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Aurore Jeudy ist die erste weibliche Kellermeisterin im Traditionshaus Schlumberger

Schlumberger: Evolution statt Revolution

Für Aurore Jeudy ist es in ihrer neuen Funktion als Kellermeisterin der erste „Tag des Sekts“ gewesen. Ein Resümee über die Entwicklung des Traditionshauses.

Seit Ende 2022 ist Aurore Jeudy Kellermeisterin im Traditionshaus Schlumberger. Sie ist somit die erste Frau in dieser Funktion. Und sie hat neue Ideen für zukünftige Produkte. Gemeinsam mit Benedikt Zacherl, CEO der Schlumberger Wein- und Sektkellerei Gmbh hat sie retailreport.at Fragen rund um den "Tag des Sekts" beantwortet.

retailreport.at: 15 Jahre Tag des Österreichischen Sekts – kann man in Zahlen und Daten festmachen, wie sehr sich der Markt durch die unterschiedlichen Initiativen in diesem Zeitraum verbessert hat?

Benedikt Zacherl: Der Schaumwein-Gesamtmarkt im Jahr 2009 lag bei etwa 23 Millionen Flaschen im Handel, 2022 waren es knapp 26 Millionen, d.h. im Absatz liegen wir ca. 12% über dem Schnitt von vor 15 Jahren. Spannend ist auch, dass sich allen voran der Umsatz stark gesteigert hat, um +71% innerhalb dieses Zeitraums. Der Sektmarkt gilt hierbei mit einem Plus von 23% im Absatz und 91% im Umsatz oder anders gesagt von ca. 15 Millionen Flaschen auf mittlerweile 19 Millionen Flaschen als Treiber. Sekt ist und bleibt mit Abstand die bedeutendste Kategorie. Der Markt für Sekt aus Österreich hat sich zudem definitiv verbessert. Wir merken, dass Konsumentinnen und Konsumenten auf heimische Wertschöpfung und Regionalität setzen. Seit einigen Jahren ermitteln wir in unserem Sektreport u.a. das Konsumverhalten der österreichischen Bevölkerung zu diesem Thema und wir sehen, dass die Herkunft immer wichtiger wird. Zwei Drittel aller Sektkäuferinnen und Sektkäufer geben an, dass die österreichische Herkunft ein wichtiges Kaufkriterium für sie ist.

Welche Trends gibt es bei Sekt heute, die auch die Zukunft bestimmen werden? Welche Sekt-Arten werden boomen?

Aurore Jeudy: In Österreich hat sich der Schaumweinbereich in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt. Rosé ist mittlerweile weit mehr als nur ein Trend und hat sich als echte Größe etabliert. Das Rosé-Segment ist in den letzten vier Jahren um über 90 % gewachsen, was diese Entwicklung unterstreicht, aber Zahlen sind eigentlich nicht mein Thema. Ich merke aber auch, dass regionale und heimische Erzeugnisse hier sehr beliebt sind, das ist auch beim Sekt zu spüren und ein Trend, der bestimmt noch stärker wird. Darüber hinaus sind aktuell auch Schaumweine mit einem geringeren Restzuckergehalt im Kommen. Das ist auch ein Ziel, welches ich in den nächsten Jahren verfolgen möchte: durch die Auswahl des perfekten Lesezeitpunkts und die perfekte Balance aus Säure und Zucker möchte ich nach und nach die Dosage bei den klassischen Schlumberger-Sekten reduzieren. Ich möchte aber auch neue Schaumweine auf den Tisch bringen, die komplex und elegant perfekt zu diversen Speisen passen.

Wie kann man – wenn ein Produkt doch länger lagert – den aktuellen Geschmack der Konsumenten denn erahnen? 

Aurore Jeudy: Tatsache ist, dass die Sektherstellung viele Jahre dauert. Die Arbeit beginnt jedes Jahr in den Weingärten bei den Trauben und endet dann – je nach Stufe der Qualitätspyramide – nach zwei bis fünf Jahren, wenn nicht sogar nach noch längerer Zeit. Unsere neue Schlumberger Große Reserve, Jahrgang 2017 zum Beispiel lag insgesamt 64 Monate auf der Hefe, da braucht man Geduld. Einerseits halte ich es für absolut notwendig, auf Trends und Verbraucherwünsche zu hören und das Angebot dementsprechend anzupassen. Gleichzeitig sind wir aber ein Hersteller von Qualitätssekt und können gar nicht jedem Trend folgen. Unabhängig davon ist es mein Anspruch als Kellermeisterin des größten und traditionsreichsten österreichischen Sektherstellers, Trends aktiv zu gestalten und auch eine Richtung vorzugeben. Meiner Meinung nach ist Schlumberger dieser Spagat in der Vergangenheit aber schon perfekt gelungen: Beispielsweise wuchs wie erwähnt der Markt für Rosé-Schaumweine, und wir haben mit unserem Sparkling Rosé die passende Antwort darauf. Unser Ice Secco Sortiment andererseits bietet die Möglichkeit, Schaumwein ganz neu zu trinken, z. B. mit Eiswürfeln. Unsere Reserve-Linie passt hervorragend als Speisenbegleitung – Sie sehen, wir können aus jedem Moment einen prickelnden Genussmoment machen. Die Sekte von Schlumberger stehen aber generell für Leichtigkeit, Frische und Feinperligkeit – diesen Stil möchte ich bewahren, mit dem Ziel ihn weiter zu optimieren. Evolution, nicht Revolution lautet dabei mein Motto.

Hat sich im Laufe der Jahre auch die Zielgruppe verändert?

Benedikt Zacherl: In dem bereits erwähnten jährlichen Sektreport untersuchen wir das Konsum- und Trinkverhalten der Österreicherinnen und Österreicher und können daher ganz gut diverse Entwicklungen in den Zielgruppen feststellen. Im letztjährigen Report gaben neun von zehn Befragten und damit ca. 88% an, zumindest gelegentlich Sekt zu trinken. Das ist ein Plus von 6% zum Jahr davor. Und während 2021 die Ergebnisse des Reports zeigten, dass bereits jede/r Dritte fernab üblicher Anlässe Sekt konsumiert, so zeigten die Ergebnisse vom letzten Jahr, dass der Trend zum Sektkonsum vor allem durch die junge Zielgruppe (Anm.: im Alter von 18 bis 29 Jahren) getrieben wird. Das zeigt: Sekt ist „In" und avanciert vor allem bei den Jungen zum Trendgetränk.

Ist das Gebinde 0,75 l immer noch die beste Lösung? Oder ist die Kleinflasche am Vormarsch?

Benedikt Zacherl: An unserer gewohnten Flaschengröße führt derzeit sicherlich kein Weg vorbei. Sie hat sich etabliert und ist, wenn man mit einem entsprechenden Sektverschluss arbeitet, für den Konsum zu Hause bzw. im Privatbereich aber auch in der Gastronomie nach wie vor Standard. Die Kleinflasche eignet sich wiederum perfekt für unterwegs, als kleines Dankeschön oder schnelles Mitbringsel, für die Minibar im Hotel oder wenn man wirklich nur ein Gläschen zu zweit trinken möchte. Die 0,2l-Flasche ist seit langem ein stabiler Faktor in unserem Standard-Sortiment, ob bei Schlumberger oder Hochriegl. Ein Novum, welches wir heuer erstmals getestet haben und das durch die Decke schießt ist aber die 0,25l-Dose von Hochriegl Spritz. Mit unseren beiden Ready-To-Drink-Sorten „Hugo“ und „Betty“ sprechen wir vor allem ein jüngeres Publikum an und die Zahlen sowie Listungen steigen hier signifikant.

Wie sieht es mit Sekt ohne Alkohol aus, davon hat man nun auf der Anuga so einigen gesehen.

Benedikt Zacherl: Die Beliebtheit von alkoholfreiem Sekt wächst stetig. Ebenfalls mit Daten aus unserem Sektreport belegt, geben knapp ein Drittel der Befragten an, zumindest gelegentlich alkoholfreien Sekt zu konsumieren. Aber auch unsere Verkaufszahlen bestätigen diesen Trend. Mit unserer Produktlinie Hochriegl Alkoholfrei und Alkoholfrei Rosé konnten wir den Umsatz um fast 50% im ersten Halbjahr steigern.

Sekt im Lebensmittelhandel: Wohin geht die Reise? Zu günstigen Produkten? Zu hochwertigen und der Preis wird außer Acht gelassen?

Benedikt Zacherl: Die Teuerung hat einen kurzfristigen Einfluss auf das Konsum- und auf das Einkaufsverhalten. Man spricht allgemein von „Downtrading“. Dennoch ist Sekt für viele Konsumenten noch kein Artikel des täglichen Bedarfs und daher gilt für Sekt Austria: wenn der Konsument sich etwas gönnt und den Moment genießen will, dann soll es auch eine entsprechende Qualität sein. Das heißt, man spürt, dass die Momente etwas weniger werden, aber Sekt Austria – in seiner Produktvielfalt und in der steigenden Zahl der Hersteller – entwickelt sich insgesamt positiv. Das Bewusstsein für Qualität und Herkunft wird gestärkt. Die Stärkung der heimischen Wertschöpfung rückt in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ebenfalls in den Vordergrund.

Wo liegen noch die großen Unterschiede zwischen Lebensmittelhandel und Gastronomie?

Benedikt Zacherl: Die Bereitschaft, sich etwas zu gönnen, ist in der Gastronomie vermutlich ein Stück weit höher. Im Lebensmittelhandel sind die Konsumentinnen und Konsumenten preissensibler, jedoch ebenfalls bereit, für eine entsprechende Qualität, mehr auszugeben. Während auf den Karten der heimischen Gastronomie Weine aus Österreich schon seit Jahren sehr gut vertreten sind, würde ich mir wünschen, dass noch mehr Gastronomen auch bei Schaumwein auf heimische Produkte setzen und die österreichische Herkunft auch hier weiter an Zugkraft gewinnt.

Wie sieht es mit der Preisentwicklung bei Sekt aus?

Benedikt Zacherl: Das Thema der Inflation mildert sich mittlerweile wieder etwas ab. Unsichere und herausfordernde Zeiten sind aber das „neue Normal“, in dem wir uns bewegen. Der Markt insgesamt zeigt sich weiterhin in Bewegung. Wir begegnen überproportionalen Kostensteigerungen in beinahe allen Bereichen: der Sektgrundwein und die Herstellung von Etiketten sind beide um je 25 % gestiegen, der Rein-Alkohol um 20%, Glas, Kartonagen, Energie steigen ebenfalls und wir könnten die Liste noch lange fortführen. Wir können und werden jedoch nicht alle Preise, die wir von unseren Lieferanten erhalten, 1:1 an unsere Kundinnen und Kunden weitergeben. Ein partnerschaftliches Miteinander steht bei uns an erster Stelle und daher geben wir nur einmal im Jahr marktgerechte Preisanpassungen weiter.

Was macht Schlumberger, um den Absatz vor und rund um Weihnachten für sich zu entscheiden?

Benedikt Zacherl: Unsere Strategie für die Hochsaison beinhaltet vor allem eine verstärkte Aktivierung am POS. Hier wollen wir gemeinsam mit dem Handel eine erfolgreiche Saison für Sekt schlagen. Attraktive Geschenkpackungen und Platzierungen genauso wie Promotions zählen hierbei zu unseren Maßnahmen. In der Umsetzung am POS wollen wir zusätzlich die Durcharbeit intensivieren. Generell fokussieren wir uns mit unseren österreichischen Sektmarken Schlumberger und Hochriegl aber auf unsere Kernwerte: Produkte made in Austria und Regionalität. Jene Handelspartner, die im Regal auf Sekt aus Österreich setzen, setzen automatisch auf heimische Wertschöpfung. Neben unseren Geschenkpackungen haben wir auch in diesem Jahr wieder unseren immer beliebter werdenden Schlumberger Adventskalender in unserem Online-Shop im Angebot.

Schlumberger Geschäftsführer Benedikt Zacherl

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geschrieben am

23.10.2023