NielsenIQ: Erfolg auf den zweiten Blick
Dass wohl alle Lebensmittelhändler durch die Teuerung umsatztechnisch zugelegt hatten, ist keine Neuheit. Lebensmittelhandel und Drogeriefachhandel erlebten 2023 inflationsbedingt ein starkes Wachstum, auch wenn sich die Inflation gegen Ende des Jahres 2023 abflachte. „9,2% Umsatzwachstum hat es im Lebensmittel- und Drogeriehandel 2023 gegeben“, so Sigrid Göttlich, NielsenIQ Geschäftsführerin in Österreich und der Schweiz. Dabei kamen die Mengen unter Druck, also der Großteil der verpackten Produkte – FMCG litten unter der Teuerung. Mit einer hohen Inflation und einer geringer werdenden Menge entfaltet sich am Markt ein totaler Verdrängungswettbewerb. „Frische ist mehrheitlich davon ausgenommen“, so die Expertin. Und nach wie vor geht ½ des Umsatzes im LEH über die Frische.
Eigentlich sollten bei sinkender Inflation und höheren Lohnabschlüssen die Kaufkräfte der Österreicher besser werden, aber immer noch ist ihre größte Sorge: kann ich mir das tägliche Leben leisten? „Die Sorge um Nachhaltigkeit und Klimawandel rutscht auf Platz 3“, so Göttlich. Eine spannende Zeit liegt also vor uns, wenn es um die Erholung der Mengenabsätze geht.
Der zweite Blick ist wichtig
NielsenIQ misst mit zweierlei Messlatten: einmal mit dem Umsatzbarometer (Melderunde auf Monatsbases) und außerdem mit dem Handelspanel (alle Kernsortimente der Händler außer Lidl – hier wird geschätzt auf Wochenbasis). Und nun zum Spannenden: im ersten Moment scheint es so, dass die Diskonter 2023 im Vergleich zu den Vollsortimentern das Nachsehen hatten. „Es stimmt insoferne, wenn man das Non Food II Geschäft mitrechnet, das ja extrem unter Druck ist. Dieser Blickwinkel überlagert das gesamte FMCG-Geschäft“, so Göttlich.
Ohne dem sieht die Bilanz ganz anders aus, denn bezieht man sich auf die Kernsortimente Food – Frische und Nearfood, so haben die Konsumenten vermehrt beim Diskonter eingekauft.
Was die Vollsortimenter betrifft, gab es eine schlechte Nachricht für Markenhersteller: es gab einen Shift zu Eigenmarken in der Preiseinstiegslage. Premium kam überall unter Druck. „Für 2024 erwarten wir uns querbeet eine Besserung, wenn es um Mengen und Preise geht“, so Göttlich.
Druck mit Promotions
2023 hat es einen deutlich höheren Promotion-Druck gegeben als die Jahre zuvor. Der Aktionsdruck erreichte einen Höhepunkt, das wird 2024 in ähnlichem Maße weitergehen. „Wir sahen einen historischen Aktionsanteil Wert von 31,7% im Durchschnitt“, meint Göttlich. Bei den Verbrauchermärkten liegt der Promo-Druck bei etwa 40%, im Supermarkt bei 35,5%, der Drogeriefachhandel zeigt aufgrund seiner vielfältigen „every day low price“-Strategie einen geringeren Promotionanteil. „Man kann auch sagen, dass bei Food die Promotions bei 36,3% liegen und bei Near Food bei 25,4%“, so Göttlich.
Die Trends
Wenn es um Trends im LEH und DFH geht, gibt es keine großen Neuigkeiten: „Vegan“ hat flächendeckend hohe Wachstumsraten. Die Gründe sind divers: Gesundheitsaspekte spielen eine ähnliche Rolle wie die Suche nach Alternativen zu Milch und Fleisch. „Es gab auch viele Sortimentserweiterungen, was natürlich dem Segment verhilft zu wachsen“, erklärt die NielsenIQ Chefin.
Bio hat ein wenig an Dynamik verloren, wuchs dennoch 5,2% im Umsatz, obwohl der Preisanstieg bei Bio nicht so hoch ausgefallen ist. Bio hat einen Bedeutung von 7,8% bei Food, über 11% bei Food+Frische.
Nachhaltige Themen sind nach wie vor wichtig: dabei geht es um Verpackungen – Karton ist zum Beispiel echt im Trend – aber auch um Anwendungen . „Der Konsument schaut viel mehr als früher, ob ein Produkt nachhaltig ist“, meint Göttlich.
Spannend wird die Entwicklung bei Mehrweg und dem Einwegpfand. Denn hier stellt sich die Frage: wie viel an Umsatz und Frequenz holt sich der Diskont durch die neue Rücknahme-Möglichkeiten vom Vollsortiment wieder zurück? Man merkt schon, dass etwa Limonaden in Mehrweg deutlich gestiegen sind. „Allerdings liegt der Löwenanteil nach wie vor bei Nicht-Pfand-Waren“, so Sigrid Göttlich abschließend.
Erklärende Charts im Anhang