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Standort + Markt: Sesselrücken in der City

Seit vielen Jahren erhebt Standort + Markt die Daten zu der Entwicklung der 20 größten österreichischen Innenstädte. Die Ergebnisse waren schon einmal lustiger.

Gleich vorweg: egal, ob eine Handelsfläche leer steht, weil sie im Umbau ist oder nicht vermietet werden kann: für den Konsumenten zeigt sich in vielen Städten aufgrund des aktuellen Innenstadtbildes ein tristes Bild. Stirbt die Innenstadt, fragt man sich hier? Der jüngste „Health Check“ von Standort + Markt gemeinsam mit dem Handelsverband zeigt die Probleme auf und die Antworten sind zweigeteilt: auf der einen Seite schließen tatsächlich viele Händler ihre Tore für immer und lassen leere und verschmutzte Auslagen zurück. Auf der anderen Seite verändern sich auch die Mieter, die aus anderen Branchen die „neuen“ alten Flächen nutzen. Es ist ein Sesselrücken in den Innenstädten.

Zahlen hinter den Emotionen

Durch die Analyse von 24 Geschäftsbereichen (Einkaufsstraßen) plus 16 ausgewählten Kleinstädten mit insgesamt 13.300 Shops auf einer Fläche von rund 2 Mio. Quadratmetern liegt eine sehr hohe Transparenz zum Shopflächengeschehen in Österreich vor. Wie sehen die Ergebnisse im Detail aus?

Die rückläufige Entwicklung der Handelsflächen seit 2018 ist ein Beleg der veränderten Konsumgewohnheiten. Zuerst die Pandemie, später die hohe Inflation und die daraus resultierende Immobilienkrise haben den Strukturwandel befeuert, der die heimischen Stadt- und Ortsbilder unverkennbar trifft. Auch 2023 gab es keine Wende, in den wichtigsten Einkaufsstraßen hat der Handel erneut rund 9000m2 verloren. Dabei sind 90% der Ortskerne und Peripherien in den ländlichen Regionen noch gar nicht berücksichtigt, wo sich das tatsächliche Ausmaß aufgrund langer Laufzeiten bei Miet- und Pachtverträgen erst noch zeigen wird.

Positiv ist, dass auch die Leerstandsquote in den 40 untersuchten Innenstädten des Landes von 6,8% auf 6,7% minimal zurückgegangen ist. Das liegt aber vor allem daran, dass viele Geschäftslokale nach einem Leerstand nun in einer Umbauphase stecken, die oftmals weg vom Retail und hin zu anderen Nutzungen führt, etwa Arztpraxen oder Friseursalons, Fitnesscenter oder Gastro. Der Leerstand geht also leicht zurück, aber die Flächen gehen weg vom Handel.

Besonders betroffen von den Verlusten und somit Leerständen ist der Modehandel. Hier ist die Verkaufsfläche in den heimischen Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern im letzten Jahrzehnt um 17,8% eingebrochen. Fashion nimmt zwar in den Innenstädten noch immer fast die Hälfte der gesamten Einzelhandelsflächen ein, hat aber seit 2014 deutlich an den internationalen Onlinehandel verloren.

Das österreichische Verkaufsflächenranking wird weiterhin von der Mariahilfer Straße in Wien angeführt. Allerdings hat die größte Einkaufsstraße des Landes in den letzten zwei Jahren massiv an Verkaufsfläche verloren (-6%) und liegt nur noch knapp vor der Wiener City.

Herausfordernde Zeiten

Fluktuationsraten von mehr als 15% in großen Citys wie Innsbruck und Klagenfurt bzw. von knapp 20% in der A-Lage von Eisenstadt sind bemerkenswerte statistische Ausrufezeichen, die eines illustrieren: Den Einzelhändlern, Dienstleistern und Gastronomen steht das Wasser bis zum Hals. Geschäftsaufgaben stehen auf der Tagesordnung. Teuerung und massiv gestiegene Kreditkosten bei gleichzeitiger Kaufzurückhaltung sind Ingredienzien für eine gefährliche Entwicklung: Die Kräfte zahlreicher Shopbetreiber sind aufgezehrt, die Lustlosigkeit wächst.

Die Betrachtung der „harten“ Leerstandsquote allein genügt nicht. „Hart“ ist ein Leerstand, wenn bei einem leerstehenden Shop keinerlei Umbauarbeiten sichtbar sind. Kumuliert man den harten Leerstand der Primär- und Sekundärstädte (4,9%) mit in Umbau befindlichen Leerstehungen (3,9%), so liegen wir zwischenzeitlich bei 8,8% Gesamtleerstand. Nur 2021 lag dieser Wert mit 9% noch höher, das All-Time-High lauert also um die Ecke. Dies ist der erste Grund, wieso manches Citybild auch optisch von Leerstand geprägt ist.

Das ist aber nur eine Seite der Medaille, die andere Seite ist der Shopflächenrückgang. Der Grund, warum die Leerstandsquote seit 2020 nicht um 4,6%-Punkte (!) höher liegt, ist den Liegenschaftseigentümern geschuldet: Diese haben nach länger andauerndem Leerstand offenkundig das Handtuch geworfen und bieten die ehemalige Shopfläche nicht mehr als solche an. Stattdessen haben sich im Vorjahr 41 Shops zu Büroflächen, 11 Shops zu sozialen Einrichtungen, 17 Shops zu Lagerstätten und 7 Shops zu Arztpraxen gewandelt. Ohne diese Flächentransformationen läge der Leerstandsanteil sogar bei 12,9%.

Ein Ausblick

Die Schrumpfung bei Shopflächen wird auch nächstes Jahr bleiben, sind sich die Experten sicher. „Roman Schwarzenecker und Hannes Lindner von Standort + Markt: „Eine Lösung könnte ein: Retail + Dienstleistung dazu. Mach Dich unverwechselbar und sichtbar!“ Diese Multifunktionalität kann ein Lösungsansatz sein. „Wir brauchen Frequenz in der Stadt, denn die betriebswirtschaftliche Bewirtschaftung der Shopflächen wird immer weniger rentabel.“

v.l.: Hannes Lindner (S+M), Rainer Will (HV), Roman Schwarzenecker (S+M)

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geschrieben am

06.03.2024