Schlumberger: Trennung von Saisonspitzen
Der jüngste Führungswechsel in der Chefetage von Schlumberger ließ aufhorchen, denn mit : Benedikt Zacherl wechselt ein Österreicher als Vice President Continental Europe (Schweiz, D, Belgien, Frankreich, Österreich, Ukraine) in die übergeordnete Getränkegruppe Marussia Beverages. Die Gruppe wurde 2004 von Frederik Paulsen gegründet, macht heute einen Umsatz von rund 380 Mio. Euro und ist in 12 Ländern vertreten. Schlumberger ist innerhalb der Gruppe die größte Einheit. Die internationale Verzahnung ist auch für den Schaumweinproduzenten aus Österreich von Bedeutung: weil das Exportgeschäft durch die lokalen Vertriebsgesellschaften in der Gruppe noch stärker forciert werden kann, sind Länder wie USA für Schlumberger wichtiger werdende Absatzmärkte.
Eugen Lamprecht, Florian Czink und Stephan Dubach übernahmen nun die operative Verantwortung der Geschäftsführung in Österreich, wobei Eugen Lamprecht nicht nur den gesamten Verkauf und die Unternehmenskommunikation leitet, sondern auch als Sprecher der Geschäftsführung fungiert. Florian Czink ist für Marketing und den Bereich „New Business Development“ zuständig und Stephan Dubach verantwortet Produktion, Supply Chain, Logistik und Finanzen.
Zusätzlich teilen sich Lamprecht und Czink die Geschäftsführung der Vertriebstochter Top Spirit. „Innerhalb der Schlumberger Gruppe ist es unsere Aufgabe in der Geschäfsführung eine gemeinsame Lösung unter uns Drei zu finden“, berichtet Eugen Lamprecht. Diese enge Abstimmung lässt nur eine Geschlossenheit in Entscheidungen zu, die im Vorfeld ausdiskutiert werden müssen. Bisher habe dieser Modus sehr gut funktioniert, was für die weiteren Vorhaben innerhalb der Schlumberger Gruppe ein wichtiges Statement ist.
Rosé ist nach wie vor Wachstumstreiber
Der gesamte Schaumweinmarkt (Sekt, Champagner, Prosecco) an sich ist durchwachsen und verhält sich wie viele andere FMCG-Warengruppen: Umsatz rauf, Menge runter. Allerdings sind die Spitzen nicht so hoch wie in anderen Märkten: der Umsatz wuchs 2023 um 2,2%, die Menge verringerte sich um 4,4%. Der Champagnermarkt verlor allerdings 13,6% an Menge und 7,7% im Umsatz, was die Kaufzurückhaltung der Konsumenten widerspiegelt.
Für Schlumberger insgesamt wichtig: der Sektmarkt entwickelte sich besser – er ging nur um 4,9% im Absatz zurück und stieg um 3,5% im Wert. Daraus ergeben sich die erfreulichen Ergebnisse: Hochriegl ist im Sektmarkt die absatzstärkste österreichische Marke mit einem Anteil von 10,3% und Schlumberger die umsatzstärkste österreichische Marke mit 10,1%.
Sekt ist und bleibt die bedeutendste Kategorie im Schaumwein-Gesamtmarkt mit 73,4%, gefolgt von Frizzante (15,2%) und Champagner (11,4%). Das Haus Schlumberger hat einen Marktanteil von 15,7% (Absatz) und 19,9% Umsatz.
Die Kategorie Sekt ist vor allem durch Brut (mit +4,7 % im Absatz und +10,7 % im Umsatz und Extra Brut (+ 65,6 % Absatz / +71,6 % Umsatz) gewachsen. Der Wachstumstreiber ist Sekt Rosé mit einem Wachstum von +65 % im Absatz seit 2018. Schlumberger Rosé Brut verzeichnet ein Wachstum von +3% Absatz vs. VJ und festigt seine Position als zweitwichtigstes Produkt hinter Sparkling. Brut hat vor Rosé den größten Marktanteil, Extra Brut stellt ein Nische dar. Enorme Zuwächse gab es auch bei Hochriegl Alkoholfrei Rosé (+78% Absatz / + 93,8% Umsatz).
Eugen Lamprecht: „Das sechste Jahr in Folge ist Rosé an sich ein großer Erfolg bei uns im Hause. Verantwortlich dafür ist die großartige Idee des „Sparkling Spring“, der zunächst im Lebensmittelhandel thematisiert wurde und nun auch die Gastronomie beflügelt. Was uns dabei gelungen ist: wir haben eine eigene Saison geschaffen und uns von der Saisonspitze „Weihnachten“ gelöst. Weihnachten wird immer unser Hauptgeschäft bleiben, daran ist nicht zu zweifeln, aber eine weitere Sekt-Saison hilft der Branche“. Damit komme man weg vom verstaubten Image und werde jugendlich frisch, was auch die Zahlen beweisen: seit 2018 stieg der Rosé-Anteil bei Schlumberger um 60% im Umsatz.
Schwerpunkte bei Schlumberger
Das vergangene Jahr zeigte seine Eigenheiten auf: Volumensverluste, Umsatzgewinne und eine Neigung der Konsumenten zu Preiseinstiegsmarken. Dennoch: Schlumberger setzt weiter auf Premium und sieht sich in seiner Strategie bestätigt: „Wir haben 2023 deutlich mehr Sekt verkauft als 2019 – also vor Covid. Und wir haben das geplante EBIT und den Deckungsbeitrag erreicht“, so Lamprecht. Sogar zwei Preiserhöhungen hat es in den Jahren 2022 und 2023 gegeben, diese sind für 2024 nicht vorgesehen.
Das Jahr 2024 hat bereits sehr gut begonnen, denn der LEH hat bereits Anfang des Jahres deutliche Mehrbestellungen vorgenommen. „Wir sind bereits ins neue Jahr mit einem Plus von 80.000 Flaschen im Vergleich zur Vorjahresperiode gestartet und werden 2024 stark forcieren“, verspricht Lamprecht. Dazu beitragen wird auch die neue Organisationsstruktur im Marketing innerhalb der Gruppe. Zwei große Abteilungen bearbeiten die Märkte strategisch: market & brand. Brand fokussiert sich dabei auf die globale Markenstrategie und -entwicklung, Market auf die lokale Umsetzung. Damit können sich auch Strategien unabhängig zum Verkauf eines Produktes entwickeln.
Einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung leisten die Neuheiten, wie etwa die RTD-Spritzvarianten von Hochriegl: Hugo, Rosie und Betty. „Der Handel hat die Dosen sehr schnell in den Kühlungen platziert und die Möglichkeit der Zusatzumsätze erkannt“, so Lamprecht.
Hochprozentiges bei Top Spirit
Mit Top Spirit hat man den Marktführer im Spirituosenvertrieb in Österreich im eigenen Hause. Der Spirituosenmarkt wächst leicht im Umsatz (+0,4%), bewegt sich im Absatz jedoch zurück um -5,9 %. In einem schwierigen Umfeld mit Absatz- und Umsatzeinbrüchen in praktisch allen Spirituosenkategorien performt Top Spirit deutlich besser als der Markt mit einem Marktanteil Umsatz von 15,6% (+0,1ppt).
Die Kategorie Liköre verliert im Absatz -8,4%, bleibt aber im Umsatz relativ stabil mit -1,2%. Der Gewinner ist vor allem eine Marke: Mozart Likör, die seit der Neupositionierung in den letzten Jahren unheimlich an Schwung gewonnen hat. Mozart legt sage und schreibe +15% im Absatz und +19,4% im Umsatz zu und ist der absolute Wachstumsgewinner der Kategorie Likör. „Mit der im letzten Jahr präsentierten Geschmacksrichtung Coconut Chocolate ist uns heuer auch eine Handelslistung gelungen – mit sehr zufriedenstellenden Wachstumszahlen“, freut sich der Manager.
Die Kategorie Gin ist seit 2022 rückläufig; diese Entwicklung setzt sich 2023 fort, so verliert der Markt deutlich: -6,7% Absatz und -8,5% Umsatz (Quelle: Nielsen Gin Total inkl. H/L KW 52). Nur nicht Hendrick’s: „Unsere Marke Hendrick’s Gin wächst im selben Zeitraum aber mit +12,7% im Absatz und 7% im Umsatz und ist die einzige Gin-Marke der Top 10 mit positiver Performance“.
In einem rückläufigen Spirituosenmarkt ist die Kategorie Cocktails jene, die wächst, und zwar mit +84,6 % im Absatz und +61 % im Umsatz, wenngleich von einer niedrigen Basis kommend. „Wir sind zufrieden mit der Performance der Marke Speakeasy, welche Absatz und Umsatz verdoppelt hat“, so Eugen Lamprecht abschließend.
Ein kurzer Blick noch in die Zukunft: Die neue Produktion im burgenländischen Müllendorf blüht und gedeiht. Anfang März kommen die ersten Maschinen aus Wien und neue aus Frankreich. Die Rüttelkäfige stehen bereits. Im Laufe des Jahres wird die gesamte Produktion übersiedeln und im Jänner/Februar wird erstmals dort produziert.
Die Schlumberger Kellerwelten mit ihrer Markenerlebniswelt und dem recht neuen Escape Room bleiben davon aber unberührt.