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RegioPlan Analyse: Retailmieten in Coronazeiten

RegioPlan: Retailmieten in Corona-Zeiten

Aktuell werden die Retailmieten in Österreich durch zwei Trends bestimmt: Erstens, die Nachverhandlung bestehender Mietverträge und andererseits durch den Corona verstärkten Trend der Rückgänge der erzielbaren Mieten bei Neuverträgen.

Beide Trends bestimmen nicht nur die derzeitige Lage am Markt, die beeinflussen auch die Handelsstruktur. Das geht aus eine RegioPlan Analyse hervor.

Für 2020 wurden nach derzeit vorliegenden Informationen etwa 15-17 % aller Mietverträge im Retailbereich temporär, plus ca. 12 % nachhaltig, reduziert. Dazu kommt, dass sich auf Grund der geringer werdenden Nachfrage an Handelsflächen generell die Situation in Richtung Käufermarkt verändert hat, das heißt, dass die potenziellen Mieter zunehmend an Macht gewinnen. Aktuelle Befragungen und Erhebungen in Österreich und Deutschland zeigen übereinstimmend, dass im Jahr 2020 etwa 75 % der Shopping Mall- und Retail Park- Betreiber einen oder mehrere Mietverträge nach unten angepasst haben. Im Gegenzug zu einer Reduktion wurde jedoch die Vertragsdauer in vielen Fällen verlängert.
Im vergangenen Jahr sank die Zahl der neuen Mietabschlüsse im Retailbereich um 64 % gegenüber 2019, insgesamt wurden nur etwa 1400 neue Mietverträge (mit einer Vertragsdauer von mehr als einem Jahr) im Einzelhandel abgeschlossen. Die durchschnittliche Verkaufsfläche pro Geschäftslokal bei den Neuvermietungen sank um etwa 8 %, ebenso ging die vereinbarte Mindestvertragsdauer leicht zurück. Insbesondere bei Shopping Malls und Retail Parks sank zudem der Anteil an umsatzabhängigen Mietvereinbarungen signifikant.

Sternstunden der Diskonter

Durch den deutlich geringeren Flächenbedarf der klassischen Fachgeschäfte im mittleren Preissegment, etwa bei Bekleidung, Schuhe, Accessoires, Bücher, Schmuck, Elektro etc., sinkt – auch in den besseren Lagen – das Mietpreisniveau auf oft unter 10 €/m2/Monat, sodass auch viele dieser Flächen für Unternehmen mit geringerer Quadratmeterproduktivität leistbar werden. Und das sind vor allem Non-Food-Diskonter, Off-Price-Shops und generell Betriebstypen mit günstiger Ware. Der Anteil dieser Geschäftsformen steigt in gewachsenen und synthetischen Handelszonen. Man könnte also von einer „Diskonterisierung“ der Innenstädte, aber auch mancher Shopping Malls und Retail Parks, sprechen.

Umsatzmieten werden zum Boomerang

In den österreichischen Shopping Malls und Retail Parks bestehen bei aktuell knapp 20 % der Verträge Vereinbarungen mit einer umsatzabhängigen Miete, die bis zu 17 % des Umsatzes (etwa in den Branchen Bekleidung und Elektro) betragen kann. Der durch die Schließungen und behördlichen Maßnahmen entstandene Umsatzentgang betraf vor allem jene Branchen, in denen bevorzugt Umsatzmieten vereinbart wurden: Bekleidung, Schuhe mit Umsatzein- bußen von ca. 23 %, aber auch Gastronomie und Friseure. Alleine diese entfallenen Umsatzmieten liegen für die österreichischen Shopping Center bei etwa 85 Mio. Euro.

Insgesamt kann für das Coronajahr 2020 von einem Mietentgang für die österreichischen Shopping Malls und Fachmarktzentren von insgesamt mindestens 260 Mio. Euro ausgegangen werden. Dieser Wert setzt sich zusammen aus den geringeren Einnahmen aus der Umsatzmiete, der Nachverhandlung bestehender Mietverträge, dem – mehr oder weniger freiwilligen – Aussetzen der Mietforderungen und der Erhöhung der Leerstandsquote auf Grund der Auflösung bestehender Verträge und der fehlenden Möglichkeit, diese wieder zu gleichen Bedingungen nach zu besetzen.

Auswirkungen auf die Renditen

Das temporäre und vor allem nachhaltige Herabsetzen der Mieten bringt jedoch auch viele Vermieter in Turbulenzen, da sie Kredite bedienen und den Erwartungen der Investoren entsprechen müssen. Doch die Perspektiven für monofunktionale Handelszonen werden nicht besser: Die Zeiten, in denen einzelne Centerbetreiber verlautbaren ließen, sie hätten lange Wartelisten für Mietflächen, sind wohl längst vorbei. Das Kräfteverhältnis zwischen Mieter und Vermieter hat sich schon bisher, auch ohne Coronavirus, und wird sich auch wei- terhin in vielen Fällen zu Gunsten der Mieter verändern. Für viele Endinvestoren ist diese Assetklasse zu heiß geworden und sie ziehen sich zurück. Alleine Fachmarktzentren mit hohem Lebensmittelanteil werden in Österreich noch massiv – vor allem von deutschen Fonds – gesucht. Doch steht es um die Retailflächen wirklich so schlecht?

Samantha Riepl, CEO von RegioPlan Consulting meint dazu: „Ja, die Einzelhandelsflächen in Österreich befinden sich auf dem Rückzug und werden in den nächsten Jahren weiterhin um 3-4 % jährlich schrumpfen. Doch das bedeutet keineswegs den Niedergang der Handelszonen, denn es ergeben sich Chancen für andere, ergänzende Nutzungsformen: Mischnutzungen mit Freizeit, Entertainment, Arbeiten, Büro, Gesundheitseinrichtungen, Logistik etc. Allerdings: Die erzielbaren Mieterträge liegen in diesen Nutzungsformen oft deutlich unter der Erwartungshaltung. Zudem ist der Aufwand des Asset-Managements und das Betreiberrisiko entsprechend höher. Um diese Herausforderungen bewältigen zu können, braucht es einerseits viel mehr Flexibilität der Vermieter und Endinvestoren und andererseits Kooperationen auf allen Ebenen: Mieter, Vermieter, Städte. Letztlich können wir uns als Konsumenten freuen: Die Shopping Places in Österreich werden wieder multifunktionaler, also vielfältiger und urbaner werden.“

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geschrieben am

30.05.2021