Nonino: Vom Bauernschnaps zum Edelbrand
Bericht: Clemens Kriegelstein
Norditalienische (Wein-)Bauern verwendeten ihn, um sich an kühlen Tagen innerlich aufzuwärmen, der Geschmack war vor allem scharf und am Digestifwagen guter Restaurants suchte man ihn vergeblich: den Grappa, das Destillat aus den Pressrückständen bei der Weinproduktion. Kein Wunder: Das Ausgangsprodukt war in der Regel eine Art „gemischter Satz“, gebrannt wurde oft im Hinterhof (nicht immer ganz legal) und die Lagerung des Endproduktes fand oft genug im Plastikkanister statt – so ähnlich wie anno dazumal der Obstler bei uns. Doch Anfang der 1970er-Jahre beschloss der aus einer alten Brennerfamilie aus der Nähe von Udine (Friaul) stammende Benito Nonino, der Welt zu zeigen, dass Grappa mehr sein kann als ein Bauernschnaps.
1973 präsentierte er gemeinsam mit seiner Frau Giannola das Ergebnis dieser Bemühungen: den „Monovitigno Nonino“. „Monovitigno“ bedeutet „reinsortig“ auf Italienisch und neben dem Bemühen um sorgfältige handwerkliche Brennkunst war die Idee, Grappa erstmals reinsortig und mit qualitativ hochwertigem Ausgangsmaterial zu brennen, der Durchbruch. Auch heute noch, nach über 50 Jahren, ist dieser Tresterbrand aus der Picolit-Traube im Angebot von Nonino.
Das Ende der Resteverwertung
Um die gewünschte Qualität zu erzielen, verwendet Nonino für die Herstellung nur frischen, mostreichen Trester der führenden Winzer aus dem Friaul, der unmittelbar nach dem Abstich des Mostes in die Distilleria Nonino gebracht und sofort verarbeitet wird. Durch diese rasche Weiterverarbeitung nach der Fermentierung ist keine Konservierung in Silos notwendig. „Außerdem verwenden wir – im Gegensatz zu anderen Grappa-Produzenten – weder Zuckercouleur noch sonstige zusätzliche Aromen“, erklärt Antonella Nonino stolz. Sie ist eine der Töchter von Grappa-Visionär Benito Nonino, der im Juli dieses Jahres im Alter von 90 Jahren verstorben ist. Gemeinsam mit ihren Schwestern Cristina und Elisabetta sorgt sie seit 2019 dafür, dass das Erbe Ihres Vaters, das Ende der Resteverwertung und stattdessen das Setzen auf kompromisslose Qualität und eine immer breitere Produktpalette, weitergeführt wird.
Denn neben der Picolit- Traube wird inzwischen so ziemlich jede regionale Weintraube für die Grappa-Produktion verwendet, von der Muskateller-, über die Prosecco-, bis hin zur Merlottraube. Klare Sorten aus dem Stahltank sind ebenso dabei wie gereifte Produkte aus unterschiedlichen Holzfässern. Heute liegen etwa in den sieben Grappa-Reifekellern 2620 Barriques und kleine Fässer aus verschiedenen Hölzern, darunter Eiche aus Nevers, Limousin und Grésigne oder auch ehemalige Sherry-Fässer.
Breite Produktpalette
Aber auch abseits des Grappas wurde bei Nonino das Angebot in den vergangenen Jahrzehnten deutlich ausgeweitet. 1984 etwa wurde der Traubenbrand „ÙE“ vorgestellt („Uva“, bzw. „uve“ in der Pluralform ist im Italienischen die Weintraube und „ùe“ der friulanische Dialekt davon.), der heute in unterschiedlichen Varianten produziert wird. Dabei wird im Gegensatz zum Grappa nicht nur die Schale, sondern zusätzlich auch das Fruchtfleisch und der Saft der Trauben auf einmal zusammen destilliert. Das 30-jährige Jubiläum des Traubenbrands ÙE feiert Nonino mit der Cuvée „Riserva Nonino 30 Jahre Traubenbrand ÙE“ aus der authochtonen weißen Monovitigno Ribolla Traube und der roten Monovitigno Fragolino Traube. Die Cuvée reift vier Jahre in Barriques aus Nevers Eiche. Von weltweit 347 einzeln nummerierten 6,3-Liter-Imperial-Flaschen werden ab Ende Oktober 30 Flaschen in Österreich erhältlich sein. Das mundgeblasene Glas der Flasche ist mit 24 Karat Gold, Silber und Glitter bedruckt, auch der Verschluss ist mit 24-karätigem Gold überzogen.
Abgerundet wird das Angebot durch andere reinsortige Brände wie Ingwer oder Williams und ebenso mehrere Amaros, also Kräuterliköre oder -aperitifs.