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Lebensmittelabfall

Runder Tisch zum Thema Lebensmittelabfall

Kanzlerin Bierlein lud Branchenvertreter zum Thema "Lebensmittelverschwendung" zu einem Runden Tisch ein.

Bundeskanzlerin Dr. Brigitte Bierlein und Nachhaltigkeitsministerin DI Maria Patek haben zu einem Runden Tisch geladen, um gemeinsam mit Experten über eine weitere Reduktion von Lebensmittelabfällen in Österreich zu diskutieren. Der Handelsverband, als auch die Wirtschaftskammer waren vertreten.

Fakt ist bereits, dass Österreichs Handel in der Vermeidung von Abfällen sehr aktiv ist. Supermärkte in ganz Österreich geben nicht mehr verkäufliche, aber noch genießbare Lebensmittel an Tafeln und andere Sozialeinrichtungen weiter. Maßnahmen, die in anderen europäischen Ländern gesetzlich vorgeschrieben werden mussten, sind in Österreich seit vielen Jahren gelebte Realität.

"Für uns Händler sind Lebensmittel nicht nur kostbar, sie sind zentraler Kernbestandteil unserer Geschäftstätigkeit und Lebensgrundlage für uns alle. Als Gesicht hin zum Konsumenten fühlen wir uns verpflichtet, die höchsten Qualitätsansprüche zu erfüllen. Wir haben im Branchenvergleich sehr geringe Margen und daher überhaupt kein Interesse daran, Lebensmittel wegzuwerfen. Ein entscheidender Faktor im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung ist die Weitergabe an Sozialeinrichtungen. Mittlerweile werden in Österreich pro Jahr 12.250 Tonnen Lebensmittel vom Handel an Sozialorganisationen gespendet. Darüber hinaus werden 10.000 Tonnen an nicht mehr verkäuflichen Lebensmitteln zur Futtermittelherstellung verwertet. Österreich ist damit im internationalen Vergleich ein absolutes Vorzeigeland", bestätigt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

„Der Lebensmittelhandel in Österreich unterstützt mit der Abgabe von noch genießbaren Lebensmitteln an soziale Einrichtungen ein Vorzeigemodell“, so Peter Buchmüller, Obmann der Bundessparte Handel der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). „Der Lebensmittelhandel ist seit vielen Jahren bewährter Kooperationspartner karitativer Einrichtungen. So ist es auch gelungen, die Menge der Lebensmittel, die an soziale Einrichtungen wie  Caritas, Tafeln, Vinzimärkte, ‚Gruft‘ und andere geliefert werden, innerhalb eines Jahres zu verdoppeln“, illustriert Buchmüller das funktionierende System.

Zukunftsfit

Der heimische Handel ist eine bis ins Jahr 2030 geltende Selbstverpflichtung eingegangen, die zahlreiche Möglichkeiten zur Verringerung von Lebensmittelabfällen beinhaltet: Dazu gehört die Abgabe von Lebensmitteln an soziale Einrichtungen ebenso wie ein verbilligtes Angebot von Brot und Gebäck vom Vortag, die Verringerung des Frischwarenangebots zum Ladenschluss hin oder dass Obst und Gemüse als Güteklasse II vergünstigt angeboten werden. Dazu kommen Produktinnovationen, mit denen Lebensmittel recycelt werden, indem etwa altes Brot und Gebäck bei der Bierherstellung zum Einsatz kommen. Einig war man sich nun der Tatsache, die Abgaben "zukunftsfit" zu machen. 

Nötig wäre Unterstützung bei der Lebensmittelbgabe an soziale Einrichtungen in den Bereichen Lagerung, Logistik und Transport. Klärungsbedarf herrscht aber auch bei rechtlichen Fragen, etwa in Bezug auf Haftungen oder die steuerliche Behandlung von Spenden. In Österreich ist der Handel steuer- und lebensmittelrechtlich gezwungen, bei der Weitergabe von Lebensmitteln in einem Graubereich zu agieren. So müssen Lebensmittel vor der Weitergabe im Bewegungsjournal als Verderb deklariert werden, um die Vorsteuer anwenden zu können. Bedingung dafür wäre allerdings, dass die Waren nicht mehr verkäuflich bzw. nicht mehr verkehrstauglich sind. Damit dürften sie aber auch nicht mehr über Sozialeinrichtungen in Verkehr gebracht werden. Dieser rechtliche Graubereich sollte künftig klarer geregelt werden.

Gesetzliche Regelungen wie in Frankreich und Tschechien, wo Lebensmitteleinzelhändler unter bestimmten Rahmenbedingungen gesetzlich verpflichtet wurden, überlagerte Lebensmittel an karitative Organisationen abzugeben, haben sich hingegen als weitgehend ineffizient und kontraproduktiv herausgestellt. Vielfach fallen große Mengen an Warenspenden in teils fragwürdiger Qualität an, welche von den Sozialeinrichtungen trotzdem übernommen und verteilt werden müssen. Fehlen den karitativen Einrichtungen die erforderlichen Lager und Transportmittel, ergeben sich in der Praxis weitere Probleme.

"Eine neue gesetzliche Regelung analog zu Frankreich würde keinen Mehrwert für Armutsbetroffene oder die Umwelt bringen, sondern eine reine Überbürokratisierung, deren Abbau von der letzten Bundesregierung versprochen wurde. Stattdessen brauchen wir zusätzliche Anreizmodelle, eine Vereinfachung der Lebensmittelweitergabe und Logistik sowie eine Verbesserung des in Österreich bewährten Fünf-Stufen-Prinzips", so Rainer Will.

Weitere Gespräche sind geplant.

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geschrieben am

07.10.2019