Reisch: "Preise haben alles bestimmt"
„Das alles bestimmende Thema im Lebensmittelhandel waren 2023 in allen Ländern die Preise. Politik, Medien und Konsumenten machten zu Unrecht den Lebensmittelhandel für die Preiserhöhungen verantwortlich. Die Händler sind jedoch eindeutig nicht Verursacher, sondern selbst Betroffene der Teuerung und auch der Wettbewerb in Österreichs Lebensmittelhandel funktioniert, wie die Bundeswettbewerbsbehörde in einer breit angelegten Branchenuntersuchung im November 2023 zweifelsfrei festgestellt hat. Wir haben unseren Kunden versprochen, dass wir alle Preissenkungen, die wir von den Herstellern erhalten, so schnell wie möglich an sie weitergeben. Dieses Versprechen haben wir auch gehalten und 2023 weit über 1000 Produkte im Preis gesenkt und dabei wie bereits im Vorjahr auf einen Teil unserer Spanne zu Gunsten der Kunden verzichtet. Zusätzlich hatten wir erneut mit enormen Energiekostensteigerungen von +70% zu kämpfen. Das Konzernergebnis ist daher von 264 Millionen (2022) auf 220 Millionen (2023) Euro gesunken. Für 2024 zeichnet sich eine Stabilisierung der Preise ab“, umfasst Hans K. Reisch die Entwicklungen des letzten Jahres.
Dessen ungeachtet werden die wichtigen nachhaltigen Innovationen laufend umgesetzt: „Die ab 2025 geforderte Mehrweg-Quote von 25% erreichen wir daher bereits heute. Für das ebenfalls 2025 in Kraft tretende Einweg-Pfand müssen derzeit an 500 Standorten neue Pfandautomaten und Kompaktoren installiert und teilweise Umbauten vorgenommen werden. Dies bedeutet Investitionen von 43 Millionen Euro – aus eigener Tasche. Die entsprechenden Vorbereitungen laufen plangemäß, sodass wir rechtzeitig fertig sein werden.“
In Bezug auf die veröffentlichten Daten und Fakten stellte retailreport.at folgende Fragen an den Vorstandsvorsitzenden:
Ist der Rückgang der Spar Kaufleute eine Strukturbereinigung in Bezug auf Pensionen und Nachfolge-Fragen oder hat der eine oder andere auch wegen der hohen Energiepreise und anderen Kosten die Standorte geschlossen?
Reisch: Die enorm hohen Energiekosten haben den Spar-Kaufleuten natürlich auch schwer zugesetzt. Aber die Abschmelzung ist vor allem an Standorten passiert, wo kein Nachfolger gefunden wurde durch Pensionierungen.
Sie sprechen von 20 Lebensmittelproduktionen: sind diese nur in Österreich? Oder auch in den Nachbarländern? In welchen Warengruppen liegen da die Schwerpunkte?
Die Lebensmittelproduktionsbetriebe sind nicht nur in Österreich. Es gibt zum Beispiel in Ungarn und Italien auch fleischverarbeitende Betriebe, in Ungarn gibt es auch ein Werk für Convenience-Produkte.
Was waren die größten Herausforderungen 2023 fernab der Kostensteigerungen? Was wird 2024 für Spar in Österreich zu meistern sein?
2023 waren neben hohen Kosten für Energie und Personal die größten Herausforderungen die Personalsuche an sich und die schwierige Situation in Ungarn mit der überbordenden Retail-Tax und dem Price-cap auf wichtige Produkte. Auch Hervis hatte es nicht leicht durch die Kaufzurückhaltung der Konsumenten.
2024 wird uns die noch einmal erhöhte Retail-Tax – 4,5 % vom Nettoumsatz – weiter Sorgen bereiten. Wir haben jetzt bei der Europäischen Kommission Beschwerde eingelegt.
Wenn Sie Österreich mit anderen Ländern vergleichen: wie gut sind wir bei uns durch die Inflation gegangen?
Das kann man schwer vergleichen, weil die Inflation in den Ländern sehr unterschiedlich war. Bei uns haben die Konsumenten einen sehr guten Mix aus sehr günstigen Produkten – S-Budget in allen Ländern – und einem vielfältigen Angebot sehr geschätzt, was uns in Österreich den Ausbau der Marktführerschaft und in Kroatien zum Beispiel das beste Ergebnis der Unternehmensgeschichte in Kroatien beschwert hat.
Welche großen Projekte im Sinne der Logistik, Eigenmarken und der 70 Jahre Spar stehen heuer an?
Wir werden in Klinca Sela in Kroatien eine Logistikplattform eröffnen und was die 70 Jahre betrifft, darf man sich, wie gewohnt, überraschen lassen. Es wird jedenfalls keine Party geben, aber tolle Aktionen für die Konsumenten.
Es heißt: „Das erste Hotel, das SES als Entwickler und Investor gemeinsam mit Partnern in Lienz/Osttirol realisiert, ist auf der Zielgeraden und wird im Mai 2024 durch den Tiroler Hotelbetreiber harry’s home eröffnet“ – wird das ein weiteres Geschäftsmodell der Spar Gruppe oder ist das ein Solo-Projekt?
Das ist jetzt mal ein erstes Projekt. Weitere stehen derzeit nicht am Plan.
Von den 1556 Spar Standorten in Österreich sind 665 selbstständige Kaufleute? Wo sind die Kaufleute besonders stark? Wieviel Prozent vom LH-Umsatz sie erwirtschaftet? Und welche durchschnittliche Größe die Märkte der Kaufleute haben?
Die Spar-Kaufleute waren 2023 unser interner Wachstumsführer. Das ist wirklich großartig! Die durchschnittliche Verkaufsfläche der Märkte der Spar-Kaufleute ist mit jener der Filialen vergleichbar.
„So stammen fast 75% der Eigenmarken-Produkte aus Europa“ – woher kommen die 25%? Sind damit die technischen Produkte gemeint?
Der Prozentsatz von 75 % aus Europa bezieht sich nur auf die Nonfood-Eigenmarken. Die restlichen 25 % kommen aus Südost-Asien, das betrifft hauptsächlich Elektro-Artikel, wie Simpex-Mixer beispielsweise.