Die Zwillinge werden kurz getrennt
Der „Omnichannel Readiness Index“ – kurz ORI ist die Möglichkeit für alle Unternehmen, den online-Auftritt detailliert zu analysieren, zu verbessern und zu hinterfragen, was man besser machen könnte. Es geht nicht um Wettbewerb mit anderen Marktteilnehmern, sondern um Orientierung des eigenen Online-Auftritts, demnach Verbesserung und ein verbessertes Bestehen im Hinblick auf die große internationale Konkurrenz wie Amazon oder Alibaba.
Und was noch neu ist: der Handelsverband und Google stellen die Erkenntnisse aus dem Omnichannel Readiness Index als offene, strukturierte Daten im Sinne von "Open Data" zur Verfügung - ohne jedwede Einschränkung zur freien Nutzung und Weiterverbreitung. Mittlerweile zählt der Handelsverband rund 3000 Mitglieder, viele von ihnen sind KMUs, die es besonders schätzen, wenn sie in ihrem Wirken und Auftritt Unterstützung bekommen.
Dazulernen ist immer gegeben
Der online-Auftritt und Webshop eines Unternehmens wird auch gerne als der „digitale Zwilling“ des stationären Geschäftes gesehen. Gerade jetzt – in Corona-Zeiten – hat der Online-Handel massiv zugenommen und die Zwillinge haben sich getrennt. Nur wer einen gut aufgebauten, schnellen, freundlichen, effektiven und effizienten Webshop anbietet, der liegt im Rennen um die Kunden an vorderster Front. Und wer dann noch die Belieferung dem Kundenwunschanpasst und seinen Webshop mit der stationären Fläche vereint, der führt die „Zwillinge“ wieder zusammen und wird erfolgreich sein. Fakt ist: jeder kann aufgrund dieser Erkenntnisse noch etwas dazulernen, auch die großen Unternehmen.
Zusammenfassung
Auf der Seite des Handelsverbandes finden Sie die ganz detaillierten Ergebnisse, wir versuchen das Wichtigste zusammenzufassen:
- 81% der Konsumenten wünschen sich, im Webshop nach Produkten filtern zu können, die in einer bestimmten Filiale verfügbar sind.
- Click & Collect sowie Reserve & Collect werden von knapp 60% der Kunden erwartet.
- 50% der Konsumenten ist die Zahlung bei Abholung der Ware im Geschäft oder bei Lieferung wichtig – im Vorjahr waren es noch 45%.
- 68% der Konsumenten wünschen sich, direkt in der Filiale anrufen zu können.
- 61% wünschen sich, online Fragen zu einem bestimmten Produkt stellen zu können.
Der Trend geht in Richtung Webshop als "digitales Abbild der vertrauten Filiale". Der Konsument will den Lagerbestand kennen, ohne hinfahren zu müssen. Und verlässliche Öffnungszeiten, um keinen Weg umsonst zu machen. Beratung? Telefonisch mit Click-to-Call direkt in die Filiale oder online mittels "Frage zum Produkt stellen".
Über 78% der Konsumenten erwarten beispielsweise eine Anzeige von Filialöffnungszeiten auf Google Maps. Diese werden zwar bei einem Großteil der Händler im Allgemeinen korrekt angezeigt (90%), allerdings pflegen nur 30% auch die Sonderöffnungszeiten (Feiertage wie der 8. Dezember, Ostern, Weihnachten, Pfingsten sowie auch Corona- bedingte adaptierte Öffnungszeiten) – gerade in Krisenzeiten wäre dies aber essentiell, um dem Konsumenten Orientierung zu geben und die richtigen Informationen zur Verfügung zu stellen.
Auch individuelle Fotos vom eigenen Standort und Firmenlogos werden wenig genutzt, obwohl diese viele tausende Sichtkontakte erreichen und die Kaufentscheidung beeinflussen. Nur rund die Hälfte der untersuchten Händler nutzen eigene Fotos, und weniger als ein Drittel die Darstellung des eigenen Logos.
Noch erstaunlicher ist das ungenutzte Potential der indirekten Suche, wenn also der Konsument nicht nach dem Unternehmensnamen sucht, sondern beispielsweise nach einer Produktkategorie oder angebotenen Dienstleistungen: Nur rund 65% der Big Player im österreichischen Handel nutzen Kategorien und Schlagworte zu Ihrem Unternehmen, und weniger als 40% pflegen Unternehmensbeschreibungen ein, obwohl diese dem User relevante Informationen zum Standort liefern und so die Wahrscheinlichkeit erhöhen, bei lokalen Suchen angezeigt und gefunden zu werden.
Spannende Insights liefert die ORI Diskrepanzanalyse, also der Vergleich der Kundenwünsche mit den realen Services: Dass 84% der Konsumenten sich eine uneingeschränkte Gratis- Zustellung wünschen, dies jedoch nur 9% anbieten, überrascht nicht, ist aber auch eine wirtschaftliche Herausforderung für viele Händler. Zahlreiche weitere Potenziale sind hingegen leichter zu heben:
- 81% der Konsumenten wünschen sich die Filterbarkeit der Suchergebnisse nach Filialverfügbarkeit – dies wird nur von 13% der Händler im Set angeboten.
- 82% wünschen sich, den genauen Tag der Lieferung zu kennen – dies schaffen nur 18% der Händler.
- 58% der Kunden würde gerne online einen Rückruf anfordern – 7% bieten dies an.
- NEU untersucht in ORI 2020 und gleich weit oben auf der Wunschliste: 61% würden gerne eine Frage zu einem Produkt stellen können – diese Funktion findet sich bei lediglich 11% der untersuchten Shops.
In puncto Payment ist der Konsument gerne flexibel, die wichtigsten Optionen sind Kauf auf Rechnung (bei 73% der Händler möglich) sowie Online-Banking (bei 80% der Händler möglich) – beide Optionen wünschen sich 67% der Konsumenten. Im Trend mit einem Plus von 5 Prozentpunkten liegt das Bezahlen im Geschäft bzw. bei Lieferung.
Flexibilität ist auch bei den Lieferoptionen gefragt. Je gratis desto besser, aber vor allem viel Auswahl bitte: Zwei Drittel der Käufer wünschen sich, zwischen verschiedenen Liefergeschwindigkeiten wählen zu können, etwa Standard und Express. Eine optionale Same-Day-Zustellung finden 40% wertvoll – dies bieten 18% der Händler an.
An den Besten kann man sich orientieren
Gleich zwei Gesamtsieger hat der ORI 2020 hervorgebracht: Die Baumarktbranche sichert sich die ersten Plätze. Hornbach, Letztjahreszweiter, hat den ersten Rang erklommen. Ex aequo an der Spitze ist der Mitbewerber Obi, der mit einem Plus von 5 Prozentpunkten einen unglaublichen Sprint hingelegt hat. Gratulation auch Peek & Cloppenburg sowie Gigasport, die ebenfalls auf dem Siegertreppchen stehen.
Die Studien und Benchmarks, sowie die besten Shops werden den Handelsverband Mitgliedern kostenfrei zugestellt. Für KMU Händler ist die Mitgliedschaft im Rahmen von www.kmu-retail.at kostenfrei.
Download der Studienergebnisse
Das Überblicksposter, den Berichtsband der Studie sowie OPEN ORI können auf https://www.handelsverband.at/ori2020 kostenfrei heruntergeladen werden.
Methodik:
Für die Studie „Der Handelsverband Omnichannel Readiness Index“ wurden im Februar / März 2020 ausgewählte Omnichannel-Händler anhand von rund 100 Kriterien mittels Desk Research analysiert. Zeitgleich wurden weitere Kriterien per Händlerbefragung (Computer Assisted Web Interviews) erhoben. Es nahmen 23 der 45 Händler an der Händlerbefragung teil.
Um zu bestimmen, wie wichtig die erhobenen Kriterien tatsächlich auch für die Kunden sind, wurden zusätzlich über 1.000 Österreicherinnen und Österreicher, die zumindest alle 6 Monate im Internet bestellen, repräsentativ befragt. Dabei wurde befragt, wie wichtig ihnen die unterschiedlichen Möglichkeiten und Features auf den Webseiten der Händler sowie in den Filialen sind. Die Einschätzungen der Konsumenten sind in den Index eingeflossen. Der Kriterienkatalog geht von einem idealen Omnichannel Angebot aus, das nach heutigen Standards umsetzbar wäre. 100% ist der maximal erreichbare Wert für einen Händler.
Die Kriterien aus dem Desk Research fließen in je eine der sieben verschiedenen Kategorien ein („Mobile Friendliness“, „Transparenz & Vertrauen“, „Personalisierung, Loyalty & Sharing“, „Flexible Kontaktmöglichkeiten“, „Payment, Fulfillment & Returns“, „Wegweiser in die Filiale“ sowie „Channel Integration“). Die Kriterien wurden 2020 im Vergleich zu 2018 und 2019 um zusätzliche Omnichannel-Kriterien ergänzt. Zusätzlich wurde in diesem Jahr die Auffindbarkeit sowie die Richtigkeit der Daten der Filial-Standorte auf Google und Google Maps detailliert analysiert. Außerdem haben sich die Gewichtungen der einzelnen Kriterien aufgrund veränderter Konsumentenerwartungen geändert.
Der Omnichannel Readiness Index ist der Mittelwert dieser sieben Kategorien. Die im Rahmen der Händlerbefragung erhobenen Kriterien wurden in einer weiteren Kategorie zusammengefasst („Services in der Filiale“), jedoch für den Ominchannel Readiness Index aus Gründen der Vergleichbarkeit nicht gewertet, da nicht alle Händler an der Umfrage teilgenommen haben.
Zusätzlich werden die Ergebnisse des Desk Research und der Händlerbefragung über alle Händler hinweg ausgewertet, um beispielsweise Kennzahlen zu Organisation und Strategie der Unternehmen sowie Potenziale aufzudecken. Dies sind bestimmte von Kunden häufig erwünschte Kriterien, die jedoch von Unternehmen noch auf niedrigem Niveau angeboten werden. Dadurch zeigt die Studie viele Potenziale für die österreichischen Händler auf.