläche von über 2 Mio. m2 sowie einem geschätzten Umsatz von knapp 10 Mrd. € aus den Bereichen Aktionspostenmarkt, Bekleidungsdiskont, Lebensmitteldiskont, Einrichtungsdiskont sowie Sport-, Elektro- und Bürowarendiskont analysiert. Rund 75 % der Umsätze stammen aus dem Lebensmittel- und Drogeriewarenbereich, 10 % aus dem Bekleidungssektor, 7 % von Einrichtungsdiskontern, 5 % von Aktionspostenmärkten und 3 % von Sport-, Elektro- und Bürowarendiskontern.
Der wichtigste Player im Diskontbereich ist mit großem Abstand Hofer mit knapp 540 Filialen, 445.000 m2 Verkaufsfläche und einem Brutto-Jahres-Umsatz von rund 4,5 Mrd. €. Nach der Anzahl der Filialen liegen hinter Hofer NKD, Penny, kik und Lidl. In Bezug auf die Verkaufsfläche ist die Reihenfolge hinter Hofer: Möbelix, Lidl, Penny und Mömax. Das Ranking der Umsätze zeigt an zweiter Stelle Lidl vor Penny, Möbelix und Action.
Die Entwicklung des Diskontmarkts war im Gegensatz zum sonstigen Einzelhandel in den letzten Jahren positiv dynamisch. Ein Grund dafür dürfte sein, dass bei niedrigpreisigen Waren die Konkurrenz durch den E-Commerce eher gering ist. Weiters dürfte durch die starke Teuerung in vielen Lebensbereichen und die daraus folgende geringere reale Kaufkraft der Diskonthandel bei den Konsumenten immer beliebter werden. Betrachtet man nur die Filialisten, die in der Diskontmarktstudie vertreten sind, hat sich die Anzahl der Betriebe seit 2009 von 1.476 auf 2.865 verdoppelt.
Der Lebensmitteldiskontbereich hat speziell zwischen 2009 und 2011 eine massive Steigerung erfahren, danach hat sich das Wachstum moderat fortgesetzt. Insgesamt hat sich die Zahl der Märkte in den letzten 14 Jahren verdreifacht.
Wie hoch ist der Diskontanteil am gesamten Retail-Markt?
Gemessen an den gesamten Konsumausgaben, welche auf Basis der Konsumerhebung der Statistik Austria ermittelt und für 2022 anhand der einschlägigen Indizes (Privater Konsum, Kaufkraftelastizitäten und Geldentwertung) hochgerechnet wurden und die durchschnittlich € 6.930,- pro Kopf und Jahr betragen, liegt der Diskontanteil bei 16 %, variiert aber in den unterschiedlichen Bedarfsgruppen.
- 22% Kurzfristbedarf (Super- und Drogeriemarktsortiment)
- 14% Bekleidung inklusive Schuhe
- 10% Wohnungseinrichtung
- 7% Elektro-, Elektronikwaren + sonstigem Hausrat
- 10% Sonstiger Auswahlbedarf (u.a. Spielwaren, Sportartikel, Papier- und Bürobedarf, Zoobedarf, Schmuck, Modeschmuck, Optikartikel etc.)
Diskont: es geht ums Geld
Ordnet man die Bruttojahresumsätze der Diskonter den jeweiligen Bundesländern zu, zeigt sich, dass – absolut gesehen – in Niederösterreich knapp vor Wien und Oberösterreich die höchsten Umsätze in diesem preisorientierten Sektor erwirtschaftet werden, was aber nicht weiter verwunderlich ist, da dies auch die drei bevölkerungsreichsten Bundesländer sind. Erstaunlicher ist die Betrachtung der nach der Bevölkerung gewichteten Umsätze (Kopfquoten), da die höchsten im Burgenland erzielt werden. Das bedeutet, dass im Burgenland mit dem Gesamtwert von 1.416 Euro Umsatz je Einwohner die höchste Diskonterdichte in Österreich vorherrscht. Die geringste Dichte ist in Vorarlberg mit lediglich 753 Euro je Einwohner, was ungefähr der Hälfte des burgenländischen Wertes entspricht. Wir orten dabei eine Korrelation zwischen Raumordnungsgesetzen und Diskont-Intensität; je strenger das Raumordnungsgesetz, desto weniger Fachmärkte und in weiterer Folge Diskontmärkte werden genehmigt, da der Großteil der Diskonter Fachmärkte sind und günstige Standorte, die meist in Fachmarktagglomerationen zu finden sind, benötigen.
Betrachtet man die jeweiligen Diskontschienen, sieht man die Dominanz der Lebensmitteldiskonter mit einer durchschnittlichen Kopfquote von 812 Euro je Einwohner, gefolgt von den Bekleidungs- und Einrichtungsdiskontern. Gegenwärtig sind die Aktionspostenmärkte mit 50 Euro je Einwohner noch an letzter Stelle, aber das könnte sich zukünftig bei anhaltend starker Expansion ändern. Nach politischen Bezirken weist Eisenstadt (Stadt) mit einer gesamten Kopfquote von 2.818 Euro unangefochten die stärkste Durchdringung im Diskontbereich auf.