Preisvergleiche: das große Krabbeln
Ein Webcrawler („Krabbler“) ist ein Computerprogramm, das automatisch das World Wide Web durchsucht und Webseiten analysiert. Webcrawler werden vor allem von Suchmaschinen zur Indexierung von Webseiten eingesetzt. Weitere Anwendungen sind das Sammeln von Informationen – im jüngsten Fall von Online-Supermarkt-Preisen zum Zwecke der Preisvergleiche. Sie krabbeln sich durch die Online-Supermärkte der Lebensmittelhändler.
Alles Licht der Transparenz
Ende vergangener Woche ließen News-Meldungen aufhorchen: private Preisvergleichs-Plattformen untersuchen den Lebensmittelhandel zum Zwecke der Preisvergleiche und stellen fest, dass nach Aktionen Preise stärker in die Höhe gehen als vor der Aktion und die Preise auch sehr ähnlich sind. Im Falle dieser Berichte ist so ziemlich alles, was man an Inhalten finden konnte in den Topf geworfen worden.
- Der Online-Anteil am Lebensmittelhandel ist nach wie vor klein. Einschlägige Quellen sprechen von 2,5-3% vom gesamten Umsatz im LEH – und das trotz Neueinstiegs von gurkerl.at.
- Nicht alle Lebensmittelhändler in Österreich sind im Internet mit einem 1:1 vergleichbaren Portal vertreten.
- Auch wenn die Preise auf den Online-Shops ident sind mit jenen, die man im stationären Handel findet: Aktionen, Mengenrabatte, -25% Warengruppenrabatte, Rabattpickerl, Zweiplatzierungen sind im Online-Shop nicht oder nur sehr zaghaft abgebildet. Und damit geht die Rechnung der Preisvergleiche nicht auf.
- Im Frischesortiment ist die Vergleichbarkeit noch weniger gegeben: die Lebensmittelhändler haben nicht nur unterschiedliche Sortimente, sogar an Standorten eines einzigen Lebensmittehändlers können die Angebote stark variieren.
- Programme wie Too good to go werden online ihre Schwierigkeiten haben. Sie bieten aber große Einsparungspotenziale für Konsumenten.
- Sind Preiscrawler auch AGB-Konform, wäre zu hinterfragen?
Dr. Ernst Gittenberger vom Institut Handel, Absatz und Marketing an der JKU wurde bereits im Rahmen der Berichterstattungen gefragt. retailreport.at hat nachgehakt. „Preistransparenz ist immer eine gute Idee und erleichtert einen Überblick innerhalb einer Branche und für einen Einkauf. Allerdings sind die Online-Preisvergleiche nur ein Baustein, von dem man sich nicht zuviel erwarten darf. Dazu kommt, dass in der ganzen Preisthematik ein Denkfehler passiert: die Preise sind nicht wegen der schlechten Transparenz gestiegen, sondern wegen der hohen Kosten, die innerhalb der Branche herrschen. Mit den gestiegenen Kosten allgemein muss die gesamte Branche leben. Der Lebensmittelhandel per se ist eine transparente Branche“, so Gittenberger.
BWB prüft auch hier
Im Rahmen der Branchenuntersuchung Lebensmittel nimmt sich nun die BWB auch die Preisvergleichsplattformen vor. Hinterfragt wird, wie die Plattformen zu den Daten kommen, welche Themen im Vordergrund stehen und welche Transparenz für Konsumenten gegeben ist. Nicht zuletzt wird hinterfragt, wie sich Online-Einkauf von Lebensmitteln in Bezug auf stationärem Einkauf von Lebensmitteln verhält. Die Ergebnisse kommen mit den Ergebnissen der Branchenuntersuchung. Bezüglich der Größe dieser Plattformen zeigen sich derzeit große Unterschiede in Österreich. Einige dieser Transparenzinitiativen werden in Österreich derzeit nur von Einzelpersonen betrieben, die das Angebot nicht kommerziell zur Verfügung stellen.
Die BWB hat Fragen an sieben bekanntere Preisvergleichsplattformen gesendet, um ein besseres Verständnis für deren Funktionsweise, die Erhebung der Daten und die faktischen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu erlangen.
Digital: Fluch und Segen
Die Disruption im digitalen Bereich ist massiv, das kann man nicht leugnen. Rewe in Deutschland verabschiedet sich sogar von den gedruckten Flugblättern und schwenkt auf digitale Preisangebote um. Preisvergleichsseiten wie heisse.preise.io, preisrunter.at, wogibtswas.at und viele andere nutzen die moderne Technik und den Algorithmus, um Transparenz aufzuzeigen, aber auch um Aufmerksamkeit zu erlangen. Datenbeschaffung aktuell am Scheideweg und wird mit zunehmender KI noch besser und kritischer zu beobachten sein.
Gabriele Jiresch