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Sigrid Goettlich, Managing Director Austria | Switzerland NielsenIQ

NielsenIQ: Die Mengen sind zurück

Das Stimmungsbild des NIQ-GfK European Climate zeigt eine leichte Erholung der Kaufbereitschaft in Österreich 2024. Ein Gespräch mit Sigrid Göttlich, Managing Director AT+CH von NielsenIQ.

In den letzten drei Jahren war es die Inflation, die der Wirtschaft Sorgenfalten bereitete. 2024 war das nicht anders, aber die Sorgenfalten gingen nicht mehr ganz so tief. Die Jahresinflation 2024 lag laut Statistik Austria bei 2,9%. Im Gegenzug dazu stieg der Umsatz im Lebensmitteleinzelhandel an (im Vergleich zu 2023): die Vollsortimenter erreichten ein Plus von 3,9%, der Lebensmitteleinzelhandel inklusive Hofer und Lidl sogar ein Plus von 4,6%.

Fazit: die Diskonter waren 2024 etwas besser unterwegs als der klassische Lebensmittelhandel

Spannend ist vor allem zu sehen, dass die beiden Diskonter Hofer und Lidl zusammengenommen in allen Kernsortimenten eine stärkere Performance als der klassische LEH geliefert haben. „Aber auch der Drogeriefachhandel mit dm drogeriemarkt, BIPA und Müller hat sich im Kernsortiment Nearfood sowie bei Getränken und auch bei Food Haltbar ausgezeichnet entwickelt“, so Sigrid Göttlich, Managing Director Österreich und Schweiz bei NielsenIQ. „Insgesamt kann man sagen, dass die Kategorien AF-Getränke, Convenience und Süßwaren den Umsatz im Lebensmittelhandel antreiben“, so Göttlich. Nur Babynahrung hat als einzige Food Kategorie 2024 verloren, was mit großer Sicherheit mit der sinkenden Geburtenrate zusammenhängt. Bei Near Food wuchsen vor allem Körperpflege, Haarkosmetik und Wäsche-/Textilpflege.

Fazit: Fokus auf das Kerngeschäft im Lebensmittelhandel hat den Diskontern erneutes Wachstum beschert. Das Ergebnis ist klar ersichtlich.

Das Thema, das alle Hersteller aufs Neue brennend interessiert ist, wie sich die Eigenmarken des Handels im Gegensatz zu den Markenartikeln der Industrie entwickeln. Dabei gibt es einige sehr interessante Fakten: an sich wachsen die Eigenmarken nur mehr überdurchschnittlich bei den Warengruppen Food Haltbar, Getränke und Mopro. Innerhalb des Segmentes Near Foods wachsen die Industriemarken stärker.

Aber: während ein Eigenmarken-Anstieg beim Diskont eigentlich in der Natur der Sache liegen würde, stehen sie dabei nicht am Stockerl. Es ist der DFH, der am stärksten bei Eigenmarken zulegt. Eigenmarken legen in ¾ der Warengruppen im Umsatz zu, nach Menge sind es 2/3. Die Industriemarken wachsen mengenmäßig nur in 44% der Warengruppen.
Was die Preissituation betrifft, haben auch die Eigenmarken in Zeiten der Inflation zugelegt (+0,3%).

Fazit: DFH und auch Vollsortimenter haben die Liebe zu Eigenmarken in den letzten Jahren entdeckt und auch 2024 weiter stark investiert.

Das immer wiederkehrende Thema Promotions erhitzt so manche Gemüter. Die Branche rechnet immer wieder nach, wer unterm Strich die Kosten für die Vielzahl der Aktionen trägt. Fakt ist: ohne Promotions keine Kundschaft im Lebensmittelhandel. In 9 von 11 Food-Kategorien steigt der Promotionsanteil (LH+DFH inkl. H/L, MAT KW 52 2024). Nur die Kategorien Grundnahrung und Mopro zeigen eine sinkende Bedeutung der Promotions. Bei Near Food stiegen ebenfalls 8 von 11 Kategorien beim Promotionanteil. Die Ausnahmen sind Baby, Körper- und Mundpflege.

Fazit: Promotions sind gekommen, um zu bleiben.

Trends im LEH und DFH: das NielsenIQ-Handelspanel liefert die Fakten, wenn es um viel zitierte Trends geht. Fix ist Milch- und Fleisch-Alternativen verzeichnen deutliche Umsatz- und Absatzzuwächse über die letzten Jahre hinweg. Ein Plus von 156% beim Absatz in Packungen von 2020 zu 2024 ist beachtlich, wenn auch das Anfangsniveau bescheiden war. Etwa 10% des Absatzes in Liter bei Milch Total (Milch und Alternativen) wurden 2024 von Milchalternativen gemacht. Auch die Fleisch-Alternativen bewegen sich aufwärts.

Functional Food ist weiterhin ein großes Wachstumssegment, das in den vergangenen drei Jahren laufend angestiegen ist. Das größte Plus verzeichnen Getränke aus der Sport- und isotonischen Welt. Und nicht zu vergessen ist die große Anzahl an Protein-Produkten in allen Segmenten, vor allem aber im Mopro-Bereich. Diese sind im Laufe der letzten drei Jahre um 89% (16 Mio. Euro) gestiegen. „Innovationen im Bereich Functional Food haben in den letzten Jahren eine starke Dynamik bekommen“, so Sigrid Göttlich. „Bei Getränken sind es Produkte von Influencern oder Trends aus TikTok, die zu enormen Absatzraten führen können. Gut zu sehen ist das auch bei Snacks“, so Göttlich.
Neben Functional Food ist selbstverständlich auch Convenience ein stark wachsendes Sortiment, obwohl die Konsumenten hier gespalten sind. „Auf der einen Seite will man ‚gesunde‘ conveniente Produkte, aber auf der anderen Seite erleben Snacks, fertige Tacos, fertige Sushis und Makis gewaltige Mengenzuwächse“, sagt Sigrid Göttlich.
Weitere Produkte, die in den letzten Monaten eine starke Entwicklung erlebt haben, sind: Körperpflege-Produkte aus dem Wellness- und Beauty-Bereich, Hand- und Fußmasken, Produkte aus Pistazien (Stichwort „Dubaischokolade“), Heißluftfritösen, Wassersprudler, Kaffeemaschinen und Saug-Wisch-Roboter.

Fazit: Innovationen sind kurzlebiger. Sie können regelrechte Hypes erzeugen. Und: sie sollten convenient sein. Und: Asia ist gekommen, um zu bleiben.

Der Handel an sich ist ebenfalls im Umbruch: Die Geschäftsflächen werden größer, soferne das möglich ist. Auf größere Fläche ist die Rentabilität besser. „Wir sind und bleiben aber ein Supermarkt-Land“, so Göttlich.

Fazit: Das Wachstum kommt gefühlt aus den größeren Flächen.

Nicht zuletzt hat NielsenIQ auch den eCommerce-Bereich untersucht, denn dieser wird immer wichtiger. „Mit dem eShopper-Panel haben wir einen guten Überblick über eCommerce FMCG. Dort lag das Umsatzwachstum bei 12,1%, während der stationäre Handel um 4,4% (LH + DFH inkl. H/L, FMCG total) gewachsen ist“.
Die Mengen sind also zurück (+1,7%). Es gab kein Quartal in 2024, in dem die Mengen rückläufig waren.

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geschrieben am

19.03.2025