Passion for Beauty made in Austria
Autorin: Michaela Schellner
retailreport.at: Herr Deisenhammer, Sie haben die Geschäftsführung von GW Cosmetics auf neue Beine gestellt und mit Beatrice Cox-Riesenfelder erstmals eine Frau an die Spitze des Unternehmens geholt. Wie kam es zu diesem Schritt?
Rainer Deisenhammer: Es sind noch immer viel zu wenige Frauen an der Spitze von Unternehmen. Wir sind sehr stolz, dass wir auch dazu beitragen können, dass sich dieses Verhältnis verändert. Außerdem verbindet Beatrice und mich eine jahrelange Freundschaft. Ich freue mich sehr, dass es mir gelungen ist, sie für GW Cosmetics zu gewinnen.
Frau Cox-Riesenfelder, Sie kommen aus dem Medienumfeld, das Geschäft mit Kosmetikprodukten ist für Sie neu. Was hat Sie denn dazu bewogen, bei GW Cosmetics in einem neuen Umfeld durchzustarten?
Beatrice Cox-Riesenfelder: Ja, es stimmt, die Branche ist für mich neu und insbesondere im Bereich Forschung und Entwicklung, wo GW Cosmetics international unterwegs ist und damit eine einzigartige Stellung in Österreich hat, erhalte ich jeden Tag neue Erkenntnisse. Aber beim Aufgabengebiet selbst gibt es im Vergleich zu meiner Tätigkeit im ORF mit den Schwerpunkten Marketing und Vertrieb nicht so große Unterschiede. Nach 25 Jahren im Medienbusiness, wo ich ja in den verschiedensten Unternehmen tätig war, ist einfach die Zeit für etwas Neues gekommen.
An welchen strategischen Schrauben wollen Sie denn in den von Ihnen verantworteten Geschäftsfeldern konkret drehen, um die Performance von GW Cosmetics weiter zu steigern?
Cox-Riesenfelder: GW Cosmetics ist ein Kosmetikhersteller, der ja sowohl eigene Marken in den verschiedensten Geschäftsfeldern im Portfolio hat, als auch für andere Unternehmen Produkte herstellt. Damit sind wir am Markt vertriebs- und marketingtechnisch bereits sehr gut aufgestellt. Nichtsdestotrotz haben wir noch großes Potenzial im Bereich der Expansion, denn es gibt noch viele Frauen auf der Welt, denen wir unsere Produkte gerne zur Verfügung stellen möchten. Wir arbeiten deshalb kontinuierlich an der Entwicklung von Innovationen. Diese betreffen auf der einen Seite unsere eigenen Marken BeautyLash und RefectoCil, mit denen wir im Segment der Wimpern- und Augenbrauenfarben sowohl bei Friseuren als auch im Drogeriefachhandel aktiv sind und der Gesichts- und Körperpflegemarke Master Lin im selektiven Handel. Auf der anderen Seite können wir auch im Private Label-Bereich durch unsere eigene 10-Mitarbeiter starke Forschungs- und Entwicklungsabteilung spannende Konzepte entwickeln. Wir loten überall vorhandenes Marktpotenzial je nach den vorherrschenden Bedürfnissen aus. Mit dem fantastischen Team stehen uns jedenfalls sehr viele Möglichkeiten offen.
GW Cosmetics ist in rund 70 Ländern weltweit aktiv und die Corona-Krise hat viele davon massiv getroffen. Wie ist denn das vergangene Jahr für Ihr Unternehmen gelaufen?
Deisenhammer: Wir sind sehr zufrieden mit dem Jahr 2020. Unser Gruppenumsatz wird sich auf etwa 32 Millionen Euro belaufen, nach 26 Millionen Euro im Jahr 2019. Corona hat der Geschäftsentwicklung über alle Länder insgesamt betrachtet nicht geschadet, weil insbesondere im B2C-Bereich die Nachfrage nach unserer Marke BeautyLash explodiert ist. In UK konnten wir unseren Absatz vervierfachen und auch in Australien haben wir uns enorm gesteigert. Das sind aber nur zwei Beispiele, denn diese Entwicklung hat sich weltweit abgezeichnet. Die Friseursalons hatten geschlossen und das hat dem DIY-Markt einen regelrechten Boom verliehen.
Hat dieser Boom die Rückgänge bei RefectoCil aufgefangen? Mit dieser Marke sind Sie ja bei den Frisören vertreten.
Deisenhammer: Mit RefectoCil sind wir der Weltmarktführer für Profi-Wimpern- und Augenfarben und was die Distribution des Produkts angeht in allen relevanten Ländern überaus erfolgreich unterwegs. Natürlich hat uns die Schließung der Friseursalons sowie unserer eigenen Brow- und Lash-Bars in Wien und Salzburg getroffen, aber dafür haben wir uns in den anderen Segmenten ausgesprochen gut entwickelt. Ganz generell sehen wir aber im B2B-Bereich noch Potenzial, wenn es um das Erlebnis und das aktive Aufmerksam machen auf die Dienstleistung des Augenbrauen- und Wimpernfärbens geht. Das muss noch deutlicher in den Vordergrund gestellt werden. In unseren eigenen Brow- und Lash-Bars konnten wir den Umsatz von 2019 auf 2020 um 40 Prozent steigern. Der Markt ist also definitiv vorhanden und wir werden auch noch weitere Bars eröffnen.
Und in welchen Ländern wollen Sie Ihr Engagement zukünftig noch verstärken?
Deisenhammer: Wir wollen ganzheitlich wachsen. Das bedeutet, dass wir uns einerseits auf die Weiterentwicklung bestehender Märkte mit den bestehenden Produkten in den bestehenden Vertriebskanälen konzentrieren sowie das Erlebnis der Dienstleistung ausbauen und andererseits auch neue Länder erschließen wollen. In Lateinamerika liegt der Fokus neben Brasilien auf Argentinien und der Anden-Region, sprich Kolumbien, Ecuador und Bolivien. Außerdem wollen wir uns in den USA noch breiter aufstellen. Dass unsere Produkte „Made in Austria“ und vegan sind, ist bei der Expansion im Übrigen ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil.
Cox-Riesenfelder: Und deswegen werden wir diesen Benefit zukünftig auch stärker auf unseren Produkten ausloben und deutlicher kommunizieren, dass hinter GW Cosmetics ein österreichischer, eigentümergeführter Hersteller mit Werten wie „Passion for Beauty“ sowie „Passion for Excellence“ und kein anonymes Unternehmen aus Asien steckt. Ein erster Anlass dafür wird unser 90-jähriges Firmenjubiläum sein, das wir heuer nachfeiern.
Darüber hinaus sehen wir auch, dass wir an unseren Vertriebsstrukturen arbeiten müssen. Nicht nur, aber auch bedingt durch Corona haben die Onlineportale an Bedeutung gewonnen. Auch hier bieten sich enorme Absatzmöglichkeiten, die wir in Zukunft stärker nutzen wollen.
Deisenhammer: Genau, denn das starke Wachstum in 2020 war primär durch digitale Vertriebswege getrieben. Diesen Bereich werden wir stark forcieren.
Sie haben vorhin Ihre starke Forschungs- und Entwicklungsabteilung angesprochen. Welche Konzepte haben Sie denn für 2021 für Ihre eigenen Marken in der Schublade?
Deisenhammer: Bei BeautyLash und Master Lin planen wir eine Vielzahl neuer Produkte, um neue Zielgruppen anzusprechen.
Cox-Riesenfelder: Heuer kommt etwa „Brow Lamination“ auf den Markt. Dabei handelt es sich um ein Treatment, mit dem sich die Augenbrauen längerfristig in Form bringen lassen. Die Härchen werden sozusagen einmal in die gewünschte Form gebracht und dann für einen längeren Zeitraum fixiert. Wir bringen den Service der Salons nun für den Hausgebrauch heraus, starten vertriebsseitig bei den Frisören. Und auch Männer dürfen sich im Drogeriefachhandel auf eine Produktinnovation freuen.
Deisenhammer: Aktuell arbeiten wir zudem an einer Weltinnovation, die die tägliche Schminkroutine verändern wird. Hier müssen wir noch eine technische Herausforderung lösen und gehen von einer Präsentation im Jahr 2022 aus.
Cox-Riesenfelder: Parallel dazu unterstützen wir natürlich auch das bestehende Sortiment, in dem sich zum Beispiel der Wimpern-Booster sehr gut entwickelt. Dieses Produkt bieten wir sowohl unter der Marke RefectoCil als auch unter BeautyLash in unterschiedlichen Formulierungen an und hier ist die Nachfrage in den vergangenen Jahren extrem gestiegen.
Und wie zufrieden sind Sie mit dem Private Label-Geschäft?
Deisenhammer: Auch hier streben wir eine qualitative Erweiterung an. Wir treten weltweit als Full-Service-Partner auf und entwickeln gemeinsam mit den Partnern die Rezepturen. Unser Produktportfolio reicht von Kopf bis Fuß, wir können in unserem eigenen Labor alles herstellen außer dekorativer Kosmetik und dabei individuell auf die Wünsche der Kunden eingehen. Auch bei der Herstellung von Naturkosmetik verfügen wir über große Expertise. Außerdem beraten wir diese auf Wunsch auch bei der Marktstrategie und Preisgestaltung.
Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Welche Wünsche haben Sie denn für das Jahr 2021 und für die Zukunft des Unternehmens?
Cox-Riesenfelder: Das wir all das, was wir uns vorgenommen haben in den kommenden zwei Jahren erreichen können.
Deisenhammer: Das wünsche ich mir natürlich auch und darüber hinaus, dass die Partnerschaft zwischen Beatrice und mir viele Jahre lang währt und wir Spaß und Freude an der Arbeit haben. Denn wenn das so ist, dann gelingt uns das angepeilte Wachstum sicherlich noch besser.
Frau Cox-Riesenfelder, Herr Deisenhammer, vielen Dank für dieses Gespräch.
ÜBER GW COSMETICS
- Unternehmensgründung: 1930 in Wien als Gschwentner Haarkosmetik, 2009 Fusion mit der Firma M.Weinzierl, der Name GW Cosmetics entsteht
- Umsatz 2020: ca. 32 Mio. Euro (VJ. 26 Mio. Euro)
- Marken im Portfolio: RefectoCil (B2B), BeautyLash, Master Lin (B2C)
- Weiteres Standbein: Private Label Produzent
- Umsatzanteile: B2B (RefectoCil): 60 %, B2C (BeautyLash, Master Lin): 10-15 %, Private Label: 25-30 %
- Mitarbeiter: 100
- Länder: präsent in 70 Ländern weltweit
- Produktion: in Österreich am Standort Leopoldsdorf
- Exportanteil: 81 %